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@grar.de Aktuell - 04.02.2004

Ernährungs- und agrarpolitischer Bericht 2004 der Bundesregierung

Künast: Die marktbedingte wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft erfordert Innovationen


Berlin (agrar.de) - Erklärung von Bundesministerin Renate Künast:

'Das Jahr 2004 steht - wie das vergangene Jahr - für die deutsche Agrar- und
Ernährungswirtschaft im Zeichen der Reform. Wir werden als erstes Land in der EU
die nationale Umsetzung der EU-Agrarreform beschließen und damit den Landwirten
zu einem frühest möglichen Zeitpunkt die so dringend benötigte
Planungssicherheit verschaffen. Diese Agrarreform beendet die Förderung von
Produktionsmengen. Sie erlaubt es, die Agrarmittel gerechter zu verteilen und
gibt den Landwirtinnen und Landwirten neue Freiräume für marktgerechte
Erzeugung. Sie tut etwas für Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Tierschutz. Sie
stellt die Agrarpolitik wieder vom Kopf auf die Füße. Mit den neuen
Möglichkeiten der Agrarreform und mit der Vielzahl unserer neuen
Förderinstrumente unterstützen wir die Landwirte, die mit innovativen Ideen ihre
Marktposition in dem größer werdenden Europa verbessern und sichern wollen.

Der zweite wichtige Reformmotor ist der Beitritt von zehn neuen EU-Mitgliedern
am 1. Mai. Das bedeutet: Ab dem 1. Mai haben wir einen um rund 75 Millionen
Konsumenten vergrößerten Binnenmarkt. Einen Binnenmarkt mit zunehmend
kaufkräftiger werdenden Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die deutsche Agrar-
und Ernährungswirtschaft ist gut beraten, sich frühzeitig ihren Platz auf diesem
neuen Markt zu sichern. Und der kann meiner Überzeugung nach nur in dem
wachsenden Segment der Qualitäts- und Spitzenerzeugnisse liegen. Unsere
Agrarpolitik setzt deshalb auf konsequente Marktorientierung und Unterstützung
der Landwirtschaft bei der Erfüllung gesellschaftspolitisch wichtiger Aufgaben
sowie der Ausrichtung auf zukunftsgerichtete Erzeugung von Lebensmitteln,
nachwachsenden Rohstoffen oder regenerativer Energie. Gleichzeitig haben wir die
ländlichen Regionen als Ganzes im Auge und fördern Arbeitsmöglichkeiten, die
Landwirtsfamilien zusätzliche Einkommenschancen eröffnen. Wir wissen, das
derartige Hilfen gerade im Augenblick besonders wichtig sind, denn:



Die wirtschaftliche Lage in der Landwirtschaft:

- Die wirtschaftliche Lage in der Landwirtschaft war markt- und
witterungsbedingt in den letzten zwei Wirtschaftsjahren - wie in der
Gesamtwirtschaft - sehr schwierig:
Im Wirtschaftsjahr 2002/2003 sind die landwirtschaftlichen Gewinne gegenüber dem
Vorjahr um 19,8 Prozent auf durchschnittlich 26.957 Euro je Unternehmen
gesunken.

- Dies lag an den witterungs- und preisbedingten Erlöseinbußen bei Getreide,
Milch und Schweinen.
Ausschlaggebend waren spürbar geringere Getreideerträge, gesunkene
Verkaufspreise für Getreide, für Milch und für Mastschweine.

- Ökobetriebe haben sehr viel besser abgeschnitten. Ihre Gewinne gingen im
Wirtschaftsjahr 2002/2003 gegenüber dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr kaum
zurück (-0,6 Prozent). Während die Ökobetriebe einen durchschnittlichen Gewinn
von 33.599 Euro je Unternehmen erwirtschafteten, lag der Gewinn der
konventionellen Vergleichsgruppe lediglich bei 27.569 Euro je Unternehmen.
Wesentlich war, dass sich die niedrigen Schweinepreise im Ökolandbau kaum
auswirkten.

Vorschätzung für 2003/04

Die wirtschaftliche Lage der landwirtschaftlichen Betriebe wird sich
voraussichtlich auch im laufenden Wirtschaftsjahr 2003/04 verschlechtern. Zu
dieser Entwicklung führen vor allem weiter rückläufige Erzeugerpreise für Milch
und geringere Erzeugerpreise für Mastbullen. Die durch Trockenheit bedingten
Mengenverluste bei den pflanzlichen Produkten aus der Ernte 2003 können bei
Getreide und Kartoffeln durch höhere Erzeugerpreise voraussichtlich mehr als
ausgeglichen werden. Deutlich höhere betriebliche Aufwendungen werden als Folge
steigender Einkaufspreise für Saatgut, Dünge- und Futtermittel erwartet.
Infolgedessen wird für die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe insgesamt
mit einem Rückgang der Einkommen in der Größenordnung von 3 bis 8 Prozent
gerechnet.

Die neue agrarpolitische Landschaft

- Die agrarpolitische Landschaft hat sich spätestens 2003 durch die Luxemburger
Beschlüsse zur EU-Agrarreform verändert.
Anders als bei der 1992er Reform und der AGENDA 2000 war die Bundesregierung
wesentlicher Motor der jetzigen Reform
Durch diese Reform wird der Irrweg verlassen, Landwirte in Abhängigkeit von der
Produktionsmenge zu fördern.
Die Förderung wird entkoppelt.

- In ganz Europa wird durch die Modulation Geld frei für gezielte Förderung
ländlicher Regionen, für Innovationen in neue Produkte, tiergerechtere
Haltungsformen, umweltgerechtere Produktionsverfahren und besondere
Qualitätserzeugung.

- Die Kriterien Lebensmittelsicherheit, Tier- und Umweltschutz bestimmen die
Agrarförderung weit stärker.

- Landwirtinnen und Landwirte haben jetzt stärkere Anreize, ihre Produktion
tatsächlich am Markt auszurichten, denn die Höhe der Produktförderung spielt
jetzt keine Rolle mehr.

- Die Bundesregierung sieht darin Perspektiven für die Mehrzahl der heimischen
Landwirte auch im internationalen Wettbewerb.
Für die heimische Land- und Ernährungswirtschaft besteht die größte Chance
darin, gezielt auf die Erzeugung von hochwertigen Qualitätsprodukten zu setzen.
Qualitätssicherung und -orientierung schlagen sich nicht immer sofort im Erlös
nieder, sie sichern aber nachhaltig den Absatz und auf lange Sicht das
Verbleiben im Markt.

- Die Unterstützung neuer Einkommensquellen gehört mit dazu, wenn es darum geht
Perspektiven zu entwickeln.
Neben Dienstleitungen, z.B. im Tourismus und in der Landschaftspflege, haben vor
allem Biomasse und nachwachsende Rohstoffe ein erhebliches Einkommenspotenzial
für die Landwirtschaft und werden deshalb gefördert.
Einkommensalternativen sind mehr als Nischen, sondern je nach betrieblichen
Voraussetzungen, ein wichtiges zusätzliches Standbein, das dazu beiträgt, die
Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern..
Die Modulation gibt uns hier mehr Möglichkeiten.

- Die Strategie, auf nachwachsende Rohstoffe, auf Lebensmittelqualität oder auf
Ökolandbau zu setzen, ist auch im großen Europa und mit Blick auf den Weltmarkt
sinnvoll.
Gerade durch die EU-Erweiterung können neue Absatzmöglichkeiten und Vorteile im
Wettbewerb entstehen.

Perspektiven für Landwirtschaft und ländliche Räume

- Die Bundesregierung schafft trotz der derzeit sehr knappen Steuermittel eine
Reihe von Anreizen für eine nachhaltige Erzeugung sowie die Sicherung der
Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume:
- Die Gemeinschaftsaufgabe 'Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes (GAK)' ist weiter zu einem Instrument der ländlichen Entwicklung
ausgebaut worden.

- Im Zusammenhang mit der Produktion von nachwachsenden Rohstoffen hat die
Bundesregierung ihre Anstrengungen zur Markteinführung der entsprechenden
Erzeugnisse verstärkt.
Forschung und Entwicklung werden auf hohem Niveau fortgeführt, auch um die
zunehmende Rolle der Landwirte als Energiewirte zu stärken.

- Das Projekt Regionen Aktiv - Land gestaltet Zukunft bündelt in 18
Modellregionen alle Möglichkeiten für die eigene Region und es werden Konzept
für die Zukunftsgestaltung auf dem Land entwickelt. Das beinhaltet die Schaffung
zusätzlicher Einkommensquellen, natur- und umweltverträgliche
Landbewirtschaftung und Verbraucherorientierung.

- Durch das agrarsoziale Sicherungssystem (2003 rund 4 Mrd. Euro) ist die
Landwirtschaft in alle Reformvorhaben zur Sicherung und Stabilisierung der
sozialen Sicherung eingebunden.
Die Reformen der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen
Krankenversicherung des Jahres 2003 tragen dazu bei, auch die Alterssicherung
und die Krankenversicherung der Landwirte finanziell zu stabilisieren und durch
Entlastungsmaßnahmen für die Versicherten finanziell tragbar zu halten.

- Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Ökolandbau läuft auch weiterhin
zusätzlich zur Förderung im Rahmen der GAK das Bundesprogramm "Ökologischer
Landbau".

- Auf schätzungsweise 5 der 17 Mio. ha landwirtschaftlicher Fläche in
Deutschland wenden landwirtschaftliche Betriebe freiwillig besonders
umweltfreundliche Verfahren an. Rund 300.000 antragstellende Landwirte werden
mit einem Umfang von rund 689 Mio. Euro durch EU, Bund und Länder gefördert.

- Unser Bundesprogramm 'Tiergerechte Haltungsverfahren' fördert alle diejenigen,
die frühzeitig in artgerechte Haltungssysteme für Legehennen investieren. Durch
die Vergabe von zinsverbilligten Krediten werden hier entsprechende Anreize
gesetzt.

Fazit: Perspektiven für Landwirtinnen und Landwirte durch die neue Agrarpolitik

- Die Agrarwende in Deutschland und Europa ist ein gutes Stück voran gekommen.
Die Einsicht ist gewachsen, dass die Entwicklung innerhalb der Landwirtschaft
der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung folgt.
Die Produktivität ist gestiegen, die internationale Verflechtung der
Agrarwirtschaft mit Agrarhandel und mit der Globalisierung von
Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel hat zugenommen.

- Perspektiven gibt deshalb nur eine Agrarpolitik, die sich nach neuen Kriterien
richtet:

- einer konsequenten Marktorientierung und Stärkung des Verbraucherschutzes,
des Umweltschutzes und des Tierschutzes,

- neuen Schwerpunkten für die Förderung in der Landwirtschaft und der ländlichen
Regionen,

- einer Weltagrarhandelsordnung, die den berechtigten Interessen aller
Beteiligten Rechnung trägt.

Kurzfassung des Berichts 2004

Links zum Thema Agrarpolitik,
Links zum Thema Agrarbericht und Statistik.

 


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