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@grar.de Aktuell - 26.11.2003

BÖLW: Alternativen für die Lebensmittelproduktion ohne Gentechnik bestehen noch


Berlin (agrar.de) - 'Diese Veranstaltung hat Mut gemacht!' so fasste Dr. Felix
Prinz zu Löwenstein, Vorsit-zender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft
(BÖLW) die Jahrestagung des Ver-bandes zusammen, in dem die
Anbauverbände der Öko-Landwirtschaft und der Verarbeiter und Händler mit
biologischen Lebensmitteln zusammengeschlossen sind. 'Wir haben noch viele
Alternativen und Optionen, um den Einzug der Gentechnik auf unsere Felder und
auf unseren Teller zu verhindern', begründete er diesen Eindruck.

Auf der Herbst-Tagung des BÖLW am 25.11.2003 im Berliner Umweltforum konnten
über 150 Teilnehmer erfahren, welche Strategien in Deutschland, in den USA und
in England, sowie in Österreich angewandt werden, um einer schleichenden
Verunreinigung gentechnikfreier Lebensmittel mit gentechnisch veränderten
Organismen den Weg zu verstellen. Dabei wurde deutlich, dass Vertreter der
ökologischen ebenso wie der konventionellen Lebensmittelwirtschaft am gleichen
Strang ziehen. 'Für den Verbraucher ist kein Nutzen gentechnisch veränderter
Produkte erkennbar, wohl aber fürchten sie ein Risiko' erklärte der
Geschäftsleiter der größten deutschen Maismühle, Franz Engelke. Um dem gerecht
zu werden bemüht sich das Unternehmen erfolgreich, gentechnische
Verunreinigungen zu minimieren und erschließt sich dadurch erhebliche Chancen
auf Märkten, die z.B. aus den USA oder Kanada nicht mehr beliefert werden
können - so z.B. in Japan und Skandinavien. Gundula Azeez, Expertin der
englischen Ökolandwirtschafts-Organisation, berichtete von einem dramatischen
Stimmungswandel in ihrem Heimatland: Die anfängliche Euphorie über die Chancen
der Gentechnik ist nach Veröffentlichung von Studien über deren Auswirkung einer
breiten Ablehnung in der Bevölkerung gewichen. Praktisch alle englischen
Lebensmittelketten weigern sich nun, gentechnisch veränderte Produkte
einzusetzen.

Auch die Politik war auf der Tagung gefragt, denn 'in diesen Tagen werden die
Würfel geschüttelt" Damit bezeichnete Löwenstein, dass einerseits in anstehenden
Entscheidungen zur EU-Saatgutrichtlinie und zum deutschen Gentechnikgesetz
derzeit die Weichen gestellt werden müssen, andererseits von der Politik keine
klaren Signale zu hören sind. 'Wenn Koexistenz zwischen Produktion mit und ohne
Gentechnik nicht zur Anti-Kontaminations-Strategie wird, wird sie zur
K.O.-Existenz, dem Aus für Biobauern und konventionelle Landwirte' so beschreibt
der Vorstandssprecher des BÖLW und Bioland-Bundesvorstand Thomas Dosch die
Gefahr, wenn jetzt falsche Entscheidungen getroffen werden. Der Staatssekretär
im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft,
Matthias Berninger konnte diese Unsicherheit nicht zerstreuen. Auch die
Vertreter der Europäischen Parlamentes, Evelyn Gebhardt und Friedrich Wilhelm
Graefe zu Baringdorf konnten nur darauf verweisen, daß die Kommission sich darum
gedrückt hat, die Anwendnung der Gentechnik zu regeln. 'Dies ist ein
Armutszeugnis für die Kommission', so Gebhardt.

In dieser Situation ist eine Einführung der Gentechnik auf Deutschlands Äcker
nicht zu verantworten. 'Solange die Fragen der Koexistenz und der Haftung für
Schäden durch Vermischung gentechnikfreier Lebensmittel mit mit GVO nicht
geklärt sind, darf das Anbaumoratorium nicht fallen", so der Präsident des
Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner auf der Tagung. 'Ohnehin sehen
Bauern keine Vorteile in dieser Technologie. Auch ich würde auf meinem Hof
derzeit gentechnisch veränderte Pflanzen deshalb nicht anbauen' erklärte er in
der Podiumsdiskussion.

Wolfgang Gutberlet, Vorstandsmitglied des BÖLW und Inhaber einer
Supermarkt-Kette und von Verarbeitungsunternehmen, wurde noch deutlicher: 'Die
Politik lässt uns im Stich. Sie verspricht uns Koexistenz, obwohl es die in der
Natur gar nicht geben kann, statt klar zu sagen, dass es um Freisetzung geht!
Daher werden wir für unsere Eigenmarken eben-so wie für die von unseren
Betrieben hergestellten Produkte keine Gentechnik einsetzen.'

Die im BÖLW zusammengeschlossenen Verbände werden ihre Aktivitäten weiter
verstärken, um den Diskussionsprozess voranzubringen. Sie wollen Vorschläge für
Handlungs- und Unterlassungspflichten derjenigen machen, die mit Gentechnik
umgehen, Solche Pflichten müssten verbindlich geregelt, ihre Einhaltung
kontrolliert und ihre Missachtung bestraft werden, damit ein maximaler Schutz
der Produktion ohne Gentechnik sicher gestellt ist. Sie wollen Initiativen von
Landwirten, die sich freiwillig zu 'gentechnikfreien Zonen' zusammenschließen
unterstützen und sehen eine zentrale Aufgabe darin, Verbraucher und Landwirte
darüber aufzuklären, dass und warum heute die Option auf dem Spiel steht, auch
in Zukunft natürliche Lebensmittel, deren genetische Grundlagen nicht technisch
manipuliert wurden, erzeugen
und essen zu können.

Links zum Thema Biotechnologie,
Links zum Thema Bio-Landbau.

 


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