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@grar.de Aktuell - 04.02.2004

Biologen zum Gentechnikgesetz: Bürokratisch, einseitig und innovationsfeindlich


Braunschweig/Hannover (agrar.de) - 'Die Novelle des Gentechnikgesetzes ist
bürokratisch, einseitig und innovationsfeindlich', kritisieren die Professoren
Rudi Balling und Hans-Jörg Jacobsen. Balling ist Präsident der Gesellschaft für
Genetik (GfG) und wissenschaftlicher Geschäftsführer der Gesellschaft
für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig, Jacobsen ist Präsident
des Verbandes deutscher Biologen (vdbiol) und Professor an der
Universität Hannover. 'Grundsätzlich ist es sinnvoll, endlich die europäische
Richtlinie zur Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in deutsches
Recht umzusetzen. Hier werden aus meiner Sicht jedoch Vorgaben ohne triftigen
Grund verschärft. Mit Innovationsoffensive hat das nichts zu tun', sagt Balling.

Bürokratisch

'Die deutsche Forschung leidet bereits an zuviel Bürokratie. Viele unserer
besten Wissenschaftler ha-ben kaum noch Zeit für Forschung, sie schreiben
Anträge und Berichte oder erstellen detaillierte Projektabrechnungen, die
wiederum intensiv bis zur Briefmarke geprüft werden', meint Balling. Für ihn
führe die Gesetzesnovelle nicht zu Verfahrenserleichterungen oder höherer
Sicherheit, sondern nur zu neuen bürokratischen Hürden. 'Zudem werden neue,
zusätzliche Kontrollinstanzen geschaffen wie das Bundesamt für Naturschutz oder
ein separater Ausschuss für Freisetzungen und Inverkehrbringen. Das erzeugt
zusätzliche Kosten und verzögert Forschung und Entwicklung.'

Einseitig

Die europäische Richtlinie definiert ein Nebeneinander von 'Gentechnik
verwendender Landwirtschaft' mit 'konventioneller' und 'ökologischer
Landwirtschaft'. 'Das Gesetz geht jedoch nur auf vermutete Gefahren ein und die
Chancen durch Erkenntnisgewinn in der Forschung und bessere Produkte bleiben
unberücksichtigt', kritisiert Jacobsen. 'Man könnte fast denken, dass dieses
Gesetz grüne Gentechnik in Deutschland verhindern soll. In der Praxis würde das
durch die zusätzlichen Auflagen vermutlich auch so kommen.' Dafür spreche auch
die kurze Äußerungsfrist von 14 Tagen, in der eine konstruktive Kritik und
Dialog kaum zu leisten sei.

Innovationsfeindlich

Jacobsen weiter: 'Das Gesetz schränkt die Freiheit der Forschung massiv ein,
denn die Bedingungen von Freisetzungen zu wissenschaftlichen und
wirtschaftlichen Zwecken werden gleichgestellt. Das gilt für die Voraussetzungen
ebenso wie für die Rechtsfolgen, zum Beispiel der Haftung. Durch die hohen
Auflagen werden auch die Chancen einer wirtschaftlichen Umsetzung von
Ergebnissen deutlich verringert. Deutschland verabschiedet sich damit aus diesem
zukunftsorientierten Wirtschaftszweig mit großem Markt- und
Arbeitsplatzpotenzial.'

Als besonders ärgerlich empfindet Jacobsen, dass nun die Gefahr drohe, dass
Schlüsselpositionen nicht ausgewogen besetzt würden. 'So werden über viele Jahre
Entscheidungsprozesse beeinflusst. Wie man so eine Innovationsoffensive starten
will, bleibt mir schleierhaft', sagt Jacobsen. 'Wenn sich diese Linie
durchsetzt, kann man der deutschen Wissenschaft nur empfehlen, sich ausländische
Partner zu suchen um eine Verwertung ihrer Forschungsergebnisse sicher zu
stellen.'

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