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@grar.de Aktuell - 03.03.2004

Bilanz der Raiffeisen-Genossenschaften 2003: Stabile Umsätze trotz schwacher Konjunktur


Bonn (agrar.de) - Die Raiffeisen-Genossenschaften, tätig in Erfassung,
Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, erzielten 2003
einen addierten Umsatz von 37,2 Mrd. Euro. Das Ergebnis liegt 1,6 Prozent unter
dem Vorjahresergebnis von 37,8 Mrd. Euro. 'Das ist eine beachtliche Bilanz
angesichts der außergewöhnlichen Vermarktungsbedingungen, des drastischen
Einkommensrückgangs in der deutschen Landwirtschaft, der nach wie vor schwachen
Konjunktur sowie ausgeprägten Kauf- und Investitionszurückhaltung', erläuterte
Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV).

'Unsere Unternehmen haben 2003 weit reichende Investitionsentscheidungen
getroffen, um den steigenden Anforderungen des hoch konzentrierten
Lebensmittelhandels und den neuen agrarpolitischen Rahmenbedingungen durch
EU-Agrarreform, Osterweiterung und Globalisierung der Märkte weiterhin gerecht
zu werden. Europa ist längst der Heimatmarkt unserer Unternehmen. Daran werden
die Produktions- und Vertriebsstrukturen ausgerichtet. Die zahlreichen
Änderungen, u. a. des Lebensmittel- und Futtermittelrechts in Bezug auf
Rückverfolgbarkeit, Dokumentation und Verschärfung von Grenzwerten verschärfen
den Kostendruck und das Tempo für Strukturanpassungen', so Nüssel.

Die Wertschöpfungstiefe und das Dienstleistungsangebot werden kontinuierlich
ausgebaut. Strategische Partnerschaften und Fusionen tragen dazu bei, das
Angebot weiter zu bündeln und die Marktposition zu verbessern. Bündelung der
Kräfte bleibt das Gebot der Stunde. 2003 nahm die Zahl der Genossenschaften um 4
Prozent auf 3.285 ab. Noch deutlicher war der Wandel bei den Genossenschaften,
die in Verarbeitung und Vermarktung tätig sind: Ihre Zahl ging um 5,1 Prozent
auf 1.536 zurück.

Warenwirtschaft: Zufrieden stellendes Ergebnis

Die Geschäftsentwicklung 2003 in der genossenschaftlichen Warenwirtschaft war
trotz des äußerst ungünstigen Witterungsverlaufs mit katastrophalen Ernten in
einigen Regionen insgesamt befriedigend. Die wertmäßigen Umsätze lagen mit 16,3
Mrd. Euro rund 2 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Die Vermarktung stand unter völlig veränderten Vorzeichen: Ein außerordentlich
knappes Getreide-Angebot bestimmte nicht nur in Deutschland, sondern in der
gesamten EU und in Osteuropa den Handel. Das führte mit Beginn der Ernte zu
einem kräftigen Anstieg der Getreidepreise. Die Genossenschaften haben in diesem
schwierigen Umfeld mit einer erfolgreichen Vermarktung wesentlich zur
Stabilisierung der Erzeugereinkommen beigetragen.

Weltweit wird im laufenden Wirtschaftsjahr - wie in den vier vergangenen
Jahren - der Getreideverbrauch die Erzeugung deutlich übertreffen. Der DRV
erwartet nach den schwachen Ernten der beiden Vorjahre eine durchschnittliche
Ernte von mindestens 45 Mio. t (2003: 39,5 Mio. t). Durch EU-Osterweiterung,
Abschaffung der Roggen-Intervention und Verwendung von Getreide im
Energiebereich werden sich die Warenströme erneut ändern. Spätestens zur Ernte
2005 erwartet der DRV nach Inbetriebnahme neuer Bioethanol-Anlagen einen
zusätzlichen Bedarf von etwa 1,5 Mio. t Getreide. 'Die
Raiffeisen-Genossenschaften stehen mit ihren Lagerkapazitäten, ihrer
ausgefeilten Logistik und Distributionsleistung als wichtiger Partner in dieser
neuen Wertschöpfungskette bereit', erklärte Nüssel.

Nachwachsende Rohstoffe: Biodiesel im Aufwind

Der DRV setzt sich seit Jahren gegenüber der nationalen und europäischen
Administration für die Fortführung der Steuerbefreiung von Biokraftstoffen ein.
Auch die EU-Kommission hat nun der umfassenden Mineralölsteuerbefreiung für
Biokraftstoffe in Deutschland zugestimmt.

Zur Ernte 2003 schlossen die Genossenschaften mit Landwirten Anbau- und
Lieferverträge für rund 160.000 ha nachwachsende Rohstoffe, die auf
Stilllegungsflächen angebaut werden. Mit Senkung der Stilllegungsrate auf 5
Prozent wird dieses Flächenpotenzial zur kommenden Ernte leicht reduziert.

Einen zusätzlichen Anreiz zum Anbau nachwachsender Rohstoffe hatte der DRV aus
der erstmals gewährten Energiepflanzenprämie in Höhe von 45 Euro/ha erwartet.
Trotz massiver Proteste des DRV ist in den EU-Durchführungsbestimmungen
festgelegt, dass Vertragspartner der Landwirte ausschließlich Erstverarbeiter,
nicht aber Erfassungsunternehmen wie Genossenschaften sein dürfen. 'Der
Kontroll- und Verwaltungsaufwand einhergehend mit erheblichen Kautionsrisiken
steht in keinem Verhältnis zum Prämienvolumen. Deshalb erwarte ich von der
Energiepflanzenprämie keine spürbaren Impulse', kritisierte Nüssel.

Bezugsgeschäft: Wichtiges Standbein

Die Mischfutterproduktion entwickelte sich 2003 regional sehr unterschiedlich.
Zunehmende Tierbestände in der Schweine- und Mastgeflügel-Produktion ließen die
Futtermittel-Herstellung insgesamt ansteigen. Seit dem letzten Quartal 2003
ziehen die Futtermittelpreise deutlich an. Neben dem Ausbau von
Qualitätssicherungs- und Rückverfolgbarkeits-Systemen stellen sich die
Unternehmen auf weitere Auflagen und zahlreiche rechtliche Änderungen ein, z. B.
die Kennzeichnungsvorschriften zur Gentechnik.

Deutliche Umsatzrückgänge prägten das Pflanzenschutzmittel-Geschäft. Die
trockene Frühjahrswitterung führte zu einem geringeren Bedarf an Fungiziden und
Herbiziden. Über Vorjahresniveau bewegten sich die Umsätze bei Düngemitteln und
Saatgut. Insbesondere die Unklarheiten bei der Neuausrichtung der europäischen
und nationalen Agrarpolitik haben die Verunsicherung in der Land- und
Agrarwirtschaft weiter verstärkt. Die Agrartechnik-Sparte leidet unter der
Investitionszurückhaltung der Landwirte.

Vieh- und Fleischwirtschaft: Tief greifende Umstrukturierungen

Im Jahr 2003 gingen die Umsätze in der genossenschaftlichen Vieh- und
Fleischwirtschaft preisbedingt um 3,7 Prozent auf 6,1 Mrd. Euro zurück.
Geringeren Absatzmengen bei Rindfleisch standen Zuwächse in der
Schweinefleisch-Vermarktung gegenüber. Ein schwaches Konsumklima und die starke
Preisorientierung im Lebensmittelhandel prägten den Geschäftsverlauf. Der Anteil
der Discounter und der in SB-Ver-packungen abgesetzten Ware - insbesondere bei
Frischfleisch - hat sich erwartungsgemäß weiter erhöht.

In der deutschen und europäischen Fleischwirtschaft vollzogen sich tief
greifende Umstrukturierungen durch die Zusammenführung von Moksel, Dumeco und
Nordfleisch unter dem Dach der Bestmeat Holding.

'2004 werden die ersten Auswirkungen der EU-Agrarreform auf den Märkten
sichtbar. Die Fleischmärkte werden wiederum geprägt sein vom intensiven
Wettbewerb im SB- und Convenience-Segment, weiteren Wachstum der Discounter zu
Lasten der übrigen Vertriebsschienen, insbesondere des Fachhandels und der
klassischen Supermärkte. Unsere Unternehmen haben sich auf diese Veränderungen
eingestellt und bauen die Wertschöpfungstiefe konsequent aus. Qualität und
Sicherheit haben unverändert höchste Priorität. Unsere Mitgliedsunternehmen
werden den mit QS eingeschlagenen Weg weiter verfolgen', so Nüssel.

Milchwirtschaft: Umsatzplus bei angespannter Rentabilität

Der deutsche Milchmarkt war im Jahr 2003 durch ein deutliches Wachstum der
Milchanlieferungen, positive Verbrauchs- und Ausfuhrentwicklungen, aber auch
anhaltenden Preis- und Kostendruck geprägt. Die Molkereigenossenschaften
verzeichneten ein mengenbedingtes Umsatzplus um etwa 2 Prozent auf rund 10,2
Mrd. Euro. Die Milchanlieferungen lagen mit ca. 27,5 Mio. t rund 2,6 Prozent
über dem Vorjahr und damit auf dem höchsten Niveau seit der Wiedervereinigung.

Der Absatz entwickelte sich im Inland und vor allem im Export positiv. Die
Nachfrage nach Milchfrischprodukten wurde durch den ungewöhnlich heißen Sommer
beflügelt. Käse erreichte erneut Zuwächse im Pro-Kopf-Verbrauch. Bei Butter hat
sich der längerfristig rückläufige Verbrauch stabilisiert. Zum Marktausgleich
musste bei Magermilchpulver die Intervention in Anspruch genommen werden.

Die Absatzsteigerungen erfolgten auf einem niedrigen, unbefriedigenden
Preisniveau. Angesichts des harten Wettbewerbs und eines fortgesetzten, wenn
auch verlangsamten Trends zum Discount konnten sich die Verbraucher über
Schleuderpreise freuen. Die Molkereien waren mit weiteren Kostensteigerungen
konfrontiert, die den Druck auf ihre Rentabilität deutlich erhöhten. Als
Konsequenz gingen 2003 auch die Erzeugerpreise um etwa 1,5 Cent/kg im
Vorjahresvergleich auf 28,5 Cent/kg zurück.

'Diese Entwicklung betrachte ich mit Sorge, zumal die Absicherung des
Milchmarktes, u. a. durch die zum 1. Juli sinkenden Interventionspreise,
wesentlich zurückgefahren wird', so Nüssel.

Weinwirtschaft: Das Jahr der Spitzenweine

Für die Weinwirtschaft war 2003 das Jahr der Superlative. Der außergewöhnliche
Witterungsverlauf mit optimalen Bedingungen für die Traubenentwicklung hat auch
den Winzergenossenschaften einen Spitzenjahrgang mit hohem Prädikatswein-Anteil
gebracht. Mit rund 2,5 Mio. hl (Deutschland ca. 8,3 Mio. hl) war die Erntemenge
unterdurchschnittlich und gegenüber 2002 um fast 20 Prozent geringer.

Kontinuierlich steigt hierzulande der Rotwein-Konsum. Der Marktanteil liegt
mittlerweile bei 51,7 Prozent, der Weißwein-Anteil bei 40 Prozent. Mit 45,2 %
(gesamter Lebensmittelhandel 78,2 Prozent, Aldi 23,3 Prozent) an der verkauften
Weinmenge bauten die Discounter ihre Position 2003 nochmals aus. Als Folge sank
der durchschnittliche Einkaufspreis für alle in Deutschland gekauften Weine um 7
Cent auf 2,87 Euro. Die Winzergenossenschaften haben in diesem schwierigen
Umfeld ihre Marktposition behauptet.

Obst-, Gemüse- und Gartenbau: QS-Prüfzeichen gestartet

Die 117 Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften verbesserten ihren
Jahresumsatz auf über 1,8 Mrd. Euro. Mit ca. 668.000 t war die deutsche
Apfelernte 2003 die schwächste seit dreizehn Jahren. Nach anfänglich sehr guten
Preisen fiel das Niveau merklich ab. Bezogen auf alle Obstarten war die Ernte
insgesamt nur unterdurchschnittlich.

In Deutschland wurden erneut die Gemüseflächen für den Verkaufsanbau um 5,8
Prozent ausgedehnt. Bei den Gartenbau-Erzeugnissen wurde beim Hauptumsatzträger
Topfpflanzen der Umsatz deutlich gesteigert. Die Preise für Schnittblumen gaben
nach.

Abgeschlossen wurden Anfang 2004 die umfangreichen Arbeiten zum QS-Prüfzeichen
'Frisches Obst und Gemüse'. Stufenübergreifende Erzeugungs- und
Vermarktungsketten, regelmäßige neutrale Kontrollen und qualifizierte
Lebensmittelsicherheit, prozessorientierte und produktbegleitende
Basisabsicherung, offen für Teilnehmer im In- und Ausland, das sind die
QS-Grundsätze für den Produktbereich Obst und Gemüse.

Agrargenossenschaften: Ernteverluste und unbefriedigende Erzeugerpreise

Die Betriebsergebnisse der 751 Agrargenossenschaften in Ostdeutschland, die dem
DRV angeschlossen sind, belegen, dass sich deren wirtschaftliche Lage nach zwei
Jahren mit ungünstigsten Witterungsbedingungen erheblich verschlechtert hat. Die
Markterlöse 2002/2003 sanken im Durchschnitt um etwa 12,4 Prozent auf 1,67 Mio.
Euro je Unternehmen.

Für das Wirtschaftsjahr 2003/04 wird wegen der dürrebedingten Ernteausfälle -
bei Getreide und Futter betrugen diese in einigen Regionen bis zu 80 Prozent -
mit erheblichen Ergebnisminderungen gerechnet. Insbesondere die Futterbau- und
Veredelungsbetriebe werden wegen der niedrigen Erzeugerpreise und höheren
Futtermittelpreise zumindest im ersten Halbjahr 2004 weiterhin unter großem
wirtschaftlichem Druck stehen.

In Kürze wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der
Altschuldenregelung im Deutschen Bundestag erörtert. Der DRV akzeptiert im
Prinzip den Ansatz, dass die landwirtschaftlichen Unternehmen mit Altschulden -
Agrargenossenschaften und Molkereigenossenschaften - sich auf dem Wege eines
Vergleichs endgültig von den Altschulden trennen können. Dieser Vergleich sollte
die Rückzahlung eines Teilbetrags der Altschulden beinhalten. Die Höhe muss sich
an der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens orientieren. Die für die Umsetzung
einer solchen Vergleichsregelung im Gesetzentwurf genannten Bedingungen lehnt
der DRV mit Nachdruck ab. 'Für die betroffenen Unternehmen muss eine tragfähige
und endgültige Lösung gefunden werden, die ihre wirtschaftliche Existenz nicht
gefährdet', so DRV-Präsident Manfred Nüssel.

Links zum Thema Landhandel und Genossenschaften,
Links zum Thema Verbände.

 


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