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@grar.de Aktuell - 11.02.2004

Sonnleitner: Tierhalter werden durch Kombimodell zum Verlierer der Agrarreform


Bonn (agrar.de) - Auf der Wissenschaftlichen Akademietagung des Deutschen
Bauernverbandes (DBV) in Bonn sprach sich DBV-Präsident Gerd
Sonnleitner erneut entschieden gegen das von der Bundesregierung vorgeschlagene
Kombimodell aus, da es vor allem die tierhaltenden Landwirte in Deutschland im
Vergleich zu ihren EU-Konkurrenten 'unvermeidlich benachteiligt'. Da es
grundsätzlich kein optimales und kein gerechtes Entkopplungsmodell gebe, habe
der DBV klare Zielsetzungen und Prioritäten gesetzt. Vor dem Hintergrund der
deutschen Landwirtschaft müssten in dem Entkopplungsmodell vor allem die Milch-
und Tierprämien auf einzelbetrieblicher Basis in die Betriebsprämie eingehen.
Eine Umverteilung auf die Fläche dürfe es nicht vor 2009, bei Milch nicht vor
2012 geben, erklärte Sonnleitner. Er zeigte Zuversicht, dass diese Zielsetzungen
und Anliegen auch im Bundesrat Anerkennung fänden.

Sonnleitner verwahrte sich dagegen, dass dem Berufsstand unterstellt würde,
Besitzstände durch eine möglichst lange Beibehaltung des Betriebsmodells wahren
zu wollen. Man wende sich jedoch gegen willkürliche Umverteilungen, damit
getätigte Investitionen nicht schlagartig entwertet werden, wie dies mit dem im
Gesetzentwurf der Bundesregierung entwickelten Kombimodell bezweckt werde. Den
Kardinalfehler jeder Entkopplung sieht Sonnleitner in der Schaffung neuer
'Vermögenswerte'. Auch ein noch so ausgefeiltes Kombimodell mit Gleitflug in ein
regionales Prämienrecht würde handelbare Prämienrechte nicht verhindern. Deshalb
habe der Bauernverband sich immer gegen eine Umwandlung der Direktzahlungen in
Prämienrechte gewehrt und ihre Bindung an den jeweils aktuellen Bewirtschafter
bzw. Tierhalter wie im Betriebsmodell gefordert.

Sonnleiter forderte die Agrarökonomen wie den Wissenschaftlichen Beirat auf,
sich hierzu klarer zu äußern. Denn die Alternative Betriebs- oder Regionalmodell
sei keine verteilungspolitische Frage. Vielmehr entständen erhebliche
Auswirkungen auf die Markt- und Angebotsentwicklungen, stellte Sonnleitner fest.
Das Bild der zukünftigen Landwirtschaft würde sich durch die Entkopplung
erheblich verändern. Auch Marktverzerrungen in erheblichem Ausmaß würden
entstehen, wenn zum Beispiel die EU-Mitgliedstaaten völlig unterschiedliche
Entkopplungsmodelle anwenden würden und zugleich von Land zu Land sehr
unterschiedliche Teile der Tierprämien gekoppelt blieben. Diese Gefahr habe
EU-Agrarkommissar Franz Fischler ebenfalls anerkannt und davor kürzlich in einem
Schreiben an die Landwirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten gewarnt.

Das von Bundesministerin Künast entworfene Kombimodell sei nicht akzeptabel, da
es die Tierhalter in ihrer Wirtschaftskraft schwäche, betonte Sonnleitner. Auch
seien unterschiedliche Zahlungsansprüche zweier gleich großer Betriebe aus
seiner Sicht notwendig und künftig auch gerechtfertigt, wenn es unterschiedliche
Tierbestände auf diesen Betrieben gebe. Ein reiner Flächenmaßstab werde sich,
auch wenn dies in Deutschland diskutiert werde, in Europa auf Dauer nicht
durchsetzen, da die Strukturen zu verschieden seien. Außerdem, so Sonnleitner,
wäre Deutschland am Ende finanzieller Verlierer einer solchen Entscheidung.

Sonnleitner erhofft sich von der Wissenschaftlichen Akademietagung, die der DBV
zusammen mit der Andreas Hermes Akademie veranstaltet, 'neue Denkanstöße' zur
Verknüpfung von Umweltleistungen mit den Direktzahlungen, also zur so genannten
Cross Compliance. Denn die Tragweite von Cross Compliance werde häufig
unterschätzt. Außer der Gefahr eines enormen bürokratischen Aufwandes gäbe es
grundsätzliche Zweifel, ob durch eine einzige Einkommensbeihilfe, nämlich die
Betriebsprämie, gleichzeitig mehrere Ziele erreicht werden könnten, wie die
internationale Wettbewerbsfähigkeit, die umwelt- und naturschutzgerechtere
Erzeugung und die Forderung der Lebensmittelsicherheit. Sonnleitner forderte von
Bund und Ländern, Cross Compliance eindeutig auf die gute fachliche Praxis und
geltendes Fachrecht zu beschränken, was auch Ziel der EU-Verordnung sei, die von
"Grund- und Mindestanforderungen" ausgehe. Das System werde nur handhabbar, wenn
man sich zudem auf wenige fachlich begründete, repräsentative und auch auf den
Betrieb überprüfbare Kriterien beschränke.

Links zum Thema Verbände.

 


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