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@grar.de Aktuell - 01.07.2004

DBV: Gegen Steuererhöhungen und steigende Sozialabgaben für die Landwirtschaft

DBV-Mitgliederversammlung lehnt Kürzungen im Agrarhaushalt ab


Berlin (agrar.de) - Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat sich auf
seiner Mitgliederversammlung entschieden gegen Steuererhöhungen und steigende
Sozialabgaben für die deutsche Landwirtschaft durch überproportionale Kürzungen
im Agrarhaushalt ausgesprochen. Die Delegierten verabschiedeten die Erklärung
'Investitionen und Innovationen sind gefordert – keine Kahlschlag-Politik!', mit
der sie die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag zu einer konstruktiven
und berechenbaren Agrarpolitik auffordern. Danach sind die Bauern bereit, einen
Beitrag zur Entlastung der Staatsfinanzen zu leisten, der gleichwertig mit
anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppen ist. Die jetzigen Pläne zur
Kürzung des Agrarhaushaltes bedeuten jedoch erneut eine einseitige steuerliche
Belastung der Land- und Forstwirtschaft, was kategorisch abgelehnt wurde. Die
Haushaltspläne verschärfen auch die Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der
heimischen Landwirtschaft im EU-Binnenmarkt anstatt sie abzubauen und bieten
keine notwe ndigen ermutigenden steuer-, sozial- und haushalts¬politischen
Rahmenbedingungen. Im Einzelnen heißt es in der Erklärung:

Haushaltsmisere durch Wachstum überwinden!

Der am 23. Juni 2004 vorgelegte Entwurf für den Haushalt 2005 ist ein finanz-,
wirtschafts- und agrarpolitischer Offenbarungseid. Es gelingt nicht mehr,
dringend notwendige Signale für Wachstum, Investitionen und Innovationen in
Wirtschaft und Gesellschaft zu setzen. Nur über wirtschaftliches Wachstum lässt
sich aber die extreme Haushaltsmisere tatsächlich und dauerhaft überwinden. Dazu
ist es dringend erforderlich, eine Politik der Verunsicherung durch eine Politik
der Verlässlichkeit zu ersetzen. Gerade auch die Land-, Agrar- und
Ernährungswirtschaft kann einen entscheidenden Beitrag zur Konjunkturbelebung
und zum Abbau der Arbeitslosigkeit in Deutschland leisten.

Die jetzige Planung des Agrarhaushaltes bedeutet für die deutsche Landwirtschaft
nichts anderes als Steuererhöhungen und steigende Sozialabgaben. Dies negiert
völlig

• die im vierten Jahr rückläufigen Einkommen der Bauernfamilien;
• die tiefgreifende EU-Agrarreform, die die deutschen Bauern sinkenden
Erzeugerpreisen und - durch die nationale Umsetzung – zunehmenden
Wettbewerbsnachteilen in der EU aussetzt;
• die extrem hohen steuerlichen Belastungen der Land- und Forstwirtschaft seit
dem Jahr 1999 insbesondere durch die Ökosteuer auf Diesel, Strom und Gas.

Der Deutsche Bauernverband lehnt deshalb die jetzigen Haushaltsvorschläge der
Regierungskoalition kategorisch ab, weil sie erneut und einseitig die
Landwirtschaft belasten würden. Sie entmutigen 400.000 Bauernfamilien, die mit
hohem Einsatz an Arbeit und Kapital aber auch Verzicht auf Konsum und Freizeit
einen extremen Strukturwandel meistern. Trotzdem gelingt es ihnen mit großem
Engagement neue Märkte, auch bei erneuerbaren Energien, nachwachsenden
Rohstoffen und ländlichen Dienstleistungen, zu erschließen. Dadurch erhalten
mehr als 4 Millionen Menschen Beschäftigung und Arbeit in der gesamten
Produktions- und Handelskette für Nahrungsmittel in Deutschland.

Die deutschen Bauern sind bereit, einen gleichwertigen Beitrag zur Entlastung
der Staatsfinanzen zu leisten. Dabei muss es aber gerecht und fair zugehen. Sie
verweisen darauf, dass

• die deutschen Agrarhilfen im EU-Vergleich am niedrigsten sind und in den
letzten Jahren erheblich zurückgenommen wurden;
• die steuerliche Belastung landwirtschaftlicher Produktionsmittel – allen voran
des Agrardiesels – gegenüber allen wichtigen europäischen Konkurrenten sehr hoch
ist;
• die Bauernfamilien, wie alle anderen Bürger Deutschlands im letzten Jahr auch,
durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz, Eingriffe ins
Alterssicherungssystem, bei der Eigenheimzulage und der Pendlerpauschale sowie
durch Kürzungen steuerlicher Freibeträge empfindlich getroffen wurden.

Zu Recht hat der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in einem
parteiübergreifenden Konsens im Dezember 2003 deshalb neuerliche Sonderopfer für
die Landwirtschaft abgelehnt. Dabei muss es jetzt auch bleiben.

Der Deutsche Bauernverband ruft die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag
dringend zu einer landwirtschaftsfreundlicheren, konstruktiven und berechenbaren
Agrarpolitik auf. Dazu müssen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der deutschen
Landwirtschaft im EU-Binnenmarkt abgebaut, aber auch ermutigende steuer-,
sozial- und haushaltspolitische Rahmenbedingungen durchgesetzt werden. Darüber
hinaus ist die überbordende Bürokratie durch mutige Deregulierung auch in der
Land- und Forstwirtschaft einzudämmen.

Keine Ausgrenzung der Bauern aus der Solidargemeinschaft!

Die geplante Kürzung der Zuschüsse zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung
um 50 Mio. Euro (voraussichtlich erhöht um 50 Mio. Euro globale Minderausgabe)
und die vorgesehene Einschränkung in der Landwirtschaftlichen
Krankenversicherung um 82 Mio. Euro beschwören das Ende der eigenständigen
agrarsozialen Sicherung herauf. Bei in naher Zukunft zwei Rentnern je aktivem
Beitragszahler in der Land- und Forstwirtschaft führen derartige Einschnitte zu
einer unverantwortlichen Überbelastung der verbleibenden aktiven Landwirte. Der
Bund muss deshalb weiterhin ohne Einschränkung zu seiner Verantwortung für die
so genannte Alte Last im Sinne des Generationenvertrages stehen.

Der Deutsche Bauernverband fordert:

Der Bundeszuschuss an die Landwirtschaftliche Unfallversicherung in Höhe von 250
Mio. Euro muss ungeschmälert fortgeführt werden, wie mehrfach in den vergangenen
Jahren politisch zugesagt. Gleichzeitig müssen die Vorschläge des Deutschen
Bauernverbandes zur Anpassung des Leistungsspektrums der Unfallversicherung mit
dem Ziel einer Konsolidierung der Beiträge jetzt von der Bundesregierung
aufgegriffen werden.

Die Defizite in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung bei den
Leistungsaufwendungen für die Altenteiler müssen weiterhin voll vom Bund
getragen werden. Sollte sich der Bund aus dieser Solidarhaftung zurückziehen,
gerät die Stabilität der gesamten agrarsozialen Sicherung in Gefahr. Im Rahmen
der Gleichbehandlung müsste dann auch den pflichtversicherten Landwirten die
Möglichkeit zum Wechsel der Krankenkasse eröffnet werden.

Besteuerung von Agrardiesel senken !

Die geplante Verteuerung des Agrardiesels (287 Mio. Euro) würde zu einer
drastischen Steuererhöhung um 56 Prozent führen. Dies brächte die deutschen
Bauern in einen unaufholbaren Wettbewerbsnachteil gegenüber wichtigen
EU-Nachbarstaaten. Die extreme Überbelastung durch die Ökosteuer würde weiter
erhöht, ohne dass die Landwirtschaft Ausgleichsregelungen, wie sie für die
Industrie bestehen, in Anspruch nehmen kann.

Der Deutsche Bauernverband fordert:

Die Agrardieselbesteuerung ist in Deutschland zu senken und an die Steuersätze
der wichtigsten EU-Wettbewerber Frankreich, England und den Niederlanden
anzugleichen. Auch bei anderen Energieträgern (Strom und Gas) müssen
Erleichterungen für die deutschen Bauern erreicht werden.

Vorfahrt für Zukunftsinvestitionen und Innovationen !

Die geplante Kürzung der Bundesmittel für die 'Gemeinschaftsaufgabe
Agrarstruktur und Küstenschutz' (GAK) um 50 Mio. Euro wird strikt abgelehnt.
Damit würden Neuzusagen in der Investitionsförderung drastisch eingeschränkt.
Gerade zu dem Zeitpunkt, in dem es darauf ankommt, Modulationsmittel nach der
GAP-Reform kozufinanzieren, nimmt sich die Bundesregierung den verbliebenen
Gestaltungsspielraum.

Richtig und nachvollziehbar sind die Planungen des Bundes, die Förderung für
nachwachsende Rohstoffe wieder auf 43,6 Mio. Euro zu erhöhen. Damit werden
richtige Signale für den Ausbau von Bioenergie sowie innovative Forschungs- und
Entwicklungsvorhaben in der Land-, Forst- und Agrarwirtschaft gesetzt.

Der Deutsche Bauernverband fordert:

Bund und Länder müssen ein eindeutiges Zeichen für die Förderung von
Investitionen setzen, Kürzungen in der Gemeinschaftsaufgabe GAK vermeiden und
die Mittel konzentriert für Innovationen in den landwirtschaftlichen Betrieben
einsetzen. Der DBV verbindet damit seine Aufforderung an die
Föderalismuskommission, die Gemeinschaftsaufgabe GAK nicht in Frage zu stellen,
sondern langfristig abzusichern.

Links zum Thema Verbände.

 


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