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@grar.de Aktuell - 23.02.2007

DGS: Bauernverband verwirrt Energiewirte


München (agrar.de) - In der Financial Times Deutschland vom 22.2.2007 wurde
unter der Überschrift: 'Bioenergie verheizt Lebensmittel - Bauernverband
verlangt niedrigere Förderung für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen' der
Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Dr. Born mit den
Worten zitiert:

'Wenn Biomasse und Energie mehr bringen als die Lebensmittelproduktion, dann ist
das für die Landwirtschaft nicht gut. Deshalb sollten wir aus der dauerhaften
Subventionierung der Stromerzeugung aus Biomasse aussteigen.'

Da im Artikel ebenfalls die Rede von einer Forderung zur Umstellung des EEG auf
eine Anschubfinanzierung für Anlagen die Rede war, enthielt der Artikel nach
Ansicht der Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) eine Menge
Sprengstoff für die dem Bauernverband ebenfalls angeschlossenen Energiewirte,
zielt dies doch direkt auf deren Existenzgrundlage.

Noch auf der Grünen Woche 2007 im Januar 2007 hatte Bauernverbandspräsident
Sonnleitner die Parole 'Kornkraft statt Kernkraft' ausgegeben und damit den bei
Bioenergie oftmals zaudernden Bauernlobbyisten deutlich den Weg in Richtung
Zukunft gewiesen, um so verwunderlicher der Ausritt des Generalsekretärs in die
andere Richtung.

Zankapfel Pachtprämien

Für den wirtschaftlichen Betrieb in der Landwirtschaft ist der so genannte
Grenzpachtpreis entscheidend. Das ist der Preis zu dem sich eine
landwirtschaftliche Fläche anmieten lässt, um auf ihr für eine weitere Nutzung
Pflanzen anzubauen. Diese Pachtverträge laufen zumeist über 3-5 Jahre und werden
fast ausschließlich ortsnah unter lokalen Partnern abgeschlossen.

Biogasanlagen können derzeit Pachtpreise bis zu 1.000 Euro pro Hektar zahlen, um
auf der Fläche Silomais für die Nutzung in Biogasanlagen anzubauen. Diese
nachwachsenden Rohstoffe werden im EEG mit einem Zuschlag von 6 Cent behandelt
und besitzen damit eine maximale EEG Vergütung. Tiermastbetriebe können auf
Grund der niedrigen Fleischpreise jedoch nur Grenzpachtpreise zwischen 300
und400 Euro pro Hektar aufbringen und geraten so bei der Flächenvergabe ins
Hintertreffen.

Diese Entwicklung setzt sich derzeit wegen der 3-5 jährigen Vertragslaufzeiten
langsam in Gang und wird sich in den nächsten Jahren noch deutlich
beschleunigen. Dies birgt einerseits erhebliche Spannungen für den ländlichen
Raum, andererseits bleiben mit steigenden Pachtpreisen aber auch größere Anteile
an der landwirtschaftlichen Wertschöpfung in der Region.

Bioenergie + Ökolandbau drängen voran - wird die konventionelle Landwirtschaft
marginalisiert?

Derzeit steigt die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln und die deutschen Bauern
haben diesen Trend derart verschlafen, dass nur ein Import aus dem Ausland die
heutige Nachfrage stillen kann. Angesichts der Grünen Woche wurde dieses Manko
speziell dem Deutschen Bauernverband vorgehalten, der ja bekanntlich in der
Vergangenheit nicht zu den Förderern der Biobranche zählte. Nun ist eine
Ausweitung der Ökolandbaufläche von 830.000 auf 1.000.000 Hektar geplant.

Neben der ökologischen Erzeugung von Lebensmitteln drängt jedoch auch die
Bioenergiebranche auf ihren Anteil der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in
Deutschland. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass nachwachsende Rohstoffe für
Biogasanlagen auch auf den so genannten Stillegungsflächen angebaut werden
dürfen und somit nicht in direkter Konkurrenz zu den aktiven
landwirtschaftlichen Flächen stehen.

Der nervöse Vorstoß des Generalsekretärs ist in sofern bei der heutigen Lage
nicht nachvollziehbar. Deutschland ist derzeit noch weit davon entfernt alle
Stillegungsflächen für Bioenergie zu nutzen.

Wohlstand im Ländlichen Raum kann doch kein Problem für den Bauernverband sein
oder?

Bedenkt man den stellenweise verzweifelten Kampf des Bauernverbandes der letzten
Jahrzehnte mit Agrarsubventionen und Regionalbeihilfen dem ländlichen Raum
Deutschlands eine halbwegs tragfähige Perspektive zu verschaffen, mutet es doch
schon sehr eigenartig an, wenn nun Kritik an einem ein Gesetz (dem EEG)
aufflammt, das zwar gar nicht für den Zweck geschaffen wurde, aber mit einem
Nebeneffekt (steigende Pachten und Erzeugerpreise) für eine finanzielle
Besserstellung des ländlichen Raumes sorgt.

In der Europäischen Union werden knapp 75 Prozent des Haushaltes für den
Agrarbereich (Subventionen) und die Förderung des ländlichen Raumes
(Entwicklungszuschüsse) ausgegeben. Über 80 Mrd. Euro pro Jahr mit einem
stellenweise minimalen Nutzen. Nun ist die Chance Bioenergie ist da und die
gesamten Erzeugerpreise steigen, so dass Bauern endlich einen auskömmlichen
Deckungsbeitrag für Ihre Produkte erhalten. Hiermit sind die Bauern in der Lage
ein hochwertiges und begehrtes Endprodukt zu erstellen und so vom abhängigen
Rohstofflieferanten zum gut bezahlten Erzeuger zu werden.

Eine radikale Wende und Befreiung deren finanziellen Nutzen schon viele Bauern
erkannt haben und zu Energiewirten wurden. Andere Landwirte die Dr. Franz Alt
auf der Grünen Woche 2000 noch für seinen Spruch 'Landwirte werden die
Ölscheichs des 21sten Jahrhunderts sein' belächelt hatten zögern zwar noch immer
noch, trotzdem kann jeder immer noch auf den Zug der Zeit setzen.

Spekulanten verschlafen Bioboom

Fest steht auf jeden Falle: Durch das EEG Geld fließt endlich Geld in den
ländlichen Raum und verbleibt mit qualifizierten Arbeitsplätzen. Die Flächen
sind ebenfalls noch in weitestgehend in Bauernhand. Hier haben erstmals die
Landwirte gegenüber Immobilienfonds und Großinvestoren die Nase vorn. Diese
Spekulanten haben bisher den Bioboom verschlafen und sich noch nicht der
Ackerschollen bemächtigt. Eigentlich beruhigend, doch müssen nun alle auch bei
steigenden Preisen die Nerven behalten.

Links zum Thema Verbände,
Links zum Thema Energie.


 


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