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@grar.de Aktuell - 23.11.2006

Freisetzung gentechnisch veränderten Weizens in Gatersleben genehmigt


Bonn (agrar.de) - Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
(BVL) hat heute die Freisetzung gentechnisch veränderten Winterweizens
zu wissenschaftlichen Zwecken unter Sicherheitsauflagen genehmigt. Die rund
1.200 Quadratmeter umfassende Fläche liegt auf dem Gelände des
Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung
(IPK) in Gatersleben (Landkreis Aschersleben-Staßfurt/Sachsen-Anhalt).
Das BVL hat genehmigt, in den Vegetationsperioden 2006/2007 und 2007/2008 rund
11.200 Pflanzen freizusetzen. Nach der Eintragung ins Standortregister kann das
IPK den Winterweizen frühestens am kommenden Montag freisetzen.

Das BVL kommt in seiner Sicherheitsbewertung zu dem Schluss, dass von dem
Freisetzungsversuch keine schädlichen Einflüsse auf Menschen und Tiere sowie für
die Umwelt zu erwarten sind, verfügt aber vorsorglich Sicherheitsmaßnahmen. Der
Öffentlichkeit wurde durch die Auslegung der Antragsunterlagen die Möglichkeit
zur Stellungnahme gegeben. Die rund 30.000 Einwendungen wurden bei der
fachlichen und rechtlichen Bewertung des Antrags geprüft und im
Genehmigungsbescheid gewürdigt.

In dem Freilandversuch sollen verschiedene gentechnisch veränderte Weizenlinien
untersucht werden. Die übertragenen Gene stammen aus Gerste und Ackerbohne und
führen zu einem erhöhten Proteingehalt in den Weizenkörnern.

Da Weizenpflanzen sich selbst bestäuben, ist die Wahrscheinlichkeit einer
Auskreuzung grundsätzlich als gering anzusehen. Um diese weiter zu minimieren,
muss die Versuchsfläche laut Anbauplan im Abstand von mindestens 120 Metern zu
anderen Weizenfeldern angelegt werden. Zu den Vermehrungsflächen des
Getreidesortiments der Genbank des IPK wird ein Abstand von 500 Metern
gefordert, um Einkreuzungen sicher zu vermeiden. Außerdem wird die
Freisetzungsfläche von der Genbankfläche durch eine Mantelsaat aus Büschelschön
(Phacelia), einen Gerstenschlag sowie einen Gebüsch- und Baumstreifen
abgeschirmt. Durch diese räumlichen Gegebenheiten wird in Verbindung mit den
Auflagen des Genehmigungsbescheides die ohnehin geringe Möglichkeit des
Auskreuzens zusätzlich minimiert.

Das gentechnisch veränderte Saat- und Erntegut wird entsprechend gekennzeichnet.
Die geernteten Samenkörner werden vom Antragsteller analysiert und sind
anschließend zu vernichten. Sie dürfen weder verfüttert noch als Lebensmittel
verwendet werden. Damit Wildtiere keine Weizenkörner verschleppen können, ist
die Fläche vom Antragsteller engmaschig einzuzäunen und während der Körnerreife
mit einem Vogelnetz zu schützen.

Nach der manuellen Ernte des gentechnisch veränderten Weizens soll das
Weizenstroh auf der Freisetzungsfläche oder der Fläche der Mantelsaat verbrannt
werden. Anschließend verbleibende Reste sind flach in den Boden einzuarbeiten,
um die Keimung eventuell ausgefallener Samenkörner zu erleichtern. Die Fläche
muss während zweier Jahre nach dem Versuch auf nachwachsende Weizenpflanzen
abgesucht werden. Sollten während des letzten Jahres der Nachkontrolle
gentechnisch veränderte Weizenpflanzen ausgekeimt sein, so ist die Nachkontrolle
um ein Jahr zu verlängern.

Für die Entscheidung des BVL wurden Stellungnahmen des Bundesamtes für
Naturschutz, des Bundesinstitutes für Risikobewertung und des
Robert-Koch-Institutes eingeholt. Die darin vorgebrachten Argumente wurden in
dem nun erteilten Freisetzungsbescheid weitgehend berücksichtigt. Gleichzeitig
wurden Stellungnahmen des unabhängigen Wissenschaftler- und
Sachverständigengremiums, der Zentralen Kommission für die Biologische
Sicherheit und der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in
die Entscheidung einbezogen. Darüber hinaus wurde das BVL bei der
Sicherheitsbewertung durch fachliche Stellungnahmen des Landes Sachsen-Anhalt
unterstützt.

Die öffentliche Bekanntmachung des Genehmigungsbescheids erscheint am 30.
November 2006 im Bundesanzeiger sowie in der Regionalausgabe West der
Mitteldeutschen Zeitung. Der Genehmigungsbescheid kann in der
Verwaltungsgemeinschaft Seeland-Nachterstedt vom 1. bis 14. Dezember 2006
eingesehen werden.


Hintergundinformation

Das BVL ist zuständig für den Vollzug wichtiger Teile des Gentechnikgesetzes. Es
berät die Bundesregierung sowie die Länder und ihre Gremien in Fragen der
biologischen Sicherheit in der Gentechnik. Gentechnisch veränderte Organismen
müssen zunächst ein Genehmigungsverfahren beim BVL positiv durchlaufen, ehe sie
freigesetzt werden dürfen. Ferner führt das BVL die Geschäftsstelle der
Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit. Das BVL ist die national
zuständige Behörde für gemeinschaftliche Genehmigungsverfahren der EU zum
Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen und koordiniert für
Deutschland die BIO-TRACK-Datenbank der OECD. Als nationale Kontaktstelle des
Internationalen Übereinkommens über die biologische Sicherheit managt das BVL
für Deutschland den Informations-austausch über lebende gentechnisch veränderte
Organismen im so genannten Biosafety Clearing House.

Links zum Thema Biotechnologie.


 


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