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@grar.de Aktuell - 11.12.2003

Sonnleitner: Einsicht der Politik für erfolgreiche Landwirtschaft notwendig

Konsequenzen aus der wirtschaftlichen Entwicklung


Berlin (agrar.de) - Ein Ende der systematischen Schwächung landwirtschaftliche
Betriebe und des Agrarstandortes Deutschland forderte der Präsident des
Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, anlässlich der
Vorstellung des Situationsberichtes 2004. Vor der Bundespressekonferenz in
Berlin zeigte Sonnleitner auf, dass die derzeit äußerst schwierige
wirtschaftliche Situation der deutschen Landwirtschaft nicht nur Folge des
Marktes oder der EU-Agrarpolitik, sondern auch durch die nationale Politik
entstanden sei. 'In unserem Land ist die Einsicht der Politik überfällig, dass
wir wieder eine prosperierende erfolgreiche Landwirtschaft brauchen',
schlussfolgerte der DBV-Präsident.

Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2002/2003 sank das Unternehmensergebnis im
Durchschnitt der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe drastisch um 25
Prozent auf 22.900 Euro. Je Familienarbeitskraft wurden damit nur 16.325 Euro
brutto erzielt. Somit verdiente ein selbständig tätiger Landwirt
durchschnittlich nur noch 1.360 Euro brutto je Monat inklusive aller Zahlungen
aus Brüssel und aus dem Berliner Agrarhaushalt. Der Einkommensabstand zur
gewerblichen Wirtschaft habe sich damit auf rund 40 Prozent vergrößert, stellte
Sonnleitner fest.

Als politische Konsequenz forderte Sonnleitner von Bundestag und Bundesrat im
laufenden Vermittlungsausschussverfahren, die von der Bundesregierung geplanten
massiven Sonderopfer für die Bauern zurückzunehmen. Die Bundesregierung plant
für die Bauern Steuererhöhungen beim Agrardiesel, Beitragserhöhungen bei den
landwirtschaftlichen Sozialversicherungen und Bürokratieabbau durch den
geplanten Wegfall der Vorsteuer­pauschale. Dies verschärfe den Druck auf die
Einkommen der Landwirte weiter, betonte Sonnleitner. Deshalb habe der DBV auch
den vom Bundestag beschlossenen Bundeshaushalt mit überproportionalen Kürzungen
von minus 7,4 Prozent im Agrarressort scharf kritisiert. Eine Konsolidierung der
öffentlichen Haushalte und ein Abbau der Verschuldung müsse alle Gesellschafts-
und Wirtschaftsgruppen betreffen und dürfe nicht einseitig zu Lasten der
Landwirte erfolgen.

Das Koch-Steinbrück-Konzept sei folglich bei den Landwirten eher auf Verständnis
gestoßen. Sonnleitner hofft, dass der Vermittlungsausschuss jetzt eine
Gleichbehandlung der Bauern durchsetzen werde.

Die Einkommenschancen und die Wettbewerbsstellung der deutschen Landwirte
dürften zukünftig auch nicht weiter durch nationale Alleingänge verschlechtert
werden. Aktuelle Prüfsteine hierfür seien neben den Steuer- und
Finanzentscheidungen insbesondere die nationalen Verordnungen zur Schweine- und
Hennenhaltung sowie zum Beispiel die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Den
Landwirten gehe es um Regelungen, die hohe Tierschutzstandards und ökonomische
Wettbewerbsfähigkeit gleichzeitig ermöglichten. Mit der
Schweinehaltungsverordnung könnten die Landwirte leben. Der Tierschutz komme zu
seinem Recht, an dessen ständigen Verbesserungen die Landwirte interessiert
seien. Zugleich spiegele die Verordnung jedoch die europäische Regelung wider
und damit die Haltungs- und Wettbewerbsbedingungen in der EU und den wichtigsten
Konkurrenzländern. Deutschland sei in der Schweineproduktion immer noch die
Nummer Eins in der EU. Diese Stellung wolle man auch künftig halten, erklärte
Sonnleitner.

Bei der Hennenhaltung betonte der DBV-Präsident wiederholt, dass der alte
herkömmliche Käfig 'tot ist'. Eine vorbehaltlose wertfreie Prüfung von
Alternativen zur Käfighaltung müsse jedoch möglich sein und werde vom
Berufsstand nachhaltig gefordert. Dazu gehöre auch die Kleingruppenhaltung. Hier
habe der Bundesrat mehrheitlich eine klare Vorgabe gemacht. Alle serienmäßig
hergestellten Haltungssysteme müssten ein Prüfverfahren, eine Art TÜV
durchlaufen. Erst wenn dieses Verfahren eingeführt sei, laufe die bisherige
Käfighaltung zwei Jahre später aus. Sonnleitner bedauerte, dass Ministerin
Künast diesen Beschluss nicht umzusetzen gedenke und die Verordnung nicht
unterschreiben wolle. Er hoffe, dass die Ministerin ihre Haltung noch einmal
überdenke und gemeinsam mit der Wirtschaft und Wissenschaft einen Konsens
anstrebe.

Bei der anstehenden nationalen Umsetzung der EU-Agrarreform sei es das Anliegen
des Berufsstandes, die aktiv wirtschaftenden Betriebe zu stärken. Sonnleitner
zeigte sich sehr beunruhigt darüber, dass in der politischen Diskussion der
Trend zur Festlegung bestehe ohne dass die Folgen auf die landwirtschaftlichen
Betriebe und die vor- und nachgelagerten Bereiche durchgerechnet worden seien.
Den Ansprüchen und Erfordernissen, die der Deutsche Bauernverband an eine Reform
der EU-Agrarpolitik mit der Entkopplung der Direktzahlungen stelle, genüge der
von den Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern kürzlich getroffene
Grundsatzbeschluss eines Kombimodells nicht. Der Berufsstand bestehe darauf,
dass bei der Umsetzung der EU-Agrarreform die aktiv wirtschaftenden Betriebe
gestärkt und die längerfristigen Marktperspektiven und auch das Verhalten der
europäischen Konkurrenz beachtet werde. Sonnleitner erinnerte daran, dass in
einer Anhörung im Bundestag führende Agrarwissenschaftler davor warnten, dass
ein deutscher Alleingang, wie er sich abzeichne, schaden würde.

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