Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 28.04.2004

Sonnleitner: Cross Compliance ein bürokratisches Ungetüm

Bei Landwirten und in der Verwaltung entwickelt sich enormer Unmut


Berlin (agrar.de) - Ein grundsätzlicher Teil der Reform der Gemeinsamen
Agrarpolitik droht durch die nationale Umsetzung zum bürokratischen Ungetüm mit
einer gravierenden Benachteiligung der Wettbewerbsstellung der deutschen Bauern
zu werden. Hierbei handelt es sich um die Regelungen zur Bindung der
EU-Ausgleichszahlungen an die Vorschriften des Gesundheits-, Umwelt- und
Tierschutzes, Cross Compliance genannt. Die Tragweite dieser umfassenden und
überzogenen nationalen Regelungen für die landwirtschaftliche Praxis wird von
den Politikern in Bund und Ländern unterschätzt. 'Cross Compliance ist für mich
ein Ausdruck des Misstrauens des Staates gegenüber den Bauern - wie er
eigentlich nicht in eine freiheitliche Rechtsordnung passt', kritisierte der
Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Gerd Sonnleitner, auf
einem DBV-Umweltgespräch gestern in Berlin. Die EU-Agrarminister hatten im Juni
2003 mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik eine fortgesetzte Anpassung der
landwirtschaftlichen Produktion an den Weltmarkt mit weiter sinkenden
Erzeugerpreisen beschlossen. Die finanzielle Unterstützung der Direktzahlungen
an die Landwirte werden an die Erfüllung bestehender Rechtsvorschriften des
Verbraucher, Umwelt- und Naturschutzes gebunden.

Sonnleitner machte deutlich, dass es im deutschen wie im europäischen Recht
keine vergleichbaren Beispiele für eine derartige moralische Rechtfertigung von
Beihilfen für einen Wirtschaftsbereich gebe. So sei es unvorstellbar, dass einem
Häuslebauer etwa die Eigenheimzulage gestrichen würde, wenn er nicht
ordnungsgemäß den Müll trennt oder die Heizung nicht regelmäßig vom
Schornsteinfeger abgenommen werde. Mit deutscher Beamtengründlichkeit entwickele
man bei der nationalen Umsetzung von Cross Compliance sogar einen Vorschlag,
wonach zukünftig die untere Jagdbehörde regelmäßig überprüfen müsse, ob der
Landwirt in seiner Freizeit als Jäger in seiner Eigenjagd eine nach
EU-Vogelschutzrichtlinien geschützte Vogelart geschossen habe. Ein eventueller
Verstoß im Rahmen dieser Freizeitaktivität würde dann zu einer Kürzung der
Prämien für seinen Betrieb führen. Das in Deutschland und der EU geltende
Rechtssystem, so Sonnleitner, gehe eigentlich von einem Grundvertrauen gegenüber
seinem Bürger aus, wonach geltendes Recht eingehalten werde. Nur im
Verdachtsverfall bei einem Anlass zur Besorgnis würden bestehende Gesetze
kontrolliert und notfalls sanktioniert. Dieser Grundsatz werde bei Cross
Compliance jedoch auf den Kopf gestellt. Zurzeit würden Bund und Länder die
Schaffung von 50 bis 100 Prüfkriterien erörtern.

Deshalb forderte Sonnleitner Bund und Länder nachdrücklich auf, Cross Compliance
national 'mit Augenmaß' zu gestalten und umzusetzen. Auch wenn aufgrund der
EU-Vorgaben letztendlich zusätzliche bürokratische Belastungen nicht
auszuschließen seien, müssten unbedingt Wettbewerbsverzerrungen für die
deutschen Landwirte innerhalb der EU verhindert werden. Ebenso erweise man sich
einen Bärendienst, wenn die Leistungen, die die deutsche Landwirtschaft im
Umwelt- und Naturschutz und bei der Gestaltung der Kulturlandschaften erbringe,
durch überzogene Cross Compliance-Regelungen gefährdet oder gar aufgegeben
würden. Bei den Landwirten wie in der Verwaltung der Bundesländer entwickle sich
deshalb enormer Unmut.

Inhaltlich geht es bei Cross Compliance um ein Grünlanderhaltungsgebot, 18
Basisanforderungen an die Betriebsführung und Formulierungen zu guten
landwirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen. Einige Umweltverbände hatten
gefordert, Cross Compliance für die Landwirte weiter zu verschärfen. Diese
Bestrebungen gehen offensichtlich in die Richtung einer Extensivierung der
gesamten Landwirtschaft. So forderten einige Umweltverbände, dass erneut
Obergrenzen für den Viehbesatz darüber eingeführt werden.
Links zum Thema Verbände.

 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de