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@grar.de Aktuell - 24.11.2003

Tierschutzbund bezeichnet Gutachten pro Käfighaltung als 'dubios und unwissenschaftlich'

Mahnung an die Bundesländer - Kampf für die Freiheit der Hühner und Schweine geht in die entscheidende Phase


Bonn (agrar.de) - In dieser Woche wird der Bundesrat darüber entscheiden, ob das
eigentlich für Ende 2006 vorgesehene Verbot der Käfighaltung von Legehennen
wieder aufgehoben wird. Dies ist der Wunsch mehrerer Bundesländer. Zudem wird
die Länderkammer über eine neue Schweinehaltungsverordnung entscheiden. Einzelne
Bundesländer wollen die aus Tier- und Verbraucherschutzsicht dringend
notwendigen Verbesserungen blockieren. Der Deutsche Tierschutzbund
warnt die Bundesländer erneut, durch eine Ablehnung der Verbesserungen und der
Wiedereinführung der Käfighaltung von Legehennen der 'Tierqual in Deutschland
einen roten Teppich auszurollen'.

Nach dem Willen einzelner Bundesländer soll sich der am Freitag tagende
Bundesrat für die Wiedereinführung der tierschutzwidrigen Käfighaltung für
Legehennen aussprechen. Diese ist bisher ab Ende 2006 verboten. Die jeweiligen
Landesregierungen wollen unter anderem die Kleingruppenhaltung zulassen, die
nichts anderes als ein beschönigender Begriff für so genannte ausgestaltete
Käfige ist. Auf mehreren Etagen werden in der Haltungsform pro Käfig ca. 40 bis
60 Hennen untergebracht. Alle Hennen müssen sich ein Nest, eine
Sandbademöglichkeit und Sitzstangen teilen. Der ausgestaltete Käfig biete also
kaum mehr Platz als ein herkömmlicher Käfig.

'Die Befürworter der Qualhaltung Käfig berufen sich immer wieder auf ein
Gutachten der Tierärztlichen Hochschule Hannover, das nachweisen will, dass
Legehennen im Käfig besser aufgehoben seien als in alternativen Haltungssystemen
wie der Freilandhaltung. Dort sollen angeblich bestimmte Erkrankungen und
Kannibalismus häufiger auftreten. Dieses Gutachten würde einer unabhängigen
Überprüfung nicht standhalten. Das ist bewusste Irreführung der Öffentlichkeit.
Käfig bleibt Käfig', kommentiert Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen
Tierschutzbundes, den offenbar verzweifelten Versuch der Käfigbefürworter in
Ländern, die Öffentlichkeit zu täuschen.

Der Deutsche Tierschutzbund hat diese Studie jetzt genauer geprüft. Das
Ergebnis: Die Studie sei nicht geeignet, eine allgemeingültige Bewertung des
Gesundheitszustandes der verschiedenen Haltungssysteme zu liefern, stellt der
Deutsche Tierschutzbund heute in Bonn klar. Die Studie sei unter wesentlicher
Mitwirkung der Geflügelwirtschaft zustande gekommen. So wurde die
Niedersächsische Geflügelwirtschaft mit der Treuhandstelle betraut und die
fachliche Beratung wurde durch den Bundesverband Deutsches Ei geleistet, die
sich aus Kostengründen nicht von den Käfigen lösen wollen. Zweifel an der
Neutralität und Unabhängigkeit einer Studie, die von dieser Seite 'unterstützt'
wird, sind mehr als angebracht. Alternative Haltungssysteme kommen in der Studie
vor allem aus folgenden Gründen schlecht weg: In die Studie sind aller
Wahrscheinlichkeit nach überzüchtete braune Rassen eingegangen, die für
Verhaltensstörungen und Gesundheitsstörungen anfälliger sind. Die eingesetzten
Legehennen sind offenbar im Käfig aufgezogen worden. Dort entsteht in Folge von
ödem Lebensraum und Langeweile fehlgeleitetes Pickverhalten auf die Artgenossen.
Federpicken und Kannibalismus bleiben dann auch unter artgerechten
Haltungsbedingungen bestehen.

Die Organe der Eierindustrie behaupten fälschlicherweise, die Studie belege,
dass die ausgestalteten Käfige eine tiergerechte Haltungsform darstellten. Dies
ist jedoch nicht der Fall, denn in der Studie wird keine Aussage zu
ausgestalteten Käfigen gemacht. 'Mir ist ohnehin keine ernst zu nehmende
Untersuchung bekannt, die Tierschutz-Argumente für diese neue Käfigform liefern
kann', erklärt Apel.

Auch in der Frage der zukünftigen Regelung zur Schweinehaltung in Deutschland
wollen sich einzelne Landesregierungen am kommenden Freitag gegen Verbesserungen
für den Tier- und Verbraucherschutz sperren. So sollen die Schweine auch
weiterhin in Dunkelställen und auf einer Fläche von 0,75 m2, das entspricht etwa
der Größe eines Kinderbettes, gehalten werden können. Bundesministerin Renate
Künast hat dagegen einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der zumindest einige
wenige Verbesserungen für die Schweine vorsieht. Die jeweiligen
Landesregierungen haben im Vorfeld der Abstimmung angedeutet, dass sie bereit
seien, der Bundesministerin bei der Frage der Schweinehaltung entgegen zu
kommen, wenn die Bundesregierung dafür die Käfighaltung von Legehennen
toleriere.

'Die Länderkammer entscheidet am Freitag auch darüber, ob die Agrarwende in
Deutschland noch eine Zukunft hat. Die Länder dürfen am Freitag der Tierqual
nicht den roten Teppich ausrollen. Es darf nicht sein, dass hier wie auf einem
Basar Tierschutzverbesserungen in der Schweinehaltung mit mehr Tierqual für die
Hühner verrechnet werden', erklärt Apel und kündigt auch für diese Woche
Massenproteste gegen die Landesregierungen an, die Verbesserungen im Tier- und
Verbraucherschutz weiterhin blockieren wollen.

Links zum Thema Tierschutz,
Links zum Thema Verbände.

 


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