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@grar.de Aktuell - 24.06.2004

Gentechnikfreie Landwirtschaft formiert sich


Berlin (agrar.de) - Eine gemeinsame Berliner Erklärung zum Umgang mit
der Gentechnik in der Landwirtschaft präsentierten zum Abschluss der Tagung
'Gentechnikfreie Regionen und 'Koexistenz', Sicherstellung gentechnikfreier
Landwirtschaft und Schutz der Biodiversität' über 80 Umwelt-, Natur- und
Tierschutzschutz-, Verbraucher- und Bauernorganisationen.

Vertreterinnen und Vertreter von gentechnikfreien Regionen, aus dem Naturschutz
sowie von Bundes- und Landesbehörden, Unternehmen und Verbänden diskutierten
zwei Tage darüber, wie gentechnikfreie Landwirtschaft und ein effektiver
Naturschutz nach dem Fall des EU-Moratoriums für die Zulassung von gentechnisch
veränderten Organismen (GVO) und im Lichte des neuen Gentechnikgesetzes
realisiert werden können.

Die 15 Punkte umfassende Erklärung fordert u.a. den umfassenden Schutz der
Biodiversität, die Reinhaltung des Saatgutes und Maßnahmen gegen eine künstliche
Verknappung gentechnikfreier Futtermittel, den Schutz gentechnikfreier Regionen
und ein Anbauverbot von Gentechnik in Naturschutzgebieten. Sämtliche Kosten, die
mit einer Einführung der Gentechnik in der Landwirtschaft verbunden sind, seien
von deren Verursachern zu tragen. Verlässliche Mindeststandards für den
GVO-Anbau und die sogenannte Koexistenz müssten auf europäischer Ebene
festgelegt werden, um 'Gentech-Dumping' und Wettbewerbsverzerrungen zu
vermeiden. Solange dürfe es keine neuen Genehmigungen für den Anbau von GVO in
der Landwirtschaft geben.

'Das jetzt im Bundestag verabschiedete Gentechnikgesetz ist ein Meilenstein zum
Schutze der gentechnikfreien Landwirtschaft,' sagte Prof. Hubert Weiger,
Vorsitzender des AgrarBündnis, das zusammen mit der Zukunftsstiftung
Landwirtschaft die Tagung ausrichtete. 'Haftung, Registrierung und Verpflichtung
zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis beim Gentechnikanbau sind besser
geregelt als wir erwartet hatten.'

Dass Sozialdemokraten und Grüne wichtige Teile des Gesetzes davor bewahrten, im
Bundesrat von der CDU im Sinne der Gentechnikindustrie umgeschrieben zu werden,
begrüßte er ausdrücklich.

Allerdings gebe es auch Schattenseiten, wie etwa die Beschneidung der
Kompetenzen des Bundesamtes für Naturschutz beim Zulassungsverfahren. 'Der
Naturschutz darf nicht wieder auf das Niveau der siebziger Jahre zurückgedreht
werden,' warnte Weiger, 'als nach dem Motto verfahren wurde 'Wir werden erst
aktiv, wenn der Schaden bereits eingetreten und zweifelsfrei erwiesen ist'. Das
Vorsorgeprinzip muss in der Praxis und nicht allein in Gesetzes-Präambeln
umgesetzt werden.' Er forderte zugleich eine deutliche Aufstockung der
Forschungsmittel 'für eine ökologische Sicherheitsforschung, die diesen Namen
auch verdient'.

Den Bauern und Konsumenten werden Wahlfreiheit und Transparenz versprochen. Die
Realität sieht bereits heute anders aus, sagte Benedikt Haerlin von der
Zukunftsstiftung Landwirtschaft: 'Geheimer Anbau von Gentech-Mais, keine
Versorgung der Landwirte mit gentechnikfreien Futtermitteln, keine Garantien der
Industrie, ihr normales Saatgut gentechnikfrei zu halten, die Weigerung der
Versicherungswirtschaft, für mögliche finanzielle und Umweltschäden zu haften,
Verunsicherung der Verbraucher bei Milch, Fleisch und Eiern.'

Der Strategie, v.a. durch gentechnische Verunreinigung des Saatgutes und der
Futtermittel vollendete Tatsachen zu schaffen und gleichzeitig zu behaupten,
'die Gentechnik ist ohnehin nicht mehr aufzuhalten', könnten sich die Landwirte
- eingeklemmt zwischen marktbeherrschenden Agrarkonzernen auf der einen und
preisbestimmenden Großabnehmern auf der anderen Seite - alleine nicht erwehren.
'Nur wenn Landwirte, Verbraucher und Naturschützer, aber auch die Gemeinden und
Regionen hier an einem Strick ziehen, werden sie tatsächlich ihre Wahlfreiheit
verteidigen können,' sagte Haerlin.

Die 'Berliner Erklärung' sehen die unterzeichnenden Organisationen als ein
gemeinsames Arbeitsprogramm zur Erhaltung gentechnikfreier Landwirtschaft und
ökologisch sensibler Gebiete und stellen sich darauf ein, dass die
Auseinandersetzung darüber noch Jahre dauern wird.

Links zum Thema Biotechnologie,
Links zum Thema Verbände.

 


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