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@grar.de Aktuell - 10.12.2003

EU-Kommission führt vereinfachte Regelung für staatliche Beihilfen im Agrarsektor ein


Brüssel (agrar.de) - Verwaltungsvereinfachung und eine wirksame Überwachung der
Agrarbeihilfen, ohne die Aufsichtsfunktion der Kommission zu schwächen - diese
für alle günstige Situation zu erreichen, ist das Ziel einer Verordnung, die
heute von der Kommission genehmigt wurde. Mit ihr können die Mitgliedstaaten
verschiedene Arten staatlicher Beihilfen im Agrarsektor gewähren, ohne zuvor die
Genehmigung der Kommission einholen zu müssen. Diese Gruppenfreistellung wird
die Umsetzung neuer Agrarbeihilfen beschleunigen, was wiederum die Durchführung
von einzelstaatlichen Programmen zur Verbesserung der Standards in den Bereichen
Umwelt, Tierschutz und Hygiene im Agrarsektor erleichtern wird. Durch die
Verordnung werden die Vorschriften über staatliche Beihilfen nicht verwässert,
und es wird auch künftig keine Beihilfen in Bereichen geben, die mit dem
Binnenmarkt unvereinbar sind. Der Vorschlag sollte deshalb auch nicht als der
Versuch einer Renationalisierung der Agrarbeihilfen missverstanden werden. Auch
künftig werden In der gesamten EU einheitliche Vorschriften für staatliche
Beihilfen im Agrarsektor gelten.

Kommissar Franz Fischler, zuständig für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung
und Fischerei, sagte bei der Vorstellung der Verordnung: 'Nach der
Verabschiedung des GAP-Reformpakets im Sommer schaffen wir jetzt die Vorprüfung
einer breiten Palette staatlicher Beihilfemaßnahmen durch die Kommission ab.
Damit haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Beihilferegelungen sehr viel
rascher einzuführen und damit auch rascher auf neue Herausforderungen zu
reagieren, mit denen die Landwirte konfrontiert sind. Die förmliche Genehmigung
dieser Verordnung erfolgt am gleichen Tag, an dem Kommission den Entwurf für
eine De-minimis-Verordnung für staatliche Beihilfen im Agrarsektor vorlegt
(siehe IP/03/1692). Diese Verordnungen zeigen, dass die Kommission die
Vereinfachung des Agrarrechts mutig und mit Elan in Angriff nimmt.'

Zu den Neuerungen gehört, dass die Mitgliedstaaten für einzelbetriebliche
Investitionen bis zu 55 Prozent der entsprechenden Kosten übernehmen können. Für
Investitionen zur Verbesserung der Tierschutz- und der Umweltbedingungen können
Beihilfen von bis zu 75 Prozent gewährt werden, ohne dass die Kommission zuvor
unterrichtet werden muss. Für Maßnahmen zur Förderung der Erzeugung und
Vermarktung von Qualitätserzeugnissen kann ein Betrieb über drei Jahre insgesamt
bis zu 100.000 Euro erhalten. Noch einmal der gleiche Betrag kann für technische
Hilfe wie Beratungsdienste oder die Teilnahme an Messen und Ausstellungen
gewährt werden.

Im Gegenzug zum Wegfall der Anmeldepflicht müssen die Mitgliedstaaten dann im
weiteren Verlauf aussagekräftige Berichte über die Durchführung der Beihilfen
vorlegen, damit die Kommission prüfen kann, ob die Bestimmungen der Verordnung
eingehalten wurden. Zur Gewährleistung der Transparenz werden alle
freigestellten stattlichen Beihilfen im Internet veröffentlicht, bevor die
Auszahlungen anlaufen. Auf diese Weise können alle Beteiligten sich ein genaues
Bild machen.

Bei Beschwerden wegen eines mutmaßlichen Missbrauchs des neuen Verfahrens kann
die Kommission jederzeit eine Untersuchung in die Wege leiten.

Gruppenfreistellung

Die Verordnung sieht eine Gruppenfreistellung für bestimmte Arten staatlicher
Beihilfen vor, die Landwirten und in der Verarbeitung und Vermarktung
landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätigen Unternehmen gewährt werden und
bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten. Dies bedeutet, dass die
Mitgliedstaaten für diese Beihilfen von der Anmeldepflicht befreit sind. Die
Verordnung gilt für staatliche Beihilfen zugunsten kleiner und mittlerer
Unternehmen (KMU) im Agrarsektor. In Anbetracht der Definition der KMU bis zu
250 Beschäftigte, bis zu 40 Mio. Euro Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme
von 27 Mio. Euro - erfasst sie nahezu alle Betriebe und Unternehmen des
Agrarsektors.

Mehr Transparenz

Die Kommission führt außerdem einen neuen Transparenzstandard ein: Eine
Kurzbeschreibung aller freigestellten staatlichen Beihilfen aus allen
Mitgliedstaaten wird fünf Tage, bevor die Auszahlung der Beihilfe beginnt, im
Internet veröffentlicht. Auf diese Weise können sich die Landwirte und die
sonstigen Beteiligten ein genaues Bild von den staatlichen Beihilfemaßnahmen
machen, die unter die Gruppenfreistellung fallen. Diese Maßnahme gewährleistet
die Transparenz und einen Leistungsvergleich (Benchmarking), ohne schwerfälliges
Anmelde- und Genehmigungsverfahren.

Die neue Verordnung entspricht dem Ziel der Kommission, die Beihilfevorschriften
zu aktualisieren und zu vereinfachen und unnötige Bürokratie abzubauen. Dieses
Ziel findet sich in der Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates, nach der die
Kommission befugt ist, Gruppenfreistellungen für bestimmte Arten von Beihilfen
zu genehmigen. Auf dieser Grundlage hat die Kommission im Jahr 2001 die
Verordnung (EG) Nr. 70/2001 für kleine und mittlere Unternehmen erlassen, die
allerdings nicht für den Agrarsektor gilt. Erste Schritte in Richtung auf
Gruppenfreistellungen im Agrarsektor sind die kürzlich erlassenen Verordnungen
(EG) Nr. 68/2001 über Ausbildungsbeihilfen und (EG) Nr. 2204/2002 über
Beschäftigungsbeihilfen, die beide auch für die Landwirtschaft gelten.

Zusammen mit den Bestimmungen der Artikel 51 und 52 der Verordnung (EG) Nr.
1257/1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums, die den
Mitgliedstaaten bereits weitreichende Möglichkeiten für eine Freistellung von
der Anmeldepflicht bieten, ist diese Gruppenfreistellungsverordnung ein großer
Schritt nach vorne, weil sie eine wirksame Überwachung und eine vereinfachte
Verwaltung im Bereich der Agrarbeihilfen ermöglicht, ohne die Aufsichtsfunktion
der Kommission zu schwächen.

Die heutige Entscheidung der Kommission folgt auf eine breit angelegte
Konsultation, bei der der Entwurf zweimal mit den Mitgliedstaaten erörtert und
außerdem im Amtsblatt zur Stellungnahme veröffentlicht wurde (siehe IP/03/246).

Inhalt der Verordnung

Folgende Beihilfen fallen unter die Verordnung, vorausgesetzt, die in der
Verordnung aufgeführten Sonderbedingungen werden erfüllt:

- Investitionsbeihilfen: Den Landwirten dürfen Investitionsbeihilfen in Höhe von
bis zu 40 Prozent der Investitionssumme gewährt werden. Dieser Satz darf in
benachteiligten Gebieten auf 50 Prozent steigen und bei Investitionen, die von
Junglandwirten getätigt werden, um weitere 10 Prozentpunkte angehoben werden.
Die Beihilfe darf nicht auf bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse beschränkt
bleiben. So würde beispielsweise eine Beihilferegelung speziell für den
Schweinefleischsektor nicht unter die Verordnung fallen. Die Landwirte können
frei entscheiden, in welchem Sektor sie investieren wollen, solange es für die
Erzeugnisse genügend Absatzmöglichkeiten gibt. Beihilfen für Investitionen, die
zu einer Steigerung der Produktionskapazität führen, werden nur bis zu einem
Steigerungssatz von 20 Prozent, gemessen in Großvieheinheiten bzw. Hektar
Anbaufläche, von der Anmeldepflicht freigestellt. Beihilfen in Höhe von bis zu
60 Prozent - in benachteiligten Gebieten bis zu 75 Prozent - dürfen zur Deckung
der Kosten von Investitionen gewährt werden, die dem Schutz und der Verbesserung
der Umwelt, der Verbesserung der Hygienebedingungen in der Tierproduktion oder
der Verbesserung des Wohlergehens von Nutztieren dienen, insoweit diese
Investitionen über die Mindest-EU-Anforderungen hinausgehen. Diese Beihilfen
dürfen sogar auf bestimmte Erzeugnisse beschränkt werden.

- Beihilfen in Höhe von bis zu 100 Prozent der Kosten für die Erhaltung von
Kulturlandschaften und Gebäuden; diese Kosten dürfen einen angemessenen
Ausgleich für die vom Landwirt selbst oder von seinen Arbeitskräften geleistete
Arbeit bis zu einem Höchstsatz von 10.000 Euro jährlich einschließen;

- Beihilfen dürfen auch für die Kosten von im öffentlichen Interesse
durchgeführten Aussiedlungen betrieblicher Einrichtungen gewährt werden;

- Unternehmen, die in der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse tätig sind, dürfen Investitionsbeihilfen in Höhe von bis zu 40
Prozent erhalten; dieser Satz darf in Ziel-1-Regionen auf 50 Prozent angehoben
werden. Die Beihilfe darf nicht auf bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse
beschränkt werden. Beispielsweise würde eine spezielle Beihilferegelung für den
Milchsektor nicht unter die Verordnung fallen. Die Unternehmen können frei
entscheiden, in welchem Sektor sie investieren wollen, solange es für die
Erzeugnisse genügend Absatzmöglichkeiten gibt.

- für die Niederlassung von Junglandwirten darf eine Beihilfe von bis zu 30.000
Euro gewährt werden;

- Beihilfen für den Vorruhestand von Landwirten dürfen gewährt werden, sofern
die landwirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft und endgültig aufgegeben wird;

- Startbeihilfen für Erzeugergemeinschaften oder -vereinigungen dürfen gewährt
werden, wenn der Gesamtbetrag der Beihilfe 100.000 Euro nicht überschreitet und
über fünf Jahre degressiv gestaffelt ist (100 Prozent der zuschussfähigen Kosten
im ersten Jahr, danach jährliche Absenkung um mindestens 20 Prozentpunkte);

- Beihilfen zur Zahlung von Versicherungsprämien dürfen gewährt werden, wenn sie
sich auf höchstens 80 Prozent der Prämienkosten für Versicherungspolicen
belaufen, die ausschließlich zur Deckung von Verlusten aufgrund von
Wetterkatastrophen bestimmt sind, die Naturkatastrophen gleichgestellt werden
können; dieser Satz sinkt auf 50 Prozent der Prämienkosten, wenn die
Versicherung auch sonstige witterungsbedingte Verluste und/oder durch
Tierseuchen oder Pflanzenkrankheiten bedingte Verluste abdeckt;

- Beihilfen von bis zu 100 Prozent dürfen für die durch die Flurbereinigung
tatsächlich entstandenen Rechts- und Verwaltungskosten gewährt werden;

- Beihilfen in Höhe von bis zu 100.000 Euro je Begünstigten über drei Jahre
dürfen als Anreize für die Produktion und Vermarktung von Qualitätserzeugnissen
gewährt werden; diese Kosten dürfen Ausgaben für Marktforschung u.ä., die Kosten
für die Einführung von Qualitätssicherungssystemen sowie entsprechende
Schulungsmaßnahmen, die Gebühren, die von anerkannten Zertifizierungsstellen für
die Erstzertifizierung im Rahmen von Qualitätssicherungs- und ähnlichen Systemen
erhoben werden, sowie die Kosten der von Dritten durchgeführten Kontrollen
umfassen.

- Beihilfen in Höhe von bis zu 100.000 Euro je Begünstigten innerhalb von drei
Jahren dürfen für die Bereitstellung technischer Hilfe im Agrarsektor gewährt
werden. Hierzu gehören die Kosten für die Schulung und Ausbildung von Landwirten
und landwirtschaftlichen Arbeitskräften, die Kosten für die Bereitstellung von
Vertretungsdiensten, die Kosten für Beratungsdienste und die Kosten für die
Organisation von bzw. die Teilnahme an Wettbewerben, Ausstellungen und Messen;

- Beihilfen für den Tierhaltungssektor dürfen bis zu einem Höchstsatz von 100
Prozent der unmittelbar mit dem Anlegen und Führen von Zuchtbüchern
zusammenhängenden Kosten gewährt werden; Gewährt werden dürfen außerdem
Beihilfen bis zu einem Höchstsatz von 70 Prozent der Kosten für Tests zur
Bestimmung der genetischen Qualität oder der Leistungsmerkmale der Tiere, die
von oder im Namen von Dritten durchgeführt werden, sowie Beihilfen bis zu einem
Höchstsatz von 40 Prozent der Kosten für Investitionen in Zuchtstationen und für
die Einführung innovativer Zuchtverfahren oder -praktiken. Beihilfen von bis zu
100 Prozent der Kosten von TSE-Tests mit einer Obergrenze von 40 Euro je zum
Verzehr geschlachtetes Rind.

Die Ausgaben für freigestellte staatliche Beihilfen sind entweder im gleichen
oder in geringerem Ausmaß förderfähig als im derzeitigen Gemeinschaftsrahmen für
staatliche Beihilfen im Agrarsektor vorgesehen.

Die neue Verordnung wird jetzt im Amtsblatt veröffentlicht und tritt 20 Tage
später in Kraft. Sie gilt bis Ende 2006.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zum Thema Gesetze und Verordnungen.

 


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