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@grar.de Aktuell - 20.03.2004

Fünf Prozent der baden-württembergischen Landwirte wirtschaften nach ökologischen Kriterien

Meister-Scheufelen: Ökologischer Landbau zeigt markante Unterschiede zu konventionell geführten Betrieben


Stuttgart (agrar.de) - Verschiedene Lebensmittelkrisen in den vergangenen Jahren
haben das Ernährungsbewusstsein der Verbraucher gesteigert und dem ökologischen
Landbau eine günstige wirtschaftliche Perspektive eröffnet. Wie die Präsidentin
des Statistischen Landesamtes, Dr. Gisela Meister-Scheufelen, heute vor
der Presse feststellte, bewirtschafteten im Jahr 2003 von den annähernd 65.800
landwirtschaftlichen Betrieben in Baden-Württemberg knapp 5 Prozent oder gut
3.100 Landwirte nach den Kriterien des ökologischen Landbaus. In 1999 lag ihr
Anteil noch bei 3,8 Prozent. Die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe
ist in diesem Zeitraum um 200 Betriebe oder 6,9 Prozent nur leicht gestiegen.
92.900 Hektar (ha) bzw. 6,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF)
wird von diesen Betrieben bewirtschaftet.

Die EG-Verordnung zum ökologischen Landbau erlaubt neben der Gesamt- auch eine
Teilumstellung klar abgegrenzter Betriebsteile. So setzt sich die
landwirtschaftlich genutzte Fläche der ökologisch wirtschaftenden Betriebe aus
74 900 ha umgestellter Fläche (80,6 Prozent), 5.200 ha in Umstellung
befindlicher Fläche (5,6 Prozent) und 12.800 ha weiterhin konventionell
bewirtschafteter Fläche (13,8 Prozent) zusammen. Über drei Viertel der
Ökobetriebe Baden-Württembergs (2.400 Betriebe) haben ihren Betrieb komplett auf
ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Gut ein Fünftel der Betriebe, die in die
ökologische Bewirtschaftung eingestiegen sind, bewirtschaften Teile ihrer
Flächen auch noch nach konventionellen Kriterien.

Anteil der Haupterwerbsbetriebe im Öko-Landbau um 10 Prozentpunkte höher

Die durchschnittliche Größe eines ökologisch wirtschaftenden Betriebes im
Südwesten lag 2003 bei 30 ha LF und stieg damit in den letzten 4 Jahren um über
10 Prozent (1999: 26,9 ha). Damit liegt die Flächenausstattung der Betriebe des
ökologischen Landbaus um nahezu 40 Prozent höher als die der konventionellen
Betriebe (21,7 ha). »Der Anteil der Haupterwerbsbetriebe im Öko-Landbau liegt
mit 44,3 Prozent um 10 Prozentpunkte höher als im konventionellen Bereich«, so
Dr. Meister-Scheufelen. Weniger als 10 Prozent der Betriebe besitzen eine
Flächenausstattung von 75 und mehr ha LF, bewirtschaften aber ein Drittel der
gesamten ökologisch bewirtschafteten LF des Landes. Über 90 Prozent der
ökologisch wirtschaftenden Betriebe wurden in der Rechtsform Einzelunternehmen -
dem klassischen Familienbetrieb - geführt. Von den 229.800 Arbeitskräften in der
Landwirtschaft Baden-Württembergs waren gut 5 Prozent oder 11.800 Personen in
den Betrieben des ökologischen Landbaus beschäftigt. In Vollzeit erwerbstätig in
der ökologischen Landwirtschaft war immerhin jede fünfte Arbeitskraft, während
im konventionellen Bereich der Anteil deutlich niedriger lag (15,8 Prozent). Der
Anteil der Familienarbeitskräfte lag aufgrund der Dominanz der Familienbetriebe
merklich über 50 Prozent. Neben den Familienarbeitskräften waren 19 Prozent als
ständig Beschäftigte im Betrieb angestellt. Damit liegt deren Anteil um 7
Prozentpunkte höher als im konventionellen Landbau. Jede vierte Arbeitskraft im
ökologischen Landbau war als so genannte Saisonarbeitskraft höchstens drei
Monate im Betrieb beschäftigt.

Anbaustruktur im Öko-Landbau setzt andere Schwerpunkte

Deutliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Wirtschaftsweise zeigen sich bei
der Bodennutzung. 60 Prozent der ökologisch bewirtschafteten LF wird als
Dauergrünland genutzt, der Ackerbau hat mit 38 Prozent eine deutlich geringere
Bedeutung als bei den konventionell wirtschaftenden Betrieben, die 59 Prozent
der Fläche ackerbaulich und lediglich 37 Prozent als Grünland nutzen. Auch der
Anbau auf dem Ackerland wird - als Folge der abweichenden
Fruchtfolgegestaltung - nach anderen Kriterien geplant. Die größte Bedeutung
kommt dabei dem Getreide und den Futterpflanzen zu. Über die Hälfte der
Ackerfläche wird mit den unterschiedlichsten Halmfrüchten bebaut. Wichtigste
Getreidesorte ist der Winterweizen, der ein Fünftel der gesamten Ackerfläche
einnimmt. Auffällig ist der Anteil des Dinkels im Öko-Landbau. Mit knapp 2.600
ha macht er 7,3 Prozentanteil am Ackerland aus, während er in der
konventionellen Landwirtschaft mit weniger als einem Prozent Anbaufläche im Land
nur eine unbedeutende Rolle spielt. Herausragend im ökologischen Landbau sind
die Futterpflanzen mit einem Anbauumfang von 28,4 Prozent. Ihr Anteil an der
ackerbaulich genutzten Fläche ist mehr als doppelt so groß wie im
konventionellen Landbau. Ölfrüchte (vor allem Winterraps) und Gerste liegen weit
unter den Anteilen der konventionellen Betriebe.

Geringere Intensität in der Nutztierhaltung

Mehr als 2.500 Ökobetriebe (81,6 Prozent) hielten Nutztiere. Im Vergleich zu den
konventionellen Betrieben liegt damit der Anteil im Öko-Landbau mit einem Plus
von 18,2 Prozentpunkten deutlich höher. Die Rinderhaltung spielt mit Abstand die
größte Rolle (67,4 Prozent), gefolgt von den Hühnerhaltenden Betrieben (24,3
Prozent) und den Schweinebetrieben mit 17,5 Prozent; die Schafhaltung liegt bei
11,5 Prozent. Die Veredlungswirtschaft (Schweine- und Geflügelbetriebe) mit
ihren meist sehr intensiven Haltungsformen liegt damit im ökologischen Landbau
in seiner Bedeutung weit hinter der konventionellen Landwirtschaft (jeweils über
40 Prozentanteile).

Markant ist die Bedeutung der Ammenkuhhaltung im ökologischen Landbau: Fast zwei
Drittel aller Rinderbetriebe beschäftigen sich mit dieser extensiven Form der
Rindermast. Dagegen steht die Milchwirtschaft, eines der tragenden Standbeine
der heutigen Landwirtschaft, im ökologischen Landbau nicht in vorderster Reihe.
Nur knapp zwei von fünf Betrieben mit Rinderhaltung setzen auf die
Milchproduktion, während es in der konventionellen Landwirtschaft nahezu zwei
Drittel sind. Die deutlichsten Unterschiede in den Bestandsgrößen pro Betrieb
sind in der Schweine- und Geflügelhaltung zu erkennen. Dort liegen die
durchschnittlichen Bestände in den konventionellen Betrieben bis zu sechs Mal
höher. In der Rinderhaltung hingegen gleichen sich die Bestandsgrößen annähernd
(42 bzw. 43 Rinder pro Betrieb), Unterschiede treten erst bei der Betrachtung
der Nutzungsarten auf.

Im Durchschnitt jüngere Betriebsinhaber im Öko-Landbau

Der Umstieg auf die ökologische Betriebsführung bedeutet eine völlige
Neuausrichtung der betriebswirtschaftlichen Abläufe und birgt nicht zuletzt ein
unternehmerisches Risiko. Betrachtet man die Altersstruktur der Betriebsinhaber,
so legt diese den Schluss nahe, dass es vor allem Landwirte mittleren Alters
sind, die diesen Schritt wagen. Sieben von zehn Betriebsinhabern im ökologischen
Landbau sind zwischen 30 und 50 Jahre alt, in den konventionell wirtschaftenden
Betrieben ist lediglich jeder zweite Betriebsinhaber in diesem Alter. Jeder
sechste Betriebsinhaber im konventionellen Landbau war älter als 60 Jahre,
während im Öko-Landbau lediglich jeder elfte in diesem Alter ist. Es bleibt
abzuwarten, inwieweit mit dem altersbedingten Betriebsinhaberwechsel in den
nächsten Jahren (10.300 Betriebe des konventionellen Landbaus mit einem
Betriebsinhaber im Alter von 60 Jahren und älter), auch ein Umstieg auf die
ökologische Bewirtschaftung erfolgt.

Zusätzliche Einkommenskombinationen

Neben den klassischen Produktionszweigen der Landwirtschaft, setzen
landwirtschaftliche Betriebe immer mehr auf ergänzende alternative
Einkommensquellen, wie zum Beispiel Direktvermarktung, Fremdenverkehr,
Pferdepension oder auch erneuerbare Energien. So gibt fast ein Drittel der
Ökobetriebe die Direktvermarktung sowie Verarbeitung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse (Fleischverarbeitung, Käseherstellung, Weinerzeugung etc.) als
zusätzliche Einkommenskombination an. Im Bereich Fremdenverkehr und Beherbergung
von Gästen sind immerhin gut 10 Prozent tätig. Damit übersteigen die Anteile bei
weitem die Angaben aus den konventionellen Betrieben, wo nur gut jeder zwölfte
Betrieb Direktvermarktung anbietet. Beherbergung und Fremdenverkehr liegen im
konventionellen Landbau noch weiter zurück.

Links zum Thema Bio-Landbau,
Links zum Bundesland Baden-Württemberg.

 


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