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@grar.de Aktuell - 06.07.2004

Die Chancen von Biogas


Hannover (agrar.de) - Das neue EEG schafft endlich Klarheit: Mit den
gestaffelten Grundpreisen und den Zuschlägen für die Anlagen, die ausschließlich
landwirtschaftliche Substrate vergären und jene, die in Kraft-Wärme-Kopplung
betrieben werden, wurden verlässliche Grundlagen für attraktive Investitionen in
landwirtschaftlichen Betrieben geschaffen. Worauf es sonst noch ankommt, damit
die Anlage rentabel läuft beschreibt Dr. Mathias Schindler von der
Landwirtschaftskammer Hannover:

Das neue EEG eröffnet nach Jahren der Stagnation endlich wieder Perspektiven für
die nachwachsenden Rohstoffe. Mit den heutigen Einspeiseerlösen für Strom aus
Biomasse wird der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen als Substrat für
Biogasanlagen endlich auch außerhalb von Stilllegungsflächen ökonomisch
konkurrenzfähig gegenüber dem bisherigen 'Marktfrucht'-Anbau.

Da die Preise nach dem Staffelsystem berechnet werden, indem die eingespeiste
Strommenge anteilig auf die tatsächlich angeschlossene elektrische Leistung
verteilt wird, können mit den für landwirtschaftliche Betriebe derzeit
interessanten Anlagengrößen bis ca. 700 kW somit Strompreise zwischen 0,195
Euro/kWh (<150 kW el., ausschließlich landwirtschaftliche Substrate und
Kraft-Wärme-Kopplung[KWK]) und 0,0996 Euro/kWh (Mischpreis bei 700 kW el. mit
Co-Substraten ohne KWK aus: (0,115x150+0,099x350+0,089x200)/700) erzielt werden.
Wenn es gelingt, letztere Anlage ausschließlich mit landwirtschaftlichen
Substraten zu betreiben, wären die Erlöse um 0,054 Euro/kWh (+54,5 Prozent)
höher; ein Betrag, der einige Anstrengung rechtfertigt.

Strom aus Anlagen, die erst in späteren Jahren ans Netz gehen, wird mit einer um
1,5 Prozent pro Jahr niedrigeren Vergütung bezahlt.

Was kostet die Beispielsanlage

Aus einem detaillierten Baukostenvoranschlag ist der Investitionsbedarf der
einzelnen Anlagenteile ersichtlich. Dabei ist es sinnvoll, zumindest zwischen
dem Bedarf für das BHKW und dem 'Rest' zu unterscheiden, weil hier sowohl
Lebensdauer als auch Reparaturkosten deutlich unterschiedlich ausfallen.
Ausgehend von einer Lebensdauer des BHKW von 8 Jahren (bei 1 bis 2
Generalüberholungen), was bei 95 Prozent Anlagen-Betriebszeit und 85 Prozent
BHKW-Laufzeit (= 7.079 Betriebsstunden/Jahr) immerhin ca. 56.600 h
Gesamtlaufzeit entspricht, und von 24 Jahren für den 'Rest', kann der zweimalige
Ersatz des BHKW während der Betriebszeit der Anlage angenommen werden.

Für die als Beispiel kalkulierte Anlage mit einer Größe von 220 kW (2 BHKW á 110
kW) besteht ein Investitionsbedarf von 664.500 Euro (= 3.020 Euro/install. KW
el.), wobei das vorhandene Güllesilo zukünftig als eines der Endlager genutzt
wird und hier keine Bewertung der benötigten Fläche von ca. 0,75 ha erfolgt. Die
kostenblockspezifisch differenzierte Berechnung der jährlichen Kosten ergibt
einen Gesamtbetrag von ca. 84.600 Euro. Dies entspricht ca. 12,7 Prozent des
Investitionsbedarfes und als weitere grobe Faustzahlen werden dabei ca. 6,3
Prozent für die AfA, ca. 4 Prozent für Unterhaltung und Versicherung und ca. 2,5
Prozent für die Zinsen ermittelt. Wie schon erwartet, fällt das BHKW mit einer
Relation von ca. 27,3 Prozent zwischen jährlichen Kosten und Investitionsbedarf
deutlich aus dem sonst feststellbaren Rahmen von 6,7 bis 8 Prozent.

Günstig finanzieren

Ein Konditionenvergleich lohnt immer: Trotz des Zinsanstiegs der letzten Monate
sind die Kreditzinsen immer noch sehr günstig, aber 0,1 Prozent niedrigere
Zinsen bedeuten immer eine anfängliche Zinsersparnis von 100 Euro/Jahr je
100.000 Euro Kreditsumme.

An Zuschüssen bieten sich das AFP und der Teilschulderlass der KfW (nur für
Anlagen bis 75 kW) an. Im AFP gilt neben den sonst üblichen Bedingungen auch die
#de minimis# Obergrenze von 100.000 Euro je Unternehmen. Wer allein baut, wird
fast immer durch diese Grenze beschnitten, nur in Kooperationen mit maximalen
Fremdkapitalanteilen von weniger als 322.600 Euro je beteiligtem
landwirtschaftlichen Unternehmen können die vollen 31 Prozent Förderung auch
realisiert werden.

Da die Voraussetzungen des AFP vom Unternehmen nicht erfüllt werden, sieht die
Finanzierung ohne AFP so aus:

Neben 152.500 Euro Eigenkapital werden Rentenbankmittel in Höhe von 512.000 Euro
eingesetzt. Die Finanzierung soll entsprechend der finanzierten Objekte in 2
Kredite mit unterschiedlicher Laufzeit gesplittet werden. Ein Darlehen über ca.
314.000 Euro soll mit einer Laufzeit von 20 Jahren (1 Jahr tilgungsfrei, 4,90
Prozent Zinsen) aufgenommen werden. Der verbleibende Kreditbetrag von 198.000
Euro wird aufgrund guter Liquiditätsprognosen über 8 Jahre finanziert. Dieser
Kredit ist bei der Rentenbank zu 4,35 Prozent Zinsen erhältlich.

Was dabei übrig bleibt

Geht die Anlage, wie hier unterstellt, noch Ende 2004 mit dem Probebetrieb ans
Netz, so kann dadurch eine gegenüber dem Start in 2005 um 1,5 Prozent höhere
Vergütung über den gesamten Zeitraum sichergestellt werden. Der mit der Anlage
in Vollbetriebsjahren produzierte Strom kann für ca. 221.000 Euro verkauft
werden. Da der Einspeisepreis feststeht, wird dieser Betrag durchschnittlich bis
zum Ende des zwanzigsten Betriebsjahres zu erwarten sein. Darüber hinaus werden
noch ca. 1.040 Euro Heizkosten pro Jahr eingespart, die sich in Abhängigkeit vom
Heizölpreis aber noch ändern können.

Dem stehen Gesamtkosten eines Vollbetriebsjahres in Höhe von anfänglich ca.
201.000 Euro gegenüber. Diese werden dann aber, da die Zinseinsparungen bis zum
9. Jahr größer sind als der Anstieg der anderen Kostenpositionen, zunächst um
ca. 800 Euro/Jahr fallen, danach aber um ca. 600 Euro/Jahr steigen. Somit wird
der zu erwartende Gewinn nach ca. 21.100 Euro im 1. Jahr und im 2. Jahr mit ca.
21.450 Euro veranschlagt und bis zum 9. Jahr auf knapp 27.900 Euro ansteigen.
Bis zum 20. Jahr wird er dann auf ca. 24.500 Euro zurückgehen. Dadurch werden in
den ersten 10 Jahren ca. 247.000 Euro und in 20 Jahren insgesamt ca. 513.000
Euro Überschuss erzielt.

Wird eine Kapitalrendite ermittelt, so beträgt diese nach 20 Jahren ca. 6,9
Prozent auf das Gesamtkapital bzw. 12,1 Prozent auf das Eigenkapital. Ein
Einspeisebeginn in 2005 würde ca. 0,4 Prozent Gesamt- bzw. 0,7 Prozent
Eigenkapitalrendite kosten.
Besonderes Augenmerk sollte aber noch dem ersten Jahr gelten. Hier steht nicht
nur der Gewinn sondern auch die erwartete Liquidität, die als Cash flow gemessen
wird, unter Beobachtung. Nach 12 Betriebsmonaten zeigt sich hier mit ca. 22.300
Euro ein deutlich positives Bild, so dass allenfalls nur sehr kurzfristige
Liquiditätsengpässe auftreten können. Variantenrechnungen für andere
Starttermine zeigen, dass bis zum Ende des dritten Betriebsmonats ein negativer
cash flow besteht, danach bessert sich die Liquiditätslage schnell und
deutlicht.

In den ersten 8 Jahren entsteht ein Liquiditätspolster von ca. 200.000 Euro, mit
dem das dann zu ersetzende BHKW finanziert werden kann.

Woher kommt der Erfolg ?

Da der höhere Vergütungssatz aus 2004 über die gesamte Laufzeit nachwirkt, würde
der Gang ans Netz in 2005 Einnahmeverluste von insgesamt ca. 67.000 Euro bei
gleichen Kosten bewirken. Eile ist somit geboten.

Durch das AFP könnte für das Einzelunternehmen der Fremdkapitalbedarf um 100.000
Euro reduziert werden. Mit dieser Förderung würde der Gesamtgewinn anfänglich um
ca. 11.500 Euro/Jahr bzw. insgesamt um ca. 155.000 Euro höher ausfallen.
Nach der Devise 'von nichts kommt nichts' sind zur weiteren Beantwortung der
Frage die eingesetzten Substrate genauer zu betrachten. In einer Übersicht ist
dargestellt, welche Energiemengen aus den einzelnen Substrate gewonnen werden
können und wie die Kosten der Anlage auf die einzelnen Substrate verteilt werden
sollten.

Zum Einsatz kommen die Wirtschaftsdüngermengen von 86 Kühen und entsprechender
weiblicher Nachzucht sowie 15.000 Legehennen (jeweils ca. 9 Prozent), die
entsprechenden Grundfutterreste sowie Maissilage von 72 ha (ca. 73 Prozent) und
der späte Aufwuchs (3. bzw. 3. und 4. Schnitt) von 23 ha Grünland (ca. 8,5
Prozent). Die meiste Energie stammt aus dem Mais, aber bringt der auch den
Gewinn ? Schließlich ist dessen Bereitstellung mit so hohen Kosten verbunden,
dass bis zur Novellierung des EEG der gezielte Anbau für Biogasanlagen ein
knappes Geschäft war.

Gülle kostet nicht viel, weil sich ihr Wert über Nährstoffe definiert und im
Endsubstrat weiter erhalten bleibt, so dass die Gülle mit den verursachten
zusätzlichen Transportkosten anzusetzen ist. Allerdings ist auch die Gasausbeute
so gering, dass von dem damit erzielbaren Stromerlös (6,68 Euro/t Gülle) nach
Abzug der zuzuordnenden anteiligen Anlagenkosten (4,13 Euro/t Gülle) und der
Betriebs- und Gemeinkosten nur 0,51 Euro/t Gülle übrig bleiben. Damit sind die
Kosten gedeckt, reich wird man so nicht.

Anders ist die Situation beim Jungviehmist und beim Hühnertrockenkot. Hier sind
die Substratkosten ebenfalls (noch) gering, die Erlöse aber deutlich besser.
Diese Wirtschaftsdünger besitzen nach Abzug der Kosten einen 'Vergär'-wert von
34 bis 38 Prozent/t. Bei allen strohhaltigen Substraten ist aber zu beachten, ob
die enthaltene Energie wegen des Ligningehaltes überhaupt erschlossen werden
kann und dass dies unter Umständen nur mit deutlich längeren Verweilzeiten
erreichbar ist. Die Ansicht, Stroh gehöre in die Verbrennung und nicht in die
Vergärung, erscheint nicht unbegründet.

Mais kommt in dieser Berechnungsweise auf einen 'Veredelungs'-wert von 30
Euro/t. Dies wäre der maximale Preis, zu dem das Substrat zugekauft und die
Anlage gleichzeitig noch vollkostendeckend betrieben werden kann. Dass die
Grassilage einen höheren Wert aufweist, resultiert aus dessen höherem
Trockensubstanzgehalt.

Der Endsubstratrücklauf erweist sich in der Betrachtung als nicht
vollkostendeckendes Substrat, ist aber aufgrund des Einsatzzweckes 'Verdünnung'
allenfalls durch das noch schlechter zu bewertende Wasser zu ersetzen.
Die Zünd- bzw. Stützfeuerung stellt ein lukratives Zusatzgeschäft dar. Solange
der Preis unter 0,43 Euro/l bleibt, werden durch den Heizöleinsatz ein paar Euro
dazuverdient.

Und die Risikoanfälligkeit ?

Wer sich für einen langen Zeitraum bindet, sollte immer danach fragen, was mit
der Rentabilität passiert, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Mittels
Variantenrechnungen wird deshalb im Folgenden bestimmt, wie sich die Änderung
bestimmter Parameter auf den Gewinn auswirkt.

Dabei wird für diese Anlage untersucht, wie stark sich die wichtigsten
Bestimmungsfaktoren ändern dürfen, damit die Anlage dennoch nach 20 Jahren eine
schwarze 0 schreibt. Dann wurde zwar nichts verdient, aber zumindest die Kosten
sind gedeckt.

Diese Grenze wird erreicht, wenn

- die Investitionskosten um ca. 38% höher ausfallen,

- der Auszahlungspreis um ca. 11,6 Prozent auf 0,1516 Euro/kWh zurückgeht,

- der elektrische Wirkungsgrad um 12,6 Prozent auf 30,6 Prozent zurückgeht,

- der Maispreis um 38,5 Prozent auf 34,62 Euro/t steigt oder

- der Zinssatz sich um 3,60 Prozent erhöht.

Fazit

Biogasanlagen bieten sich unter den Bedingungen des EEG, insbesondere für
Anlagen zur aus­schließlichen Vergärung landwirtschaftlicher Substrate, als
attraktives zusätzliches Standbein an.

Für Schnellentschlossene die es noch 2004 ans Netz schaffen, winkt ein um ca. 11
Prozent höherer Gesamtgewinn.

Als gute Substrate erweisen sich Wirtschaftsdünger mit hohen Gehalten leicht
vergärbarer organischer Substanz, also aus dem Geflügelbereich, aber auch mit
Mais- und Grassilage wird Geld verdient. Die Anlage ist aber kein guter
Entsorgungsweg für unbrauchbares Grundfutter (z. B. pilzbelastetes Heu etc.),
denn dort laufen fast die gleichen Prozesse ab wie im Pansen der Wiederkäuer.

Mit Gülle wird deutlich weniger verdient, aber als 'Verdünner' eignet sie sich
immer noch besser als der Rücklauf von Endsubstrat.

Links zum Thema Biogas.

 


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