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@grar.de Aktuell - 09.12.2003

Herber Rückschlag für niedersächsische Bauern


Hannover (agrar.de) - Die Bauern in Niedersachsen mussten im abgelaufenen
Wirtschaftsjahr 2002/2003 einen herben Rückschlag bei der Einkommensentwicklung
hinnehmen. Das berichtet die Landwirtschaftskammer Hannover.

Im Vergleich zum Vorjahr sank das ordentliche Ergebnis (das um außerordentliche
und zeitraumfremde Ergebnisse bereinigte Unternehmensergebnis (Gewinn)) der
landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Niedersachsen gegenüber dem
vorangegangenen Wirtschaftsjahr durchschnittlich um 38 Prozent auf jetzt 22.490
Euro (36.033 Euro) je Betrieb. Hauptursache für das schlechte Ergebnis ist der
Regensommer 2002.

Aus dem ordentlichen Ergebnis müssen landwirtschaftliche Unternehmer private
Steuern, Versicherungen, Lebenshaltungskosten und Altenteilleistungen sowie
Neuinvestitionen bestreiten. Die Zahlen sind das Ergebnis der Auswertung von
1.414 Buchführungsabschlüssen, die von den niedersächsischen
Landwirtschaftskammern jährlich im Auftrag des Bundesministeriums für
Verbraucherschutz Ernährung und Landwirtschaft vorgenommen wird (so genanntes
Testbetriebsnetz).

Keine Betriebsform blieb von der negativen Entwicklung verschont, fast alle
Ertragskennzahlen wiesen eine negative Tendenz auf. Die Bauern ernteten im
Durchschnitt 12,7 Prozent weniger Getreide (63,4 dt/ha) pro Hektar und erhielten
dafür einen Erlös, der im Schnitt um 12 Prozent (10,37 Euro/dt) geringer war als
im Vorjahr. Nicht ganz so drastisch fielen die Ertrags- und Preissenkungen bei
Kartoffeln (Ertrag: - 4,4 Prozent auf 345 dt/ha, Erlös: -12 Prozent auf 7,45
Euro/dt) und Zuckerrüben (Ertrag - 2,2 Prozent auf 540 dt/ha) aus. Besonders
hart traf es die Milchviehbetriebe. Die Milchauszahlungspreise sanken um 13,1
Prozent und betrugen im November 2002 nur noch 30,1 Cent/kg Milch (Nov. 2001:
34,59 Cent/kg). Alle Milcherzeuger zusammen haben so im abgelaufenen
Wirtschaftsjahr rund 200 Mio. Euro weniger Verkaufserlöse erzielt.

Landwirte investieren weniger

Ebenso schmerzlich sind die Zahlen für die Betriebsleiter in
Veredelungsbetrieben: Die Erlöse für Mastschweine gingen um 13 Prozent (120
Euro/Tier) und bei Ferkeln um 19,3 Prozent (46 Euro/Tier) zurück. Nur der Erlös
für männliche Rinder stieg leicht um 5,1 Prozent auf 819 Euro (Vorjahr: 779
Euro) je Tier. Etwas Entspannung brachten dagegen leicht niedrigere Kosten für
Dünger (- 6,5 Prozent), Pflanzenschutz (- 3,1 Prozent) und Futtermittel (- 4,4
Prozent). Saat- und Pflanzgut dagegen verteuerte sich um 10,3 Prozent auf
durchschnittlich 75 Euro/ha. Als Konsequenz dieser negativen Zahlen ist die
Investitionstätigkeit der Landwirte in Niedersachsen fast zum Erliegen gekommen.
Nur noch durchschnittlich 1.700 Euro je Betrieb haben die Statistiker als
Investitionssumme für Neuanschaffungen ermittelt. Im Vorjahr waren das immerhin
noch 5 400 Euro/Betrieb.

Hauptursache für das schlechte Ergebnis sind die Rekordregenfälle des Sommers
2002 von Juli bis September, in denen in manchen Regionen Niedersachsens ein
Vielfaches der 'normalen' Wassermenge auf die Felder niederstürzte. Nicht nur
der Ertrag hat unter den schlechten Bedingungen gelitten, auch die Qualität der
Ernteprodukte blieb vielfach weit hinter den geforderten Standards zurück. Große
Partien Getreide hatten nur noch Futterwert, durch das somit anfallende
Überangebot an Futtergetreide fielen die Getreidepreise auf Tiefststände.

Auf das Regenjahr 2002 folgte bekanntlich die Dürreperiode des Sommers 2003,
deren Folgen sich allerdings erst in den Jahresabschlüssen 2003/2004 schwarz auf
weiß wiederfinden werden. Die Vorausschau auf die Buchabschlüsse des laufenden
Wirtschaftsjahres beurteilen die Fachleute der Landwirtschaftskammern wenig
verheißungsvoll.

Zumindest die Ernte in Niedersachsen ist differenziert zu betrachten. Nach den
vorläufigen Ergebnissen liegt die Getreideernte trotz der Sommertrockenheit um
2,4 Prozent über der von 2002. Die Qualitäten bei Brotgetreide sind gut.
Brotweizen und Brotroggen werden ausreichend zur Verfügung stehen. Die
Getreidemärkte tendieren anhaltend fest. Auf dem jetzt bereits erreichten
außerordentlich hohen Niveau gibt es zwischen Brot- und Futtergetreide kaum noch
Preisunterschiede.

Regionale Unterschiede

Im Kartoffelland Niedersachsen (44 Prozent der Gesamtkartoffelfläche
Deutschlands) waren die Erträge 2003 regional sehr heterogen. Während die
Erträge auf guten Standorten und vor allem auf beregneten Flächen oft sogar
vergleichsweise hoch lagen, verzeichneten vor allem die Gebiete westlich der
Weser sehr hohe Einbußen bei Industriekartoffeln. Insgesamt wird mit einer
Ernte von 4,6 Millionen Tonnen gerechnet. Das sind allerdings trotz erneut
größerer Anbaufläche 6,7 Prozent weniger als im schon schwachen Vorjahr.

Die Veredelungsbetriebe müssen in der Prognose für das aktuelle Wirtschaftsjahr
den Gürtel noch einmal enger schnallen. Das wird nicht in allen Betrieben
möglich sein, denn immer öfter fehlt sogar die nötige Liquidität, um anfallende
Rechnungen zu begleichen. Dazu kommt, dass zugekauftes Futter teurer wurde. Die
Schweinemäster können ihre gestiegenen Kosten jedoch nicht durch höhere
Schlachtpreise ausgleichen. Im Gegenteil, wegen fehlender Nachfrageimpulse gibt
es bei Schlachtschweinen vorerst kaum Spielraum für nachhaltige Befestigungen
der gegenwärtig recht niedrigen Erzeugerpreise.

Die deutsche Rindfleischerzeugung wird in diesem Jahr so gering ausfallen wie
seit 30 Jahren nicht mehr. Nachdem das Jahr für die Bullenmäster mit festen
Preisen sehr gut begann, kam es im weiteren Jahresverlauf zu den saisonal
üblichen Preisschwächen. Anders als in den Vorjahren fand zum Herbst keine
Preiserholung statt. Durch den schwachen Dollar sind in den zurückliegenden
Wochen beträchtliche Mengen von Rindfleisch aus Drittländern - insbesondere aus
Südamerika - auf den deutschen Markt gekommen. Die Steigerung der nach Deutschla
nd importierten Mengen beträgt etwa zehn Prozent.

Der Trend der sinkenden deutschen Rindfleischerzeugung wird sich nach Ansicht
der Marktbeobachter der Landwirtschaftskammern auch 2004 fortsetzen. Mit einer
Erholung der Preise bis auf Vorjahresniveau ist nicht zu rechnen, da zunehmend
Mengen aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt werden. Insbesondere im Zuge
der Osterweiterung - der Europäischen Union - könnten die deutschen Rinderpreise
unter Druck geraten. Denn mit dem Beitritt der acht osteuropäischen Länder im
Mai 2004 wächst die in der erweiterten Europäischen Union produzierte
Rindfleischmenge um etwa zehn bis zwölf Prozent.

Die wirtschaftliche Lage der Futterbaubetriebe wird sich mittelfristig ebenfalls
nicht verbessern. Mit einem Anstieg der Milchpreise ist in den nächsten Monaten
kaum zu rechnen. Die Preise für die meisten Milchprodukte liegen derzeit nur
wenig oberhalb der Interventionsverwertung. Bei Butter und Magermilchpulver
haben sich bereits wieder erhebliche Interventionsbestände angesammelt. Die
Milchanlieferung ist noch unerwartet hoch. Trotz des trockenen Sommers lag die
Anlieferung in Deutschland von April bis September über der Vorjahreslinie. Im
Falle einer ungebremsten Produktionsentwicklung droht eine Überlieferung der
Kontingente. Nur wenn die Erzeugung jetzt schnell gedrosselt wird, dürften
Superabgaben zu vermeiden und eine spürbare Stabilisierung der Milchpreise
erreichbar sein.

Links zum Thema Wirtschaft,
Links zum Bundesland Niedersachsen.

 


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