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@grar.de Aktuell - 04.03.2004

DBV: Cross-Compliance wird zum Kontrollterror und Albtraum für Landwirte

Sonnleitner: Wettbewerbsverzerrungen zwischen Mitgliedstaaten vermeiden


Berlin (agrar.de) - Mit der EU-Agrarreform wird für Millionen von deutschen und
europäischen Bauern und Höfen Schicksal gespielt. Risiken und Nebenwirkungen
wurden weder kritisch bedacht und analysiert noch ausreichend ausdiskutiert. Das
sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd
Sonnleitner, beim 10. Verbandstag des Bauernverbandes Niederlausitz-Spreewald.
Der Berufsstand stehe nun vor der großen Herausforderung der nationalen
Umsetzung, die einen großen Spielraum biete. Zwar habe EU-Agrarkommissar Franz
Fischler stets mit Nachdruck betont, dass die Agrarreform nicht zur Umverteilung
der Prämien und Direktzahlungen tauge, dennoch wolle der Bund und eine Mehrheit
der Bundesländer im Grundsatz die Flächenprämie.

Nach Ansicht des DBV-Präsidenten muss der Gesetzentwurf zur Umsetzung der Reform
der Gemeinsamen Agrarpolitik in der parlamentarischen Beratung deutlich
nachgebessert werden. Die vorgeschlagene Umsetzung sei nicht nur äußerst
kompliziert und verwaltungsaufwändig. Hinzu komme, so die Kritik Sonnleitners,
dass die Wettbewerbslage im Binnenmarkt nicht beachtet werde und kein Einklang
mit den europäischen Nachbarn bestehe. Eine Lösung für die Tierhalter,
insbesondere die Milcherzeuger und Bullenmäster fehle ebenso. Zudem setze sich
der Bund deutlich über die Agrarminister der Länder hinweg, die sich bei Cross
Compliance - der Rückkopplung des Direktausgleichs an die Erfüllung von 18
Verordnungen und Richtlinien im Tier-, Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz -
gegen zusätzliche nationale Belastungen ausgesprochen haben. Damit könnte
Cross-Compliance laut Sonnleitner zum Kontrollterror und Albtraum für Landwirte
und Landwirtschaftsverwaltung werden.

Für den Berufsstand gelte es jetzt, an die wirtschaftenden Betriebe zu denken
und neue Wettbewerbsverzerrungen zwischen Sektoren, Regionen und Mitgliedstaaten
zu vermeiden. Vor allem müsse auch der drohende bürokratische Supergau bei der
Umsetzung von Entkopplung, Modulation und Cross-Compliance verhindert werden.

Dennoch werde, so der DBV-Präsident, die Zukunft der landwirtschaftlichen
Betriebe nicht über die staatliche Transferleistung entschieden. Viel
schwerwiegender seien hier die eigenen Zukunftsvisionen, die Reaktion auf den
Markt und die Innovation. Erschwert werde dies aber in Deutschland, wo jeder neu
gebaute Schweinestall in der öffentlichen Diskussion zur Quelle für
Geruchsbelästigung und nicht für neue Arbeitsplätze wird.

In der Landwirtschaft gebe es hinsichtlich der anstehenden EU-Osterweiterung von
jetzt 15 auf 25 EU-Mitgliedsländer Bangen und Hoffen. Damit werde der weltweit
größte Absatzmarkt mit fast 475 Millionen Verbrauchern entstehen. Gleichzeitig
existiere in den Bewerberländern ein erhebliches landwirtschaftliches Potenzial.
Grobe Marktstörungen seien aufgrund der Festlegung der Flächen- und Tierprämien
sowie der Quoten für Milch, Zucker und Stärke jedoch nicht zu erwarten. Positiv
bewertete der DBV-Präsident die zu erwartende wachsende Nachfrage nach deutschen
höher veredelten Produkten. Oberste Priorität habe für den Berufsstand die
Einhaltung der Standards in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Hygiene,
Umwelt- und Tierschutz in den Bewerberländern und deren sorgfältige Kontrolle
und Überwachung.

Die ausstehende Altschuldenregelung in den Neuen Bundesländern erschwere der
Landwirtschaft das Wirtschaften, betonte Sonnleitner weiter. Grundsätzlich gehe
aus Sicht des DBV der vorliegende Gesetzesentwurf in die richtige Richtung.
Dennoch bedarf es einer ausgewogenen Regelung, die Impulse für Neuinvestitionen
bietet und Arbeitsplätze langfristig sichert. Massive Bedenken habe der
Berufsstand hinsichtlich des rechtlichen Eingriffs in die
Rangrücktrittsvereinbarungen. So seien die zivilrechtlichen Verträge mit
Drittgläubigerschutz durch Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und einer bis
zur 5-fachen Erhöhung des Abführungssatzes nicht akzeptabel. Die Folge wäre laut
Sonnleitner eine erhebliche Beeinträchtigung der Investitions- und
Kreditfähigkeit der betroffenen Betriebe. Neu aufgelebt sei damit auch die
Debatte um die Bodenreform, sowohl bei den Neubauern und deren Erben, wie bei
den Alteigentümern. Entscheidend sei, dass die Rechtspositionen zum Eigentum
sauber geklärt werden müssten. Die juristische Auseinandersetzung sollte dennoch
gelassen betrachtet werden, da ein Eigentümerwechsel vorhandene Pachtverträge
nicht breche. Daher, so der Rat des DBV-Präsidenten, sollten die einzelnen
Unternehmen ihren konsequenten markt- und wettbewerbsorientierten Kurs
fortsetzen.

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