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@grar.de Aktuell - 18.02.2005

Grüne zum Gentechnikgesetz: positiv für Forschung und Verbraucher


Berlin (agrar.de) - Anlässlich der Debatte des von den Koalitionsfraktionen
eingebrachten Entwurfs eines zweiten Gesetzes zur Neuordnung des
Gentechnikrechts erklärt Ulrike Höfken, agrar- und
verbraucherpolitische Sprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen:

'Mit dem nun vorliegenden Gesetz müssen noch weitere EU-rechtliche Vorgaben,
denen der Bundesrat zustimmen muss, umgesetzt werden. Dazu gehören: Vorgaben zur
Unterrichtung der Öffentlichkeit oder Vorschriften darüber, welche Angaben zur
Risikobewertung oder zum Monitoringplan ein Gentechnik-Betreiber in seinem
Zulassungsantrag angeben muss.

Es ist zu befürchten, dass diese EU-rechtlich notwendige Veränderung des
Gentechnik-Gesetzes die Debatte um die bereits in Kraft getretenen Regelungen
wie zur Haftung oder zur angeblichen Forschungsbehinderung neu aufflammen
lassen.

Die Haftungsregelungen in der bisher erfolgten Gesetzgebung sind keine
Verschärfung, sondern folgen dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem
Verursacher-Prinzip, dass, wer durch Tätigkeit Anderer einen Schaden erleidet,
auch Ansprüche auf Entschädigung haben muss. Das muss auch für die übergroße
Mehrheit von Landwirten gelten, die keine genveränderten Pflanzen einsetzen.

Dieser verschuldensunabhängige Ansatz ist bereits im Nachbarschaftsrecht
verankert.

Keine Regelung im neuen Gentechnikgesetz behindert ein mit der üblichen Sorgfalt
geplantes Forschungsvorhaben. Im Gegenteil: Das hier vorliegende Gesetz sieht
sogar Erleichterungen für die Forschung im geschlossenen System vor.

Und wenn bei Freilandversuchen die schon seit mehreren Jahren nach geltendem
Recht vorgeschriebenen Sicherheitsauflagen eingehalten werden, können
Auskreuzungen auf benachbarte und landwirtschaftlich genutzte Felder vermieden
werden. Die Wirtschaft hatte immer zugesichert, dass sie dazu in der Lage sei.
Ein Haftungsfall tritt gar nicht erst ein.

Selbstverständlich bleibt aber, dass Forschungsfreiheit nicht bedeuten kann,
dass Wissenschaftler die Freiheit haben, das Eigentum oder die Gesundheit
anderer zu beschädigen.

In vielen Debatten um den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft wird gern
der Eindruck geweckt, im weltweiten Agrogentechnikgeschäft wehrt sich nur eine
kleine uneinsichtige Minderheit gegen den Durchmarsch der Gentechnik.
Gleichzeitig wird damit gedroht, dass der Anbau von gentechnisch veränderten
Pflanzen "weltweit" auf dem Vormarsch sei und nur Deutschland zurückliegt. Dabei
gilt:

Rund 85 Prozent der Anbaufläche liegen in nur zwei Ländern: in den USA und
Argentinien. Und nur ein einziges US-amerikanisches Unternehmen - Monsanto -
verfügt über rund 90 prozent Marktanteil an den kommerziell angebauten
gentechnisch veränderten Sorten.

Auf über 95 Prozent der Anbaufläche wachsen weltweit keine gentechnisch
veränderten Pflanzen. Was weltweit ansteigt, ist der Widerstand gegen eine
Technik und industrielle Partikularinteressen, die sich aggressiv gegen die
Interessen der Landwirte und Verbraucher durchsetzen will.

Erfahrungen in der landwirtschaftlichen Praxis in den USA und Argentinien zeigen
darüber hinaus, dass die Versprechungen von weniger Umweltgiften und höheren
Erträgen nicht haltbar sind.

Nach zahlreiche Studien in den USA mussten bei GVO-Mais und Raps nicht etwa
weniger Pestizide, sondern in einigen Fällen sogar mehr Pestizide eingesetzt
werden als bei konventionellen Sorten.

Höhere Erträge konnten langfristig im Schnitt mit keiner der oben genannten
gentechnisch veränderten Pflanzen erreicht werden. Dies, obwohl das Saatgut
gentechnisch veränderter Sorten deutlich teurer ist als konventionelles.
Obendrein hat Monsanto wegen Patentverletzungen bereits rund 90 Klagen gegen
Landwirte und kleine Wirtschaftsunternehmen erhoben. Beliebt macht sich Monsanto
mit seiner aggressiven Strategie nicht - weder bei Verbrauchern noch bei
Landwirten, aber auch nicht bei Investoren. Schon warnen Investmentgruppen,
Monsanto wäre an der Börse zu hoch notiert. Begründung: eine Marktstrategie
entgegen den Interessen der Verbraucher und die Gefahr von möglichen
Regressforderungen durch eine ungewollte Kontamination von gentechnisch
veränderten Produkten.

Der Einsatz von Gentechnik bei freigesetzten Pflanzen widerspricht dem Ziel
einer zukunftsfähigen, umweltgerechten und sozial nachhaltigen Landwirtschaft.

Verbraucher wollen mit ihren Steuergeldern nicht mehr Überproduktion und deren
Beseitigung finanzieren, sondern sichere gesunde Lebensmittel und eine
Landwirtschaft, die schonend mit den natürlichen Ressourcen umgeht sowie Umwelt,
Natur und Artenvielfalt schützt - gewiss keine Subventionierung des Anbaus
gentechnisch veränderter Pflanzen.

Akzeptanz und Vertrauen in die Landwirtschaft und ihre Produkte kann nicht gegen
Verbraucherinteressen erreicht werden. Nicht das Gentechnikgesetz muss
wettbewerbsfähig werden - wie die Opposition in ihrem Antrag fordert - sondern
die Landwirtschaft in Deutschland. Eine Entwicklung wie in Argentinien oder in
den USA kann nicht im Interesse von Wirtschaft und Verbrauchern in Deutschland
sein.

Wer wie CDU/CSU und FDP die großflächige Verunreinigung von Flächen und
Lebensmitteln durch gentechnisch veränderte Pflanzen aktiv betreibt, handelt
nicht nur gegen die Verbraucherinteressen, sondern behindert massiv die
Wahlfreiheit der Menschen. Das ist Freiheitsberaubung.

Links zum Thema Agrarpolitik.


 


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