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@grar.de Aktuell - 25.11.2004

Niedersachsen: Bauerneinkommen bleiben unbefriedigend

Durchschnittliches Unternehmensergebnis lag bei nur 26.300 Euro - Landvolkpräsident Hilse kritisiert Einschnitte bei Agrardiesel und Krankenversicherung


Hannover (agrar.de) - Die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe in
Niedersachsen sind im Wirtschaftsjahr 2003/04 (1. Juli bis 30. Juni) gegenüber
dem äußerst niedrigen Vorjahreswert im Durchschnitt auf 26.321 Euro gestiegen.
Damit konnte der katastrophale Einkommenseinbruch des Vorjahres mit einem
Unternehmensergebnis von 21.240 Euro nur leicht verbessert werden. 'Das
versteuerbare Einkommen eines entwicklungsfähigen Haupterwerbsbetriebes mit
durchschnittlich 1,4 Arbeitskräften müsste aber mindestens 50.000 Euro
betragen', sagte Landvolk-Präsident Werner Hilse vor Journalisten in
Hannover. Dieser Betrag sei notwendig, um einerseits die Lebenshaltungskosten
der auf dem Hof lebenden Mehr-Generationen-Familie zu decken und andererseits
Investitionen für die Entwicklung des Betriebes zu finanzieren. Weit über die
Hälfte der Haupterwerbsbetriebe in Niedersachsen seien aber derzeit nicht in der
Lage, das notwendige Einkommen zu erwirtschaften. Vielmehr liege das
Unternehmensergebnis je Arbeitskraft in Höhe von 17.641 Euro deutlich unter dem
von der Bundesregierung zum Vergleich herangezogenen gewerblichen Vergleichslohn
in Höhe von 26.740 Euro.

Besorgt zeigte sich Hilse über die wenig zukunftsorientierte Entwicklung bei den
Investitionen. Die Nettoinvestitionen seien um 5.339 Euro auf durchschnittlich
811 Euro je Betrieb zurück gegangen und hätten damit einen historischen
Tiefstand erreicht. Für das laufende Wirtschaftsjahr erwartet Hilse eine
Verbesserung der Gewinnsituation nur in den Veredlungsbetrieben. Bei den
Milchviehbetrieben sei allenfalls eine Stabilisierung auf dem derzeitigen
absolut zu niedrigen Niveau zu erwarten. Dagegen würden im Ackerbau trotz der
überdurchschnittlich guten Ernten aufgrund der schlechten Preissituation sowohl
bei Getreide als auch bei Kartoffeln und Gemüse fallende Unternehmensergebnisse
kaum noch zu verhindern sein. Die Investitionsbereitschaft der Landwirte
bezeichnete Hilse daher als 'sehr verhalten'.

Scharf kritisierte der Landvolkpräsident die einseitig steigenden Belastungen
insbesondere im Steuer- und Sozialbereich. Das sei für die Weiterentwicklung der
landwirtschaftlichen Betriebe kontraproduktiv. Das kürzlich verabschiedete
Haushaltsbegleitgesetz 2005 belaste die deutsche Landwirtschaft mit erheblichen
zusätzlichen Wettbewerbsverzerrungen. Während die Steuersätze für Agrardiesel
aus Gründen des Wettbewerbs in Frankreich beispielsweise von 5,66 Cent pro Liter
auf 1,66 Cent stark abgesenkt würden, sähen sich die deutschen Landwirte einer
enormen Steuererhöhung ausgesetzt. 'Mit 40 Cent pro Liter haben wir dann
hierzulande die wenig erstrebenswerte Spitzenposition', sagte Hilse. Auch in der
Landwirtschaftlichen Krankenversicherung würden die Landwirte durch die Kürzung
des Bundeszuschusses einseitig mit höheren Kosten belastet. Hilse bezifferte die
Mehrbelastung für die deutsche Landwirtschaft allein in diesem Bereich auf rund
370 Millionen Euro, davon würden knapp 80 Millionen Euro auf Niedersachsen
entfallen. Außerdem verwies Hilse auf die hohen Standards der heimischen
Produktion im Tierschutz, Umweltschutz und gesundheitlichen Verbraucherschutz.
'Aber diese hohen Standards kosten Geld und bringen uns preislich ins Abseits',
meinte der Landvolkpräsident. Deshalb benötigten die Landwirte einen
entsprechenden Außenschutz und WTO-gesicherte Ausgleichszahlungen. Ohne die
staatliche Förderung sei ansonsten eine flächendeckende Landwirtschaft in
Deutschland nicht möglich.

Die unbefriedigende Einkommenssituation führte Hilse insbesondere auf die
niedrigen Erlöse bei Milch und Schweinefleisch zurück. In den Milchviehbetrieben
betrug das Unternehmensergebnis nur noch 18.163 Euro, und in den
Veredlungsbetrieben sank der Gewinn sogar auf 12.911 Euro je Betrieb.
Ausschlaggebend für diesen Einbruch der Gewinne waren der drastische Rückgang
der Schweinepreise und die nach wie vor völlig unbefriedigenden
Milcherzeugerpreise. Die rund 17.000 Milcherzeuger hätten bei Produktionskosten
von rund 30 Cent pro Kilogramm nur 27 Cent für den Liter Milch erzielt.
Inzwischen sei aber der Preis geringfügig gestiegen. Auch bei den
Schweinehaltern sei die monatelange 'Talfahrt der Erzeugerpreise' beendet
worden. Inzwischen hätten sich die Preise 'ganz ordentlich' entwickelt.
Befriedigender sei die Lage in den Betrieben mit Ackerbau und Dauerkulturen. So
hätten die Ackerbaubetriebe im abgelaufenen Wirtschaftsjahr von den hohen
Getreide-, Raps- und Kartoffelpreisen profitiert. Dadurch seien die
Mengeneinbußen durch die ungewöhnliche Trockenheit im Sommer und Herbst 2003
zumindest teilweise kompensiert worden.

Besorgt äußerte sich der Landvolkpräsident über die in den vergangenen Wochen
stark gestiegenen Preise für Energie und Treibstoff. Dadurch hätten sich die
Liquiditätsengpässe in den Betrieben verschärft. Zwingend notwendig seien daher
die Auszahlungen der Tierprämien noch in diesem Jahr. Jedoch plane das
Niedersächsische Landwirtschaftsministerium, die Vorschusszahlungen erst Ende
Januar oder Ende Februar auszuzahlen. 'Diese Prämien-Auszahlungen erwarten wir
noch in diesem Jahr', sagte Hilse. Auf scharfe Ablehnung stößt beim Landvolk
Niedersachsen auch die geplante Abschaffung des Widerspruchsverfahrens.
Streitigkeiten mit den Behörden würden dann nur noch vor den
Verwaltungsgerichten ausgetragen werden können. 'Wir fordern die Landesregierung
auf, die Agrarverwaltung davon auszunehmen', sagte Hilse. Schließlich sei das
Widerspruchsverfahren verwaltungstechnisch einfach zu händeln.

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