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@grar.de Aktuell - 20.12.2006

Roggen in Niedersachsen: Alte Vorzüge neu entdeckt


Hannover (agrar.de) - Roggen war bis in die Mitte der 70er Jahre die häufigste
Getreideart in Niedersachsen. 1958 erreichte die Anbaufläche mit 452.000 Hektar
ihren Höchststand. Bis 2003 wurde die Anbaufläche auf 104.000 Hektar reduziert.
Wie das Niedersächsische Landesamt für Statistik mitteilt, sind diesen
Herbst wieder ca. 140.000 Hektar Winterroggen ausgesät worden, dies entspricht
der Fläche des Landkreises Cloppenburg. Das kleine 'Comeback' liegt an drei
Faktoren:

1. Der Roggen ist die gegenüber Wetterkapriolen robusteste Getreideart.
2. Spezialzüchtungen liefern hohe und sichere Erträge als Futter für die
Mikroben in Biogasanlagen.
3. Die Erzeugerpreise haben sich nach der Aufhebung der EU-Roggenintervention
wieder erholt.

Zu 1.: Der Roggen verträgt von allen Getreidearten Trockenheit und Frost am
besten und ist auch mit weniger fruchtbaren Sandböden zufrieden. In den letzten
Jahren traten immer längere Trockenperioden zur Hauptwachstumszeit auf. Das ist
eine Chance für den robusten Roggen. Roggen war bis in die 70er Jahre die
dominierende Getreideart auf den Sandböden der weiten Geest- und
Heidelandschaften von der Ems bis an die Elbe. Allerdings kann er auf besseren
Böden in Normaljahren im Ertrag nicht mit Winter-Weizen oder Winter-Gerste
mithalten. Die Landwirte haben die Fruchtbarkeit ihrer mageren Sandböden seit
Jahrzehnten stets verbessert. Als Folge davon konnten auch ertragreichere
Getreidearten auf den verbesserten Böden angebaut werden und der Roggen wurde
verdrängt.

Zu 2.: Auch der Boom von Biogasanlagen fördert den Roggen. Die Roggenzüchter
hatten noch alte, sehr strohreiche Sorten in ihren Zuchtgärten. Die große
'Biomasse' pro Hektar der strohreichen Sorten kann von der sehr effizienten
Verdauung der Mikroben in den Biogasanlagen genutzt werden, wenn der Roggen fast
noch grün als Ganzpflanze gehäckselt wird. Mit hohen Biomasseerträgen kann der
Roggen dem ebenfalls sehr ertragreichen Biomasse- Produzenten Mais Konkurrenz
machen. Das gilt besonders auf Standorten mit häufiger Sommertrockenheit und
schwer erwärmbaren Böden, da der Roggen schon bei tieferen Temperaturen wächst
und so die Winterfeuchtigkeit besser nutzt. Der Mais, ursprünglich eine
Tropenpflanze, wächst erst, wenn es warm genug ist und hat im Sommer seinen
höchsten Wasserbedarf, wenn der Biomasse-Roggen schon vom Feld ist. Leider
profitiert der Roggen auch von einem ungerechtfertigten Imageproblem des
Maisanbaues.

Zu 3.: Durch neue Sorten erzielte der Roggen ab Mitte der 80er Jahre hohe
Ertragzuwächse. Leider hat der Verzehr dunkler Brote und damit der
Roggenmehlverbrauch von 14 kg/Kopf der Bevölkerung in 1979 weiter abgenommen auf
9,8 kg/Kopf in 2004. Das führte zu großen Lagerbeständen, da Roggen nur in
wenige Länder exportiert werden kann, in denen auch dunkle Brote verzehrt
werden. Im Dezember 2003 entfiel 97 Prozent (3,83 Mio. t) der in den deutschen
Getreide-Interventionslagern aufgekauften Getreidemenge auf den Roggen. Die EU
beschloss deshalb, ab 2004 Roggen nicht mehr zu Mindestpreisen aufzukaufen.
Diese angekündigte Einstellung der Interventionskäufe zu festen Mindestpreisen
führte zu einer Reduktion der Fläche und zu nicht mehr kostendeckenden Preisen
nach der Ernte 2004 bis zur Ernte 2005. Auf magersten Sandböden kann allerdings
der Roggen kaum durch anderes Getreide ersetzt werden. Der niedrige Roggenpreis
führte zur Suche nach alternativen Verwendungsmöglichkeiten, z.B. der Erzeugung
von Alkohol. Der Roggenpreis hat sich nach der Angebotsverknappung 2005 erholt
und orientiert sich wieder stärker am Preisniveau der anderen Getreidearten, ist
also momentan auch ohne EU-Intervention wieder lohnend im Anbau.

Links zum Thema Agrarbericht und Statistik,
Links zum Bundesland Niedersachsen.


 


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