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@grar.de Aktuell - 04.03.2003

PAN: Gentechnologie hält nicht, was die Forscher versprechen


Bonn/Penang (agrar.de) - In den vergangenen Wochen hat das Bonner Zentrum für
Entwicklungsforschung (ZEF) zwei Presseerklärungen herausgegeben, in
denen von Forschungsergebnissen zu angeblichen Erfolgen der Gentechnologie in den
Bereichen Baumwolle und Reis berichtet wurde. Erweckt wird
hierbei der Eindruck, dass die Gentechnologie Lösungen für die Probleme der
Kleinbauern und marginalisierten Bevölkerungsgruppen in den Ländern des Südens
bietet - ein wichtiges Argument in der Öffentlichkeitsarbeit der
Gentechnik-Protagonisten, so Karsten Wolff vom Pesticide Action Network Asia
and the Pacific
.

Beide Studien sind allerdings in der Folgezeit massiv unter Druck geraten - nicht
nur von zivilgesellschaftlicher, sondern auch von wissenschaftlicher Seite.

Ertragssteigerung durch Gentech-Baumwolle in Indien?

In einem im Wissenschaftsmagazin 'SCIENCE' am 7. Februar veröffentlichten Artikel
behaupten Martin Qaim und David Zilbermann, insektenresistente Baumwolle würde in
Indien zu bis zu 80 Prozent höheren Erträgen führen. Die insektenresistente
Baumwolle (Bt Cotton, benannt nach dem Bakterium Bacillus thuringiensis, dessen
Gen in die Pflanze eingebaut wird, um ein entsprechende Insekizid zu produzieren)
ist eine der am weitesten fortgeschritten Anwendungen in der Grünen
Gentechnologie.

Dass die Untersuchung auf Daten der Firma Mahyco-Monsanto basiert
(Monsanto ist bekannt als der größte agrochmechische Transnationale Konzern, der
massiv im Bereich Gentechnologie investiert) lässt erste Zweifel an ihrer
wissenschaftlichen Unabhängigkeit aufkommen. Hinzu kommt, dass diese Daten der
Firma nicht öffentlich sind und somit die Studie des ZEF in keinster Weise
wissenschaftlich nachprüfbar ist. Mittlerweile wurden den Forschern massive
handwerkliche Mängel nachgewiesen: So wird nicht nur eine auf Versuchsfelder
nachgewiesene Ertragssteigerung einer einzelnen Ursache zugewiesen (dem Einbau des
Bt-Gens), sondern diese Ertragssteigerung wird gleichzeitig auf das ganze Land
hochgerechnet und auf andere Produkte übertragen. Peinlich genug, dass selbst ein
Vertreter der Firma Syngenta (mit Sicherheit der Gentechnik-Feindlichkeit absolut
unverdächtig!) zu der Aussage kommt, dass 'diese Art von minderwertigen
Publikationen, die auf dürftigen and fraglichen Felddaten beruhen und in
angesehenen Magazinen wie 'SCIENCE' veröffentlicht werden, der Entwicklung von
Wissenschaft und Technik schaden und zu einem Rückgang der Gentechnologie führen
können.'

Verbesserung der Gesundheitsversogung durch Gentech-Reis?

Ähnliches gilt für die zweite vom ZEF lancierte Erfolgsgeschichte der Gentechnik,
auch wenn diese in der internationalen Öffentlichkeit zu nicht ganz so massiven
Diskussionen geführt hat. Hier wird das Thema 'Goldener Reis' (eine gentechnische
Anreicherung mit Pro-Vitamin A) erneut in die Öffentlichkeit getragen. Seit Ende
der 90er Jahre ist Goldener Reis das PR-Argument der Gentech-Befürworter: Da
Vitamin A-Mangel zu Erblindung führen kann (und der Besitzer der weltweiten
Patente, Syngenta, auf Lizengebühren bei der Nutzung von Kleinbauern verzichten
will), wird es seit Jahren als das Beispiel für die 'Gute Gentechnologie'
verkauft. Jetzt haben Forscher des ZEF in einer Studie dargelegt, dass durch die
Einführung von 'Goldenem Reis' in den Philippinen jährlich 9.000 Neuerblindungen
und 950 Todesfälle vermieden werden könnten, dies entspreche einer Einsparung an
Gesundheitskosten in Höhe von 137 Mio. US $.

Der tägliche Vitamin A-Bedarf lässt sich allerdings auch durch den Verzehr von 50
Gramm Cassava-Blättern, 73 Gramm grünen Blattgemüses oder 78 Gramm Blättern von
Süßkartoffeln decken. Laut Berechnungen von Greenpeace muss hingegen eine
erwachsene Frau neun Kilogramm gekochten Golden Reis pro Tag verzehren, um ihren
Vitamin A-Bedarf zu decken! Allein diese Zahl zeigt, worum es bei den
Erfolgsmeldungen dieser Reisforschung geht, nämlich um Propaganda, die weder einer
wissenschaftlichen Überprüfung standhält noch den Lebensbedingungen der
Kleinbauern in den Ländern des Südens gerecht wird.

Forscher zwischen Wunschdenken und Propaganda

Was also steckt hinter diesen pseudo-wissenschaftlichen Veröffentlichungen, mit
denen angebliche Erfolge der Gentechnologie in der Öffentlichkeit verbreitet
werden? Mit Sicherheit führen sie zu einer Beeinflussung der öffentlichen Meinung
(wie die Übernahme der Meldungen in (nicht nur deutschen) Tageszeitungen beweist.
Wenn schon die Verbraucher den Nutzen der Gentechnologie für sich selbst nicht
anerkennen wollen (trotz gewaltiger PR-Bemühungen der Transnationalen Konzerne),
dann hilft doch vielleicht das Argument, dass Gentechnologie ein 'Segen für die
armen Menschen des Südens' ist? Dass das Zentrum für Entwicklungsforschung sich in
den Dienst dieser Propaganda stellt, lässt massive Zweifel an dessen
wissenschaftlicher Reputation aufkommen und könnte sich als schwerwiegendes
Eigentor erweisen.

Links zum Thema Biotechnologie.

 


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