Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 03.02.2004

Landwirtschaftliche Unfallversicherung soll reformiert werden

DBV und Arbeitgeberverband unterbreiten Vorschläge


Berlin (agrar.de) - In einer gemeinsamen Entschließung haben der Deutsche
Bauernverband (DBV) und Gesamtverband der Deutschen Land- und
Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände Reformen zur landwirtschaftlichen
Unfallversicherung gefordert, um deren mittelfristige Finanzierung
sicherzustellen. Die vom erweiterten DBV-Präsidium beschlossene Entschließung
hat folgenden Wortlaut:

'Die landwirtschaftliche Unfallversicherung (LUV) ist eine Pflichtversicherung,
der die landwirtschaftlichen Unternehmer per Gesetz angehören. Neben den
Arbeitnehmern sind auch die landwirtschaftlichen Unternehmer, deren
mitarbeitende Ehegatten und Familienangehörigen versichert.

Eine Vielzahl von land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen hält die Beiträge
zur LUV für zu hoch. Die Beiträge stehen oftmals in keiner Relation zum
Unfallrisiko. Daher ist ein Bündel von Maßnahmen erforderlich, um die Beiträge
zu senken, damit die LUV mittelfristig finanzierbar bleibt.

1. Bundesmittel

Die Bundesmittel sind zumindest in der derzeitigen Höhe von 250 Mio. Euro
gesetzlich festzuschreiben. Die Kürzung der Bundesmittel in den letzten Jahren
von 314 auf 250 Mio. Euro hat die landwirtschaftlichen Unternehmen zusätzlich
belastet, obwohl die derzeitige Rentenlast ca. 440 Mio. Euro beträgt. Der Bund
muss angesichts des Strukturwandels seiner Einstandspflicht für das von ihm
geschaffene Sondersystem gerecht werden.

2. Verwaltungskosten

Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften werden aufgefordert, die
Verwaltungskosten zu senken. Dazu gehört neben der Überprüfung der Notwendigkeit
der sachlichen Verwaltungskosten auch die Einleitung eines dauerhaften
Personalabbaus. Dies erzwingt alleine schon der fortlaufende Strukturwandel.

3. Leistungsspektrum

Das Leistungsspektrum der LUV ist zu reduzieren. Es ist auf eine Absicherung der
wesentlichen und schweren Unfälle zu konzentrieren. Dabei sind neben den
Unternehmern, ihren Ehegatten und Familienangehörigen auch die Arbeitnehmer mit
einzubeziehen. Um den Grundsatz der solidarischen Absicherung nicht zu gefährden
und die bestehenden Beitragszahler nicht zu überfordern, sind u. a. die
folgenden Änderungen des bisherigen Leistungsspektrums erforderlich:

. Wegfall 'Neuer Unfallrenten' bei Unfällen im Rentenalter und bei Bezug einer
Alters- bzw. Erwerbsminderungsrente

Altersrentenbezieher sind bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und
erhalten aufgrund ihres beruflichen Werdegangs eine individuelle Altersrente.
Daher ist ein Erwerbsschadensausgleich nicht mehr erforderlich. Weiterhin soll
die Zahlung einer Unfallrente dann enden, wenn das Rentenalter erreicht wird
oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen wird. Zu prüfen ist,
ob eine Beschränkung auf bestimmte Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus
sozialen Gesichtspunkten notwendig ist.

. Kapitalisierung von Unfallrenten mit weniger als 35 Prozent Minderung der
Erwerbsfähigkeit (MdE)

Die Abfindung eines Rentenanspruchs bewirkt u. a., dass die Kosten unmittelbar
der aktuellen Versichertengemeinschaft angelastet werden. Eine Begrenzung der
Abfindungssumme ist allerdings notwendig, um im Umlageverfahren Einsparungen zu
erzielen. Vorgeschlagen wird eine Begrenzung der Abfindungssumme auf fünf Jahre,
wobei geprüft werden muss, inwieweit das Alter des Anspruchsberechtigten dabei
Berücksichtigung findet.

. Einführung einer Wartezeit von 52 Wochen für Unfallrentenzahlung

Die Einführung einer Wartezeit von z. B. 52 Wochen bedeutet, dass eine
Rentenzahlung nur dann erfolgt, wenn die rentenberechtigende MdE 52 Wochen ab
dem Tag der Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Die Rente wird ab Beginn der 53. Woche
gezahlt.

. Unfallrentenanspruch erst ab 30 Prozent MdE

Nach geltendem Recht haben Versicherte Anspruch auf eine Unfallrente, wenn die
MdE infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem
Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 Prozent gemindert ist. Durch eine
Erhöhung auf 30 Prozent wird ein erhebliches Sparpotenzial freigesetzt. Aufgrund
der Schwere des Eingriffs ist eine freiwillige private zusätzliche Absicherung
anzubieten.

. Herausnahme des landwirtschaftlichen Haushalts

Die Haushalte der Unternehmer und der im Unternehmen Beschäftigten gehören zum
landwirtschaftlichen Unternehmen, wenn die Haushalte dem Unternehmen wesentlich
dienen. Die veränderten Strukturen in der Landwirtschaft bedingen zunehmend,
dass der Haushalt nicht unmittelbar dem landwirtschaftlichen Unternehmen
zugerechnet werden kann. Somit ergeben sich eine Vielzahl von
Abgrenzungsproblemen. Daher und zur Reduzierung der Leistungsausgaben sind die
Haushalte nicht mehr in den Versicherungsschutz einzubeziehen.

. Selbstbeteiligung bei Betriebs- und Haushaltshilfe

Eine obligatorische Selbstbeteiligung bei Betriebs- und Haushaltshilfe ist
einzuführen, um die Inanspruchnahme zu begrenzen und eine Kostenreduzierung zu
erreichen.

. Honorierung der Ärzte in der gesetzlichen Unfallversicherung

Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften werden aufgefordert, die
ärztlichen Gebührenregelungen in der Krankenversicherung und Unfallversicherung
auf dem Niveau der Krankenversicherung anzupassen. Soweit notwendig sind dabei
die unterschiedlichen Zielsetzungen von Krankenversicherungen und
Unfallversicherungen zu berücksichtigen.

. Strenges Kausalprinzip bei Berufskrankheiten

Das Kausalprinzip bei Berufskrankheiten muss streng angewendet und ausgebaut
werden. Die entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten müssen exakt von
'Volkskrankheiten' abgegrenzt werden. Der generelle Abgrenzungsmaßstab muss
dabei sein, dass die entscheidende Ursache für die Berufskrankheit
typischerweise und überwiegend im Berufsleben liegt.

4. Freiwillige Zusatzversicherung

Die dargestellten Änderungen im Leistungsbereich führen zu einer Konzentration
der LUV. Dieser Verringerung des Leistungsspektrums in seiner Gesamtheit ist
durch die Möglichkeit eines bundesweiten Angebots von freiwilligen
Versicherungen durch die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zu
begegnen. Diese sind zentral anzubieten, privatrechtlich auszugestalten und zu
finanzieren. Dabei ist jedoch sicherzustellen, dass es für jeden Teilbereich zu
einer Kostendeckung der freiwilligen Versicherung kommt. Eine Mitfinanzierung
durch Pflichtbeiträge ist auszuschließen.

5. Katasterbereich

In der LUV sind ca. 1,7 Millionen Unternehmen versichert, von denen ca. 900.000
eine Fläche von weniger als fünf Hektar bewirtschaften. Die landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaften werden aufgefordert, die Beiträge für die Unternehmen im
unteren Katasterbereich kostendeckend festzusetzen. Dabei sind nicht nur die
Rentenaufwendungen einschließlich der so genannten Renten-Altlast, sondern auch
die Aufwendungen für Heilbehandlung und insbesondere die Verwaltungskosten
entsprechend zu berücksichtigen.'

Links zum Thema Versicherungen,
Links zum Thema Verbände.

 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de