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@grar.de Aktuell - 26.10.2004

Hessen: Waldzustandsbericht 2004


Wiesbaden (agrar.de) - 'Der Gesundheitszustand der hessischen Wälder ist
insgesamt als stabil zu bezeichnen, auch wenn es speziell der Buche in diesem
Jahr nach dem sehr trockenen und heißen Sommer 2003 deutlich schlechter geht.
Der positive Trend der letzten Jahre setzte sich erwartungsgemäß in 2004 deshalb
leider nicht fort', sagte heute der Hessische Forstminister Wilhelm Dietzel
anlässlich der Vorstellung des 21. Waldzustandsberichts 2004 im Hessischen
Forstamt Chausseehaus. Die deutlich angestiegene durchschnittliche
Kronenverlichtung ist vor allem auf eine gravierende Verschlechterung des
Belaubungszustandes der älteren Buchen zurückzuführen. Dieser höhere
Blattverlust sei vor allem durch natürliche Ursachen bedingt, erläuterte
Dietzel. Denn neben den klimatischen Nachwirkungen des letzten Jahres, auch als
Folge davon, fruktifiziert die Buche in diesem Jahr besonders stark. Das
belastet den Stoffhaushalt zusätzlich.

Die überdurchschnittlich hohen Niederschläge während der Vegetationsperiode 2004
haben aber dem Wald sehr geholfen und Schlimmeres verhindert. Bedingt durch das
außergewöhnlich heiße und trockene Jahr 2003 sowie das noch niederschlagsarme
Frühjahr 2004 bestand zu Beginn der Vegetationsperiode 2004 eine sehr kritische
Ausgangssituation für den Waldzustand in Hessen.

Die Erfassung des Kronenzustands für den Waldzustandsbericht 2004 erfolgte im
Juli und August durch geschulte Aufnahmeteams an etwa 6.000 Bäumen. Hierbei
handelt es sich um eine Stichprobenaufnahme auf einem acht Mal acht Kilometer
großen Raster, die so angelegt ist, dass eine den tatsächlichen
Waldverhältnissen entsprechende Darstellung sichergestellt ist.

Die Ergebnisse:

Der mittlere Nadel-/Blattverlust aller Baumarten und Altersstufen beträgt 2004
landesweit 25 Prozent gegenüber noch 21 Prozent im Vorjahr. Maßgeblich
resultiert dieser Anstieg aus der bereits genannten gravierenden
Verschlechterung des Kronenzustandes der älteren Buche von 26 Prozent auf 38
Prozent im Jahr 2004.

Bei den anderen Hauptbaumarten ist kein einheitlicher Trend festzustellen. Gab
es im vergangenen Jahr noch eine deutliche Verschlechterung bei der älteren
Eiche, so zeigt sie aktuell mit 22 Prozent mittleren Blattverlusts (2003: 26
Prozent) ein sehr erfreuliches Bild mit der geringsten Kronenverlichtung aller
Hauptbaumarten. Auch die Situation bei der älteren Kiefer ist mit 25 Prozent
mittleren Nadelverlusts gegenüber dem Vorjahr stabil geblieben. Der Nadelverlust
der älteren Fichte verstärkte sich leicht von 26 Prozent auf 28 Prozent im Jahre
2004.

Die Entwicklung bei den jüngeren Bäumen (bis 60 Jahre) zeigt ebenfalls einen
Anstieg des mittleren Nadel-/Blattverlustes von 12 Prozent auf 15 Prozent. Eine
Zunahme der Kronenverlichtung ist bei allen Baumarten festzustellen. Sie fällt
jedoch bei der jüngeren Buche mit 5 Prozent am stärksten aus (2003: 8 Prozent,
2004: 13 Prozent). Dies ist der rascheste Anstieg des Blattverlustes innerhalb
eines Jahres seit Beginn der Messreihe.

Die Absterberate über alle Baumarten und Alter hat sich von 0,1 Prozent (2003)
auf 0,4 Prozent (2004) erhöht, liegt aber noch deutlich unter den höchsten
Werten zu Beginn der 90er Jahre (0,7 Prozent bzw. 0,8 Prozent). Insbesondere die
hohe Absterberate junger Eichen und junger Fichten ist verantwortlich für den
Anstieg in 2004. Wahrscheinlich ist dieses weitgehend eine Folge der
Witterungsbedingungen in 2003. 'Großflächige Absterbeerscheinungen in hessischen
Wäldern sind jedoch nicht zu befürchten', betonte der Minister.

Im Rahmen der Waldökosystemstudie Hessen wird seit 1988 die
Fruktifikationsintensität der Buche flächendeckend erfasst. Für das Jahr 2004
ist die stärkste Buchenfruktifikation seit Beginn dieses Zeitraumes
festzustellen. Die Ergebnisse der Beobachtungen zeigen auch die Tendenz, dass
die Buche seit Ende der 80er Jahre in kürzeren Abständen und vielfach stärker
fruktifiziert als es nach alten Erfahrungen zu erwarten gewesen wäre. Die Blüte
und die anschließende Fruchtbildung belasten den Stoffhaushalt und beeinflussen
somit das Erscheinungsbild der Buchen erheblich (u. a. kleinere Blätter und
frühere Blattvergilbung). Zusätzlich wurden die Buchenkronen in diesem Jahr
durch einen regional starken Befall der Buchenblatt-Baumlaus beeinträchtigt.

'Die von den Waldschäden besonders betroffene Rhein-Main-Ebene bereitet mir
weiter Sorge', erklärte Dietzel. Eine seit 1994 übliche Sondererhebung (4 km x 4
km-Raster) ermöglicht eine repräsentative Aussage zu diesem Wuchsgebiet. Vor
allem bei den jüngeren Bäumen und auch bei der älteren Eiche ist hier die
durchschnittliche Kronenverlichtung deutlich höher als im Landesdurchschnitt. So
hat sich der mittlere Blattverlust der älteren Eiche in der Rhein-Main-Ebene
gegenüber 2003 nochmals um 2 Prozent auf 39 Prozent erhöht, während er in
Gesamthessen auf 22 Prozent (2003: 26 Prozent) zurückgegangen ist.

Erfreulicherweise gingen die Stoffeinträge von Sulfatschwefel und Gesamtsäure
mit dem Niederschlag nochmals zurück und erreichten den niedrigsten Stand seit
dem Beginn der Messungen im Jahre 1984. 'Die Belastung unserer Wälder hat sich
insgesamt weiter reduziert', erläuterte der Minister, zudem dokumentiere die
jährliche Waldzustandserfassung auch die Erfolge der Umweltpolitik. Dennoch
wirken die jahrzehntelangen Einträge erheblich nach und eine vergleichbare
Trendwende wie beim Schwefel zeichnet sich beim Stickstoff nach wie vor nicht
ab. Eine weitere Reduzierung der Schadstoffeinträge in die Waldböden sei daher
unerlässlich, unterstrich Dietzel. Daneben sind jedoch auch alle anderen
Maßnahmen zu nutzen, die zu einer Stabilisierung der hessischen Wälder
beitragen. Hierzu zählen unter anderem der Aufbau stabiler Mischbestände und der
weitgehende Verzicht auf Kahlschläge, Maßnahmen die bereits seit Jahren vom
Landesbetrieb HESSEN-FORST umgesetzt werden.

Das wichtigste Instrument zur zumindest vorübergehenden Stabilisierung der
gefährdeten Waldböden in Hessen ist die Bodenschutzkalkung. Künftige
Säureeinträge sollen durch die Ausbringung von drei Tonnen Kalk je Hektar
abgepuffert und so die Waldböden vor weiterer Versauerung geschützt werden.
Durch den Ausbringungszeitpunkt und die geringe Menge besteht keine Gefahr für
das Waldökosystem. 'Auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel wird die
Bodenschutzkalkung daher fortgesetzt', bekräftigte Minister Dietzel. So ist für
das Jahr 2005 geplant, allein für den Körperschafts- und Privatwald 1,9 Mio.
Euro Fördergelder zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus unterstützt die Hessische Landesregierung auch in den kommenden
Jahren das EU-weite Netz für die intensive und ständige Überwachung der Wälder
(Forest Focus, ehemals Level II). Bereits in den 90er Jahren wurden in Hessen
zur Intensivierung der Waldzustandsforschung sieben Dauerbeobachtungsflächen in
Buchenwäldern angelegt. Auf den vom Landesbetrieb HESSEN-FORST betreuten Flächen
werden weitere Erkenntnisse zum Einwirken von Schadfaktoren, aber auch Hinweise
für Gegenmaßnahmen erwartet. Das Forest Focus-Programm ist momentan das
umfassendste Biomonitoringsystem in Europa und soll künftig beispielsweise um
neue Fragestellungen aus den Bereichen Biodiversität und Klima erweitert werden.

Links zum Thema Wald und Forst,
Links zum Bundesland Hessen.


 


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