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@grar.de Aktuell - 23.01.2004

LW-Kammern: Schlechte Einkommenssituation hält an


Bonn (agrar.de) - Auf der Basis der Buchführungsergebnisse für das erste
Halbjahr des Wirtschaftsjahres 2003/2004 legen die Landwirtschaftskammern ihre
Prognose über die wirtschaftliche Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe
für das laufende Wirtschaftsjahr vor. Die Entwicklung der Rahmenbedingungen
lässt weitere Einkommenseinbußen in fast allen Produktionsbereichen erwarten.
Dabei werden die Veredlungsbetriebe, gefolgt von den Futterbaubetrieben, zum
Schlusslicht. Je nach Region und Produktionsausrichtung sinkt das betriebliche
Einkommen im Durchschnitt aller Betriebe um bis zu 20 Prozent ab.

Dürre des letzten Sommers macht dem Süden zu schaffen

In der überregionalen Betrachtung zeigt sich ein Gefälle im Ertrag des
Pflanzenbaus. Während der Nordwesten nur sehr geringe Aufwuchsverluste zu
verzeichnen hatte, sind im Südwesten größere Ausfälle festzustellen. Die
Naturalerträge für Getreide und Raps präsentierten sich aufgrund der
unterschiedlichen Bodenverhältnisse und lokalen Witterungsereignisse zwischen
den Regionen - und teils sogar noch innerhalb - außerordentlich heterogen.

Im Durchschnitt waren die Produktionsmengen bei Zuckerrüben und den Kartoffeln
zufriedenstellend. Die Niederschläge im Spätsommer bzw. im Frühherbst mil-derten
hier stärkere Ertragsverluste ab. Im Bereich der Gemüseproduktion verursachten
die fehlenden Niederschläge deutliche Ertragseinbrüche, sofern keine Beregnung
erfolgte.

Hohe Getreidepreise

Die Preise für Getreide tendieren im laufenden Wirtschaftsjahr deutlich über dem
Vorjahresniveau und legten seit der Ernte um 5 bis 10 Prozent zu. Betriebe mit
Lagerhalterung konnten sogar Preissteigerungen von 30 bis 50 Prozent
realisieren. Da ein großer Teil des Getreides bereits unmittelbar nach der Ernte
verkauft wird, dürfte nur eine begrenzte Zahl der Betriebe in den Genuss der
hohen Preise kommen. Der Rapspreis zog mit etwa 5 Prozent nur geringfügig an.

Bei den Erlösen für Zuckerrüben ergeben sich durch die Witterungseinflüsse
Spannbrei-ten in bisher unbekanntem Umfang. Der reichliche Sonnenschein führte
zu hohen Zuckeranteilen in den Rübenkörpern. Dennoch stimmten im Herbst 2003
sowohl Qualität als auch Quantität nur in den Regionen mit entsprechenden
Regenmengen. In diesen Fällen konnten die Rübenerzeuger ihre Umsätze sogar
erhöhen. In den niederschlagsarmen Gebieten waren die Erntemengen so gering, so
dass auch höhere Zuckergehalte die monetären Verluste nicht mehr ausglichen.

Erwartungsgemäß veränderten sich die Preise für Stärkekartoffeln und
Vertragsware gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig. Somit partizipierte nur der
geringe Teil, die so genannte freie Ware, vom Hoch auf dem Kartoffelmarkt. Die
daraus resultierenden Einkommenseffekte sind zu vernachlässigen.

Zusammenfassend haben die höheren Preise im Norden und Westen zu einer
Einkommensverbesserung der Marktfruchtproduktion um bis zu 40 Prozent geführt.
Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass speziell der Norden im letzten Jahr
durch übermäßige Nässe unter einer schlechten Ausgangssituation litt. Der
Zuwachs darf also nicht überbewertet werden. Die günstigen Aufkaufpreise konnten
im Gegensatz zum Westen (Nordrhein-Westfalen) die deutlichen Ertragsausfälle im
Südwesten, die teils 21 Prozent erreichten, allerdings nicht annähernd
auffangen.

Futtermangel und schlechte Erlöse in der Milchproduktion

Vor allem im Südwesten herrscht Futtermangel. Ausfälle von bis zu einem Drittel
sind dort keine Seltenheit und machen kostenintensive Zukäufe erforderlich. Das
Hoch am Getreidemarkt wirkt zusätzlich verteuernd. In Norddeutschland ist die
Futtersituation witterungsbedingt entspannter.

Noch bevor die im Rahmen der Agrarreform geplante Absenkung des
Interventionspreises greift, gaben die Milchpreise deutlich nach. So mussten die
Betriebe in den letzten zwei Jahren einen Rückgang von zusammen 5 Cent je Liter
hinnehmen. Zusätzlich tendieren Altkühe schwächer am Markt als noch im
Wirtschaftsjahr 2002/03. Alle drei Faktoren - Futtersituation, Preisentwicklung
Milch und Preisschwäche bei Altkühen - in Kombination führen zu spürbar
geringeren Erlösen aus der Produktionsrichtung Milchvieh.

Auch im Bereich der Rindfleischproduktion haben die Preise nachgegeben. Bei
gestiegenen Erzeugerkosten aufgrund des Futtermangels in vielen Regionen
prognostizieren die Kammern rückläufige Erlöse aus der gesamten Rinderhaltung
für 2003/04 zwischen 15 bis 35 Prozent.

Schweinehaltung als Schlusslicht

Nachdem die Ferkelpreise bereits im Vorjahr spürbar nachgaben, droht auch in
2003/04 ein weiterer Rückgang bis zu 10 Prozent. Sie folgen damit dem Trend aus
dem Bereich Mast, in dem auch im letzten Jahr erhebliche Einbußen zu verzeichnen
waren. Dieser Trend scheint sich in abgeschwächter Form fortzusetzen. Allerdings
sind bei Ferkeln und Mastschweinen erhebliche regionale Preisunterschiede
festzustellen.

Bei den Erlösen für Mastschweine hat sich mittlerweile eine Stagnation auf
niedrigem Niveau ergeben. Gegenwärtig erlöst ein Schlachtschwein etwa 125 Euro.
Nach einem ausgesprochen mageren Vorjahr kommen die Schweinehalter nun zunehmend
in wirtschaftliche Bedrängnis. Die gestiegenen Futtermittelpreise verschärfen
die Situation.

Geflügelfleisch und speziell Eier notieren deutlich über Vorjahr. Geflügelhalter
können daher trotz überdurchschnittlicher Futterkosten mit einer Verbesserung
der Einkommenslage rechnen.

Weinbau im Aufwind

Der Weinpreis durchschritt im letzten Jahr die Talsohle und steigt seitdem an.
Im letzten Jahr betrug der Zuwachs 20 Prozent. In diesem Jahr werden 5 Prozent
erwartet.

Die Sommertrockenheit hat sich durch das tiefe Wurzelwerk der Reben quantitativ
kaum ausgewirkt. Dafür stieg die durchschnittliche Qualität der erzeugten Moste
spürbar an. Dieser Zugewinn wirkt sich zusätzlich stabilisierend auf die
Einnahmen aus. Vor allem die Preise für Weißwein zogen an, der das Gros des
Umsatzes ausmacht. Betriebe, die Weinbau lediglich als eine von mehreren
Ausrichtungen betreiben, konnten ihr Einkommen um 10 Prozent verbessern.
Spezialisierte Winzer erzielten einen Erlöszuwachs von über 12 Prozent. Lange
zurückgestellte Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen sind erstmals wieder
möglich.

Aufwand steigt nur moderat

Der allgemeine Betriebsaufwand nimmt im laufenden Wirtschaftsjahr nur
entsprechend der Inflationsrate zu. Viehzukäufe sind günstiger. Einsparmaßnahmen
sehen die Kammern bei Ausgaben für Instandhaltung und Erneuerungsinvestitionen
voraus.

Futtermittel erweisen sich vor dem Hintergrund der hohen Getreidepreise und
hoher Forderungen für Eiweißkomponenten als überteuert. In der
Pflanzenproduktion steigt der Aufwand für Dünger aufgrund höherer
Stickstoffpreise sowie durch die Abnahme der Stilllegung. Die anhaltende Tendenz
speziell im Ackerbau, Arbeiten auszulagern, bedingt höhere Ausgaben für
Lohnunternehmer. Als fehlgeschlagen muss der Versuch gewertet werden, den
Strommarkt zu liberalisieren, um auf diese Weise die Strompreise zu senken. Um
ihre Stromrechnungen begleichen zu können, werden die Unternehmer dieses Jahr
tiefer in die Tasche greifen müssen.

Trauriges Resümee

Nur wenige landwirtschaftliche Unternehmen zwischen Flensburg und Landau werden
im laufenden Wirtschaftsjahr eine Nettorentabilität von 100 Prozent erreichen.
Damit können das verwendete Eigenkapital und die eingesetzte Arbeitszeit nicht
mehr vollständig entlohnt werden. Im Schnitt der Betriebe liegt dieser Kennwert
bei 50 Prozent, vielfach wird selbst dieser niedrige Wert noch unterschritten.
Eine ausreichende Eigenkapitalbildung ist daher nur noch für die Spitzenbetriebe
möglich. Das Investitionsverhalten über alle Betriebe kann unverändert als sehr
zurückhaltend charakterisiert werden. Die Betriebe sind bemüht, ihren Status quo
zu sichern. Wachstumsinvestitionen werden derzeit kaum getätigt.

Wirtschaftlich schlechte Zeiten sind auch Etappen eines verstärkten
Strukturwandels. Die Folge sind die ungewöhnlich hohe Zahl Betriebsaufgaben
sowie eine beschleunigte räum-liche Spezialisierung in der deutschen
Landwirtschaft.

Links zum Thema Wirtschaft,
Links zum Thema Landwirtschaftskammern.

 


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