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@grar.de Aktuell - 01.06.2007

Milch: Weißer Fitmacher zu Dumpingpreisen

Kritik an Dumping-Politik im Milchbereich


Berlin/Hamm (agrar.de) - Oxfam Deutschland und die Arbeitsgemeinschaft
bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisieren anlässlich des heutigen
internationalen Tages der Milch die europäische Dumping-Politik im Milchbereich.
Diese Politik gefährde die bäuerliche Milchwirtschaft in ihrer Existenz, sowohl
in den armen Ländern wie auch in Europa selbst, so die Verbände.

Gemäß den neuesten Berechnungen von Oxfam Deutschland (auf Basis der
vollständigen Zahlen für 2005) liegen die Exportpreise in Deutschland im
Durchschnitt 41 Prozent und in der Europäischen Union 31 Prozent unter den
Produktionskosten. 'Dumping findet nach wie vor im großen Stil statt', empört
sich Marita Wiggerthale, Agrarreferentin bei Oxfam Deutschland e.V. Ein Großteil
sei nach wie vor auf die EU-Exportsubventionen in Höhe von 1,43 Mrd. Euro
zurückzuführen, die auf das Konto großer Milchkonzerne gingen. 'Während Nestlé &
Co. dick bei den Subventionen absahnen, bleiben Milchbauern in armen Ländern auf
ihrer Milch sitzen. Das Landwirtschaftsministerium ignoriert die
Existenzprobleme armer Milchbauern im Süden und bedient mit seiner
Klientelpolitik die Profitinteressen der exportorientierten Milchindustrie',
kritisiert sie weiter.

Milchdumping sei jedoch auch ein Problem für die bäuerliche Landwirtschaft in
Deutschland. Der Erzeugerpreis der Molkereien für die Milchbauern lag im Jahr
2006 in Deutschland bei 27,35 Cent je Liter Milch, die Erzeugung koste die
Milchviehbetriebe aber 40 Cent je Liter. Immer mehr bäuerliche Betriebe würden
deswegen gezwungen, ihre Produktion aufzugeben. 'Für die Milchbauern in der EU
wäre es wichtig, die in der EU produzierte Milchmenge zu reduzieren, dafür aber
einen fairen Preis für die Milch zu erhalten. So könnte auch eine sozial- und
umweltgerechte Milcherzeugung wirtschaftlich tragbar sein', erklärt Bernd Voß,
aktiver Milchbauer und Mitglied des AbL-Bundesvorstands.

Mit Blick auf die anstehende Entscheidung über die Zukunft der Milchquote setzen
sich Oxfam Deutschland und die AbL für die Beibehaltung einer Mengenregulierung
und eine Kürzung der Milchquoten ein. Nur so könne dem Milchdumping ein Ende
gesetzt werden. Bernd Voß ergänzte für die AbL: 'Die Beibehaltung der Quote ist
im Interesse der Milchviehbetriebe. Denn würde die Quote entfallen und die Menge
freigegeben, würden alle Bemühungen der Milchbauern, von den Molkereien einen
kostendeckenden Milchpreis zu erhalten, zunichte gemacht werden. Und für die
Steuerzahler ist die Quote das wirtschaftlichste Instrument, um den Milchmarkt
zu regulieren.'

Zahlen und Fakten zur Milch:
- In Deutschland wurden 114,2 Mio. Euro (2005) bzw. 75 Mio. Euro (2006) an
Exportsubventionen für Milchprodukte ausgegeben.
- Die Top 5 der Empfänger erhielten 58 Prozent der Exportsubventionen für
Milchprodukte in 2006. Der Top-Empfänger erhielt allein 21,3 Mio. Euro.
- In Deutschland gibt es noch rund 100.000 Milchviehbetriebe. Studien
prognostizieren, dass die Hälfte der Betriebe in den nächsten Jahren aufgeben
wird, wenn die Erzeugerpreise nicht schnell wieder auf ein kostendeckendes
Niveau steigen.

Upländer Bauernmolkerei zahlt 40 Cent pro Liter Bio-Milch

Die Upländer Bauernmolkerei im sauerländischen Usseln hat angekündigt, ab dem 1.
Juli 2007 40 Cent pro Liter Milch an ihre Mitglieder auszuzahöen. 'Damit sind
wir die erste Molkerei in Deutschland mit diesem Auszahlungspreis an die
Landwirte' erklärte Josef Jacobi, Vorsitzender des Unternehmens anlässlich des
Tages der Milch. 'Wir wollen zeigen, dass es anders und besser geht. Mit fairen
Erzeugerpreisen leisten wir einen Beitrag zur besseren Qualität und zu einer
ausreichenden Bezahlung bäuerlicher Arbeit, aber auch zur Schaffung und
Erhaltung von Arbeitsplätzen in ländlichen Regionen', unterstrich Karin Artzt-
Steinbrink, Geschäftsführerin der Molkerei diesen Schritt.

Der Bund der Deutschen Milchviehhalter (BDM) hat – unterstützt von der
AbL – gegen die zu niedrigen Milchauszahlungspreise bundesweit Protestaktionen
organisiert, die klare Forderung '40 Cent für den Liter Milch' aufgestellt und
mit einem Lieferboykott gedroht.

Vor dem Hintergrund zunehmenden Drucks seitens der Bauern und einer steigenden
Nachfrage auf den internationalen Märkten haben Molkereien bei den laufenden
Verhandlungen mit dem Lebensmittelhandel höhere Preise ausgehandelt, allerdings
ohne sich festzulegen, ob und in welchem Umfang diese auch an die Bauern weiter
gereicht werden.

Links zum Thema Verbände,
Links zum Thema Lebensmittel.


 


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