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@grar.de Aktuell - 22.01.2004

Tierschutz-TÜV für Stallbau gefordert

'Allianz für Tiere in der Landwirtschaft' legt einen ersten Entwurf für die Einrichtung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für Tierhaltungssysteme vor


Berlin (agrar.de) - Auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Internationalen
Grünen Woche (IGW) in Berlin hat die 'Allianz für Tiere in der
Landwirtschaft
' die Einführung eines 'Tierschutz-TÜVs' für
Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen gefordert. Die Allianz hat einen
Eckpunktekatalog vorgestellt, in dem erstmalig die Grundzüge eines
obligatorischen Prüf- und Zulassungsverfahrens beschrieben werden, wie es das
Tierschutzgesetz seit der letzten Novellierung im Jahr 2001 als Möglichkeit
vorsieht (§ 13 a Abs 2 TschG).

Hauptaufgabe des von der Allianz vorgestellten 'Tierschutz-TÜVs' ist die
Sicherstellung der Tiergerechtheit von serienmäßig hergestellten
Stalleinrichtungen und Aufstallungssystemen. Die Marktzulassung soll in Zukunft
vom Ergebnis der Untersuchung einer zentralen, unabhängigen
Tierschutz-Prüfstelle abhängig gemacht werden. Das Verfahren wäre für alle in-
und ausländischen Anbieter obligatorisch und sollte schrittweise auch auf
bereits bestehende Haltungssysteme sowie auf sämtliche Nutztierarten ausgeweitet
werden. Vorgesehen ist eine bundesweit einheitliche Regelung im
Verantwortungsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft (BMVEL).

Der 'Tierschutz-TÜV' soll sicherstellen, dass der Stallbau auf die Bedürfnisse
der Tiere abgestimmt wird und sich nicht nur an den ökonomischen Ansprüchen der
Hersteller und Betreiber orientiert. Verletzungen, gesundheitliche Schäden und
weitere Leiden der Tiere, die auf ein falsches 'Stalldesign' zurückzuführen
sind, können so verhindert werden.

Ein vergleichbares Prüf- und Zulassungsverfahren wird seit 1981 mit großem
Erfolg in der Schweiz angewendet. Es trägt maßgeblich zu einer Verbesserung des
Tierschutzes in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung bei und hat sich
praktisch bewährt. Der Vorschlag der Allianz für Tiere orientiert sich daher
weitgehend an dem 'Schweizer Modell'.

'Das neue Staatsziel zum Tierschutz verpflichtet Bund und Länder dazu, ihre
Anstrengungen zu verstärken, allen Tieren den ihnen gebührenden Schutz zu
gewährleisten und Tierquälerei zu verhindern', erklärt Wolfgang Apel, Präsident
des Deutschen Tierschutzbundes. 'Gerade in der industriellen Massentierhaltung -
aber nicht nur dort - sind die Belastungen für die Tiere bereits systembedingt
besonders groß. Wissenschaftlich fundiert müssen hier kurzfristig die ohnehin
unzureichenden gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Tiere optimal ausgeschöpft
und langfristig unzureichende Rahmenbedingungen verbessert werden', so Apel
weiter. Nur ein bundesweit einheitliches effektives Prüf- und
Zulassungsverfahren für die marktgängigen Aufstallungssysteme und
Stalleinrichtungen könne dies gewährleisten und haltungsbedingte Tierquälerei in
Zukunft unterbinden.

Laut Gesetz trägt der Tierhalter die Verantwortung dafür, dass ein
Aufstallungssystem art- und tiergerecht gestaltet ist. Doch bisher gab es kein
etabliertes Prüfverfahren, um die Tiergerechtheit der auf dem Markt befindlichen
Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen nachzuweisen. 'Mit dem Prüf- und
Zulassungsverfahren geht die Verantwortung stärker auf die Hersteller von
Stalleinrichtungen über, dort wo die Einflussnahme auf die Gestaltung der
Tierhaltungssysteme am größten ist', erläutert Dr. Angelika Zahrnt, Vorsitzende
des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), das neue Verfahren. 'Für
die Landwirtinnen und Landwirte heißt das: das Investitionsrisiko sinkt und die
Arbeitsplatzqualität in den Betrieben steigt.'

'Tiergerechte Haltungsbedingungen wirken sich positiv auf die Gesundheit und das
Wohlbefinden der Tiere aus. Gesunde Tiere sind die Voraussetzung für gesunde
Nahrungsmittel. Daher begrüßen wir den Tierschutz-TÜV', erklärt Frau Prof. Dr.
Edda Müller vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). 'Das Prüf- und
Zulassungsverfahren entspricht dem Wunsch der Verbraucher nach einer
tiergerechten Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere. Damit hat die Irreführung
von Verbrauchern mit dem unbestimmten Begriff der tiergerechten Haltung ein
Ende,' so der Vorstand des vzbv weiter.

'Mit dem geplanten Prüf- und Zulassungsverfahren steht auch die Ethik der
Tierhaltung in Deutschland auf dem Prüfstand', betont Prof. Dr. Franz-Theo
Gottwald, Vorstand der Schweisfurth-Stiftung. 'Der überwiegende Teil der
Bevölkerung hat bereits seit langem den Wunsch und die Erwartung, Lebensmittel
aus einer Landwirtschaft zu beziehen, die das Tier als Mitgeschöpf respektiert
und dies auch in der Haltung der Tiere zum Ausdruck bringt', resümiert Prof.
Gottwald das ethische Anliegen, das mit dem vorgelegten Eckpunktekatalog zur
Einrichtung eines 'Tierschutz-TÜVs' verbunden ist.

Die Allianz für Tiere fordert die Bundesregierung nachdrücklich dazu auf, die
Möglichkeiten zur Verbesserung des Tierschutzes, die das neue Tierschutzgesetz
bietet, zu nutzen und die Einrichtung eines obligatorischen Prüf- und
Zulassungsverfahrens für Haltungssysteme zeitnah in die Wege zu leiten. Der
nächste Schritt auf diesem Weg wäre die baldige Einrichtung eines Runden Tisches
im BMVEL mit Fachleuten aus den Behörden von Bund und Ländern,
Fachwissenschaftlern, Vertretern der Stallbaufirmen und der Landwirtschaft sowie
Vertretern des Tierschutzes, des Umwelt- und des Verbraucherschutzes.

Der Eckpunktekatalog findet sich im Internet als Download.

Links zum Thema Tierhaltung,
Links zum Thema Verbände.

 


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