Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 09.12.2004

Sonnleitner fordert Trendwende in nationaler Agrarpolitik

Landwirtschaft zieht ernüchternde Bilanz 2003/2004


Berlin (agrar.de) - Eine Trendwende in der nationalen Agrarpolitik forderte der
Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner,
anlässlich der Vorstellung des Situationsberichtes 2005. Vor der
Bundespressekonferenz in Berlin kritisierte Sonnleitner die latente Schwächung
der landwirtschaftlichen Betriebe durch bürokratische Auflagen sowie
entmutigende Steuererhöhungen und steigende Sozialabgaben. Trotzdem habe sich
die deutsche Landwirtschaft im Markt gut behauptet und damit die Grundlage für
mehr als 4 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland gelegt. Das wirtschaftliche
Ergebnis des abgelaufenen Wirtschaftsjahres 2003/2004 sei aber für die
Bauernfamilien abermals ernüchternd.

Auf ausgesprochen sehr niedrigem Vorjahresniveau stieg das Unternehmensergebnis
im Durchschnitt der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe erstmals wieder
geringfügig um 3 Prozent auf durchschnittlich 24.800 Euro pro Jahr an. Aus
diesem Unternehmensergebnis müssen Investitionen und die Entlohnung der Familie
getragen werden. Umgerechnet auf eine Arbeitskraft bedeutet dies ein monatliches
Brutto-Einkommen in der Landwirtschaft von durchschnittlich 1.470 Euro, erklärte
der DBV-Präsident. Dieses völlig unbefriedigende Einkommen beinhalte alle
Zahlungen aus Brüssel und aus dem Agrarhaushalt des Bundes. Der
Einkommensabstand zur gewerblichen Wirtschaft liege damit bei 34 Prozent.
Gleichwertige Lebensverhältnisse in der Landwirtschaft - so der Auftrag des
Landwirtschaftsgesetzes – seien damit nicht erfüllt.

Je nach Produktionsschwerpunkt entwickelte sich die deutsche Landwirtschaft im
Wirtschaftsjahr 2003/2004 sehr unterschiedlich. Ein regelrechtes
'Katastrophenjahr' erlebten angesichts der gesunkenen Produktpreise und der
gestiegenen Futtermittelpreise die Futterbaubetriebe mit Milchvieh- und
Rinderhaltung sowie die Veredlungsbetriebe (Schweine- und Hühnerhaltung),
stellte Sonnleitner fest. Die auf Milchvieh spezialisierten Futterbaubetriebe
blieben mit durchschnittlich 21.400 Euro Unternehmensgewinn (minus 9,9 Prozent)
nochmals deutlich hinter dem schlechten Vorjahr zurück. Ähnlich entwickelten
sich die Einkommen bei den auf Rindermast spezialisierten Betrieben (19.700
Euro, minus 10,4 Prozent). Die Schweinemäster unterschritten das
Vorjahresergebnis sogar um 12,8 Prozent auf nur noch 17.400 Euro.

Dagegen profitierten die Ackerbaubetriebe von den hohen Getreide-, Raps- und
Kartoffel- und Rübenpreisen als Folge der erheblichen Ertragseinbußen durch die
Sommerdürre 2003. Unter den Ackerbaubetrieben gibt es regional Licht und
Schatten. Während die Dürre 2003 in einigen Teilen Ost- und Süddeutschlands zu
teilweise existenzbedrohlichen Ertragsausfällen geführt habe, konnten andernorts
die Landwirte von den anziehenden Erzeugerpreisen profitieren. Auch die
Weinbaubetriebe verzeichneten im Wirtschaftsjahr 2003/2004 einen Gewinnrückgang
(minus 9,0 Prozent auf 36.600 Euro). Die in der Regel auf Ackerbau und
Sonderkulturen spezialisierten Öko-Betriebe hatten eine vergleichbare
Entwicklung. Unter dem Strich haben die Ökobetriebe ebenfalls von der
Preishausse bei Ackerbauprodukten, vor allem im Kartoffelanbau, profitiert. Sie
verbesserten ihr Unternehmensergebnis auf 35.800 Euro (+ 19,6 Prozent). Die
Öko-Betriebe mit Milchviehhaltung mussten wie ihre konventionell wirtschaftenden
Kollegen wesentlich schlechtere Unternehmensergebnisse hinnehmen.
Öko-Biobetriebe haben durch höhere staatliche Zahlungen eine etwas stabilere
Situation. Durchschnittlich erhält ein Öko-Betrieb zum Beispiel 14.040 Euro
Ausgleich für Agrarumweltmaßnahmen im Vergleich zu 2.500 Euro im konventionellen
Betrieb.

Ein Vergleich nach Bundesländern zeigt im Unternehmensergebnis erhebliche
Unterschiede. Mit durchschnittlich 46.200 Euro erwirtschaften die
Haupterwerbsbetriebe in Schleswig-Holstein das höchste Jahresergebnis. Über dem
Bundesdurchschnitt lagen auch Rheinland-Pfalz (32.500 Euro) und Niedersachsen
(26.400 Euro) und die neuen Bundesländer (38.000 Euro). Der positive Einfluss
des Ackerbaus und der Sonderkulturen war dafür verantwortlich. Dagegen bleiben
die Unternehmensergebnisse in Baden-Württemberg und Bayern deutlich hinter dem
Vorjahr zurück. Die schlechten Ergebnisse im Futterbau (Milch) und in der
Schweinemast waren dafür maßgeblich.

Angesichts der 'ernüchternden' Einkommensentwicklung seien die Proteste der
Bauern verständlich, wenn wie im Haushaltsbegleitgesetz 2005 die Beiträge zur
landwirtschaftlichen Sozialversicherung drastisch angehoben würden. Eine enorme
Wettbewerbsverschlechterung sei auch die drastische Steuererhöhung beim
Agrardiesel von durchschnittlich 56 Prozent. Daher gelte es, bei Bund und
Ländern für eine rasche Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse innerhalb
Deutschlands und der EU zu werben. Land- und Ernährungswirtschaft bräuchten als
typisch standortgebundener Wirtschaftsbereich eine innovative und kreative
Agrar- und Wirtschaftspolitik, um im weltmarktbestimmten Wettbewerb zu bestehen.

Innovative Entwicklungen mit starken Impulsen für Investitionen und neue
Arbeitsplätze seien der Landwirtschaft in diesem Jahr besonders durch die
Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien gelungen. Dies
zeige, dass der Landwirt als Energiewirt seine unternehmerischen Chancen nutzt.
Immerhin könnten Land- und Fortwirtschaft einen beachtlichen Teil der Energie-
und Rohstoffmärkte Deutschlands umweltfreundlich und wettbewerbsorientiert
beliefern.

Für den Situationsbericht wurden die Buchführungsergebnisse von rund 21.000
Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben sowie Agrargenossenschaften für das
Wirtschaftsjahr 2003/2004 ausgewertet, die repräsentativ die wirtschaftliche
Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland dokumentieren.

Links zum Thema Verbände.


 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de