Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 07.02.2003

Gen-Baumwolle bringt erheblich höhere Erträge


Bonn (agrar.de) - Gentechnisch veränderte und dadurch Schädlings-resistente
Baumwolle kann gegenüber herkömmlichen Sorten um bis zu 80 Prozent höhere
Ernteerträge liefern. Das haben Wissenschaftler der Universität Bonn und
der University of California in Berkeley bei Feldstudien in Indien beobachtet.
Ihre Schlussfolgerung: Gerade Kleinbauern in den Tropen und Subtropen können von
Gen-Pflanzen deutlich profitieren. Diese Ergebnisse sind überraschend, weil man
bei ähnlichen Untersuchungen in gemäßigten Klimazonen wie etwa den USA und China
bislang – wenn überhaupt – nur sehr geringe Ertragssteigerungen feststellen
konnte. Die Forscher veröffentlichen ihre Ergebnisse in der kommenden Ausgabe des
renommierten Wissenschaftsmagazins Science (Vol. 299 Nr. 5608), die am 7. Februar
erscheinen wird.

Der Feind ist klein, aber gefräßig: Der Baumwollkapselwurm vernichtet Jahr für
Jahr einen großen Teil der Welternte; bis zu 20 mal im Jahr spritzen die Landwirte
Insektizide, um dem bedeutendsten Baumwollschädling Herr zu werden. 1997 brachte
daher der Agrokonzern Monsanto eine Sorte auf den Markt, die gegen den Schmarotzer
weitgehend resistent ist: Monsanto-Forscher hatten ein Bakterien-Gen in die
Pflanze eingeschleust, das den Bauplan für ein hochspezifisches Insektengift
enthält. Die so genannte Bt-Baumwolle (Bt steht für den 'Genspender' Bacillus
thuringiensis) produziert ihr Insektizid gewissermaßen selbst.

Auf mehr als einem Drittel der gesamten chinesischen Baumwoll-Anbaufläche steht
inzwischen die gentechnisch veränderte Sorte; der Pestizideinsatz hat sich auf
diesen Feldern um gut 70 Prozent verringert. Vergiftungen durch
Insekten-vernichtungsmittel, früher an der Tagesordnung, haben stark abgenommen.
Der Ertrag stieg aber nur um maximal 10 Prozent; bei gentechnisch veränderten
Sojabohnen beobachteten Wissenschaftler mitunter sogar geringe Ernteausfälle.
Allerdings ist der 'Schädlingsdruck' in den USA, China oder Argentinien, wo die
Studien bislang durchgeführt wurden, auch deutlich geringer als beispielsweise in
den Tropen und Subtropen: Während in den USA Insekten jährlich etwa 12 Prozent der
Baumwollernte vernichten, betragen die Verluste in Indien 50 bis 60 Prozent. Dr.
Matin Qaim vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn hat
daher zusammen mit Kollegen aus Berkeley den Erfolg von Bt-Baumwolle in Indien
untersucht.

Im Jahr 2001 wurde ein umfassender Feldversuch gestartet, an dem 395 Farmen aus
sieben indischen Provinzen teilnahmen. Die Landwirte sollten auf drei benachbarten
Flächen Bt-Baumwolle, dieselbe Sorte ohne Resistenzgen sowie eine in Indien
besonders populäre Baumwollsorte anbauen. Der Insektizid-Einsatz bei Bt-Baumwolle
war um durchschnittlich 70 Prozent niedriger als bei den beiden anderen Sorten;
der Ertrag dagegen lag um mehr als 80 Prozent höher. 'Trotz der höheren Kosten für
das Saatgut konnten die Bauern ihre Einkünfte bei der gentechnisch veränderten
Sorte verfünffachen. Allerdings beobachteten wir 2001 auch eine besonders große
Kapselwurm-Plage', relativiert Dr. Qaim. 'In Voruntersuchungen mit weniger
Landwirten wurde zwischen 1998 und 2001 im Durchschnitt ein Plus von 60 Prozent
festgestellt.'

Die Ergebnisse mit Bt-Baumwolle sind grundsätzlich auch auf Nahrungsmittelpflanzen
übertragbar. Gerade Regionen in den Tropen und Subtropen mit hohem Schädlingsdruck
könnten von resistenten Gentech-Sorten profitieren, resümieren die
Wissenschaftler. 'Die größten Ertragsvorteile erwarten wir für Süd- und
Südostasien sowie Mittel- und Südafrika, also gerade für die Gegenden mit dem
höchsten Bevölkerungswachstum, die auf Erntezuwächse besonders angewiesen sind.'
Der ZEF-Forscher plädiert dennoch dafür, mögliche Risiken der 'grünen
Gentechnologie' ernst zu nehmen. 'In allen bisherigen Studien hat sich
Bt-Baumwolle als unbedenklich für Mensch und Umwelt erwiesen; das sollten wir aber
für jede neue Anwendung individuell testen.' Er fordert, die Erzeugung
gentechnisch veränderten Saatguts nicht allein den Großkonzernen zu überlassen, da
so die Abhängigkeit der Entwicklungsländer von den Industrienationen weiter
wachse. Dieses Problem sei aber nicht der Gentechnologie anzulasten: 'Es liegt an
uns, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass diese vielversprechende Technologie
auch die Armen zu erschwinglichen Preisen erreicht.'

Links zum Thema Biotechnologie.

 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de