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@grar.de Aktuell - 17.03.2004

DBV kritisiert unseriöse Anzeige der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft


Berlin (agrar.de) - Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat die heutige
ganzseitige Anzeige der 'Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft' zu
'Agrarsubventionen' und einer angeblich verschwenderischen Agrarpolitik in den
überregionalen Tageszeitungen als unseriöse und irrwitzige Idee sowie als
Verdummung und Irreführung der Öffentlichkeit bezeichnet. Mit spektakulärem
Motiv, das die Grenze des guten Geschmacks überschreitet, und mit irreführenden
Botschaften, der sich der Deutsche Werberat annehmen sollte, will die Initiative
anscheinend eine gesellschaftliche Debatte führen. Die Initiative wird derzeit
von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie getragen.
Medienberichten zufolge soll die 8 Millionen Euro teure Anzeigenkampagne mit dem
Motiv eines auf einem Obstteller trapierten Spanferkels, dem 500-Euro-Scheine
aus dem Maul quellen, wesentlich vom Arbeitgeberverband Metall finanziert worden
sein. Dieser hat durch seine Tarifabschlüsse erst kürzlich, so der DBV, die
Zukunftschancen der standortgebundenen Mittelständler untergraben, zu denen auch
die Land- und Ernährungswirtschaft zählt, die 4,2 Millionen Arbeitsplätze in
Deutschland bietet.

Der in der Anzeige dargestellte Obstanbau und die Schweinehaltung erhalten in
Deutschland und Europa überhaupt keine Subventionen, stellt der DBV klar. Im
Gegenteil, der Schweinezyklus ist ein Beispiel für die Reaktion freier Märkte
nach Angebot und Nachfrage, wie jeder Student spätestens im zweiten Semester
Betriebs- und Volkswirtschaft weiß. Erst ab 2005 sollen diese Produktbereiche
nach dem Gesetzentwurf von Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast
finanzielle Förderung erhalten. Dies wird den Bauern in Deutschland als
dauerhafte und verlässliche Zahlungen für die Landschaftspflege und die
Erhaltung unserer vielseitigen Kulturlandschaft angepriesen.

Der DBV hat keinerlei Verständnis für die Irreführung der Öffentlichkeit mit
einer solchen Anzeige. Die im Anzeigentext genannten 7 Milliarden Euro der EU
gleichen noch nicht einmal 50 Prozent der Verbraucherpreissenkungen aus, die
durch die Weltmarktöffnung der EU bei Nahrungsmitteln entstehen.
Dauerniedrigpreise der Discounter haben die Einkommen hochmotivierter und
investitionsfreudiger junger Landwirte unter das Einkommen von
Sozialhilfeempfängern gedrückt. Diese Direkthilfen der EU werden auch damit
begründet, wettbewerbswidrige Auflagen im Tier-, Natur- und Umweltschutz der
Europäischen Union, ganz besonders aber Deutschlands, zu kompensieren. Nur so
gelingt es, eine nachhaltige europäische Landwirtschaft im Wettbewerb zu halten
gegenüber ausbeuterischen Agrargroßunternehmen in Nord- und Südamerika sowie
Asien. Der Hinweis in der Anzeige auf "preiswertere Agrarprodukte aus
Nicht-EU-Ländern" offenbart sogar, welchen Stellenwert die Mitglieder der
Initiative dem Umwelt- und Tierschutz einräumen.

Auch die Tatsache wird verschwiegen, dass die nationalen Agrarsubventionen (5,45
Milliarden Euro) zu über 80 Prozent dadurch entstehen, dass
strukturwandelbedingte alte Lasten in der Sozialpolitik abgedeckt werden müssen.
Denn die meisten Kinder der Bauernfamilien zahlen infolge des Strukturwandels
nicht mehr in das eigenständige agrarsoziale Sicherungssystem ein, sondern in
das allgemeine Sozialversicherungssystem. Vom Bundesagrarhaushalt kommt noch
nicht einmal ein Viertel über Investitionsförderung bei den landwirtschaftlichen
Betrieben an.

Spanferkel-Essen mag ja bei weltfremden und jeglichem Wettbewerb entrückten
Professoren und Managern von Großunternehmen, die Mitglied der Initiative sind,
ganz interessant sein. Die um ihre Existenz kämpfenden Landwirte mit ihren
großen Leistungen für die Gesellschaft, zum Beispiel in der Landschaftspflege,
haben kein Verständnis für diese Werbekampagne. Versucht doch gerade die
europäische und nationale Agrarpolitik der Landwirtschaft zu vermitteln, dass
die Direktzahlungen an die Landwirte ein dauerhafter und verlässlicher
Kompensationsschritt für die Weltmarktöffnung der Agrarmärkte darstellt. Der DBV
empfiehlt den Unternehmern und den zahlreichen Beratern der Initiative der Neuen
Sozialen Marktwirtschaft, an der Spitze der frühere Bundesbankpräsident Prof.
Dr. Hans Tietmeyer, sich einmal bei landwirtschaftlichen Unternehmern über den
knallharten Wettbewerb auf den Agrarmärkten zu informieren.

Links zum Thema Verbände.

 


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