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@grar.de Aktuell - 02.02.2004

Öko-Institut: Gentechnik-Gesetzentwurf muss nachgebessert werden


Freiburg/Berlin (agrar.de) - Das Öko-Institut legt heute eine
ausführliche Einschätzung und Bewertung des neuen Gentechnik-Gesetzes
vor. Fazit der Stellungnahme: Grundsätzlich ist der von
Verbraucherschutzministerin Renate Künast vorgelegte Entwurf zwar zu begrüßen,
in wesentlichen Punkten muss er aber noch nachgebessert werden. Kritik übt das
unabhängige Umweltforschungsinstitut vor allem an den Haftungsregelungen sowie
an den Regeln zum Umgang mit in Verkehr gebrachten Produkten.

Der Entwurf wird heute in einer Verbändeanhörung diskutiert und soll am 11.
Februar vom Kabinett verabschiedet werden. Danach wird er durch den Bundestag
und den Bundesrat gehen. Die Stellungnahme des Institutes hat die Stiftung
Zukunftserbe in Auftrag gegeben und finanziert.

'Wir möchten mit unserem Kommentar dazu beitragen, dass die Interessen
derjenigen gewahrt werden, die auch in Zukunft ohne Gentechnik wirtschaften
wollen', sagt die Freiburger Gentechnik-Expertin Dr. Beatrix Tappeser.

'Der Gesetzentwurf ist nur ein erster Schritt, die Risiken der Gentechnik in der
Landwirtschaft zu begrenzen. Damit die Schutzvorschriften für konventionelle und
Bio-Bauern wirksam sind, müssen sie noch in wesentlichen Punkten nachgebessert
werden', sagt Andreas Hermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Darmstädter
Forschungsbereich 'Umweltrecht' des Öko-Instituts.

Die Kritikpunkte im Einzelnen:

Haftungsregelungen:

Durch die im Entwurf formulierten Haftungsregelungen wird der 'Krieg auf den
Dörfern' nicht verhindert, sondern lediglich abgemildert. Die Probleme und
Konflikte werden allein bei den Landwirten angesiedelt. Denn der Bauer, der
ungewollt gentechnisch veränderte Anteile in seinem Erntegut findet, muss
Gewinnausfälle bei seinem Gentechnik-Nachbarn einklagen. Er trägt die volle
Beweislast und zudem das Risiko der Rechtsverfolgung. Verliert er vor Gericht,
muss er die Kosten des Rechtsstreits übernehmen. Das Institut plädiert bei einer
GVO-Verunreinigung der Ernte dafür, einen Haftungsfonds einzurichten, mit dem
die Betroffenen entschädigt werden könnten.

Die Gute fachliche Praxis:

Die Gute fachliche Praxis regelt den Anbau von transgenen Pflanzen. Sie legt
fest, was der Landwirt zu tun hat, damit beispielsweise keine Einkreuzungen beim
Nachbarn passieren. Dazu gehören unter anderem Sicherheitsabstände. Die im
Gesetz genannten Mindestgrundsätze für die Gute fachliche Praxis sind nach
Ansicht des Öko-Instituts nicht ausreichend. Die WissenschaftlerInnen empfehlen
deshalb, zusätzlich zwei Grundsätze aufzunehmen. So sollte der Anbau von
gentechnisch veränderten Pflanzen oder die Haltung von GVO-Tieren unzulässig
sein, wenn die Koexistenz im Einzelfall nicht gewährleistet werden kann. Zudem
spricht sich das Institut für ein generelles Minimierungsgebot aus. Das
bedeutet: Die Risiken, die von transgenen Pflanzen oder Tieren ausgehen, müssen
so gering wie möglich gehalten werden. Damit die Einhaltung der Guten fachliche
Praxis gewährleistet wird, müssen sich die Verwender von GVO einem neu zu
schaffenden Zertifizierungssystem unterstellen.

Ökologisch sensible Gebiete:

In ökologisch sensiblen Gebieten müssen die Freisetzung oder der Anbau von
transgenen Pflanzen künftig angezeigt werden. Wenn 'erhebliche
Beeinträchtigungen' vorliegen, kann ein Anbau untersagt werden. Was dies genau
bedeutet, ist jedoch in dem Entwurf nicht näher definiert. Aus
Naturschutzgründen und auf Basis des Vorsorgeprinzips müsste eigentlich ein
Verbot in ökologisch sensiblen Gebieten gefordert werden. Die Bundesregierung
wird aufgefordert, sich dafür auf EU-Ebene einzusetzen.

Öffentlichkeitsbeteiligung:

Wenn gentechnisch veränderte Pflanzen experimentell freigesetzt werden, muss die
Öffentlichkeit einbezogen werden. Dies gilt indes nicht beim so genannten
'Inverkehrbringen'. Das heißt, die viel weiter gehende Entscheidung über die
Vermarktung wird ohne die Öffentlichkeit getroffen. Dieser Widerspruch muss nach
Ansicht des Instituts aufgehoben werden.

Gentechnik-freie Anbaugebiete:

Das Öko-Institut empfiehlt, die Möglichkeit zu schaffen, gentechnik-freie
Anbauflächen auszuweisen. Analog zu den Möglichkeiten im Saatgutbereich könnte
eine Fläche beispielsweise als gentechnik-freies Gebiet für Mais ausgewiesen
werden, um den Anbau von konventionellem Mais zu schützen und die Koexistenz zu
gewährleisten.

Links zum Thema Biotechnologie.

 


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