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@grar.de Aktuell - 21.11.2003

3 Jahre BSE in Deutschland

Umfangreiche Maßnahmen zur Risikominimierung, dennoch kein Grund zur Entwarnung


Berlin (agrar.de) - Derzeit sind in Deutschland 287 BSE-Fälle amtlich bestätigt
(2000 = 7, 2001 = 125, 2002 = 106, 2003 = 49; Stand: 20.11.). Seit Bestätigung
des ersten BSE-Falls eines in Deutschland geborenen Rindes am 26. November 2000
wurden in Deutschland rund 7,5 Millionen BSE-Schnelltests durchgeführt,
informiert das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (BMVEL). Die meisten der bisherigen BSE-Fälle wurden durch ein
spezielles Überwachungsprogramm bei solchen Tieren gefunden, die verendet waren,
not- oder krankgeschlachtet wurden oder klinische Erscheinungen aufwiesen. 92
der bisherigen 287 BSE-Fälle wurden bei klinisch gesunden Schlachtrindern mit
Hilfe der Schnelltests entdeckt.

Zur Minimierung des Risikos wurden in allen Bereichen von Haltung, Schlachtung
und Verarbeitung von Wiederkäuern umfangreiche Schutzmaßnahmen getroffen. Diese
Schutz- und Überwachungsmaßnahmen ergänzen und überlappen sich in ihrer
Zielrichtung und gewährleisten nach dem derzeitigen Stand des Wissens den
größtmöglichen gesundheitlichen Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Im einzelnen stützen sich Maßnahmen auf folgende Regelungen:

1. BSE-Tests
Die bislang erarbeiteten Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung lassen
trotz des beträchtlichen Zugewinns an Informationen derzeit noch keine
vollständige Aussage zur abschließenden Beurteilung der BSE zu. Deshalb hält das
BMVEL entgegen der Forderung des Bundesrates an der über das Gemeinschaftsrecht
hinausgehenden Bestimmung fest, dass in Deutschland alle über 24 Monate alten
Rinder, die geschlachtet werden, mit BSE-Schnelltests untersucht werden müssen.
EU-weit liegt die Altersgrenze für zu testende Schlachttiere bei 30 Monaten.
Alle über 24 Monate alten Rinder, die verendet sind, not- oder krankgeschlachtet
werden, müssen EU-weit mit BSE-Schnelltests untersucht werden. Neue
Testverfahren, die zu einer verbesserten Ergebnisgenauigkeit führen, befinden
sich derzeit noch in der wissenschaftlichen Entwicklung. Dies ist eines der
Ziele des TSE-Forschungskonzepts der Bundesregierung. Für den deutlichen Ausbau
der Forschung an übertragbaren schwammartigen Hirnerkrankungen (transmissible
spongiforme Enzephalopatien, TSE), zu denen BSE gehört, stellt die
Bundesregierung jährlich mehrere Millionen Euro zur Verfügung.

2. Entfernung von Risikomaterial:
Seit dem 1. Oktober 2000 müssen gemeinschaftsweit spezifizierte
Risikomaterialien von Wiederkäuern entfernt und durch Verbrennen vernichtet
werden. Die Liste der Risikomaterialien wurde mehrfach den wissenschaftlichen
Erkenntnissen entsprechend im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes
angepasst und beinhaltet den Schädel ohne Unterkiefer, einschließlich Gehirn und
Augen, die Mandeln, die Wirbelsäule, das Rückenmark und den gesamten Darm von
Rindern. Sie unterliegt auch zukünftig einer ständigen wissenschaftlichen
Überprüfung.

3. Tiermehlverfütterungsverbot:
Durch das Verfütterungsverbotsgesetz ist in Deutschland seit dem 2. Dezember
2000 die Verfütterung von proteinhaltigen Erzeugnissen und von Fetten
warmblütiger Landtiere sowie von Fischen an Lebensmittel liefernde Nutztiere
verboten. Seit dem 12. April 2001 ist das Verfüttern von Fischmehl an
Nichtwiederkäuer (z.B. Geflügel, Schweine) mit strikten Sicherheitsauflagen
(Herstellung, Transport, besondere Genehmigung für die landwirtschaftlichen
Betriebe) wieder erlaubt. Mit diesen Regelungen soll sichergestellt werden, dass
die in der Vergangenheit offensichtlich - trotz des bereits seit 1994
bestehenden Verfütterungsverbots für Proteine von Säugetieren an Wiederkäuer -
vorgekommenen Verschleppungen dieser Proteine in Rinderfutter verhindert werden.

Im Unterschied zur Regelung in Deutschland lässt das EG-Recht die Verfütterung
tierischer Fette an Lebensmittel liefernde Nutztiere zu. Verboten ist
ausschließlich die Verfütterung verarbeiteter tierischer Proteine, sowie der
damit hergestellten Futtermittel, Futtermittelzusätze und Vormischungen. Das
zunächst bis zum 30. Juni 2001 geltende Verbot wurde inzwischen durch eine
Änderung der EG-TSE-Verordnung durch inhaltlich ähnliche Verbote und
Beschränkungen als Dauerregelung übernommen.

Seit dem 1. September 2003 ist es wieder zulässig, hydrolisiertes Protein sowie
aus tierischen Knochen gewonnenes Di- oder Tricalciumphosphat - soweit diese
Materialien von Nichtwiederkäuern stammen - an Nichtwiederkäuer zu verfüttern.
Weiterhin dürfen zukünftig auch wieder Blutmehl oder andere Blutprodukte von
Nichtwiederkäuern an Fische verfüttert werden.

Die deutsche Sonderregelung, nach der bestimmte tierische Fette nicht an
Nutztiere zur Lebensmittelgewinnung verfüttert werden dürfen, bleibt aber bis
auf Weiteres erhalten. Die Europäische Kommission beabsichtigt hierzu, einen
Vorschlag für eine gemeinschaftliche Regelung vorzulegen.


Weitere Maßmahmen:

1. Ursachenforschung:
Im Rahmen des TSE-Forschungskonzepts wird intensiv nach den Ursachen, den
Übertragungswegen und Bekämpfungsmöglichkeiten geforscht. Die von der
Bundesregierung eingerichtete TSE-Forschungsplattform ermöglicht einen
intensiven Informationstransfer. An der Bundesforschungsanstalt für
Viruskrankheiten der Tiere (BFAV) wurde das Institut für neue und neuartige
Tierseuchenerreger errichtet, das im Dezember 2001 seine Arbeit aufnahm. Damit
wurde das bisherige Referenzlabor für BSE- und Scrapie-Diagnostik zu einem
nationalen TSE-Forschungszentrum ausgebaut. Nach umfangreichen Umbauten zur
Errichtung eines Sicherheitsstalles werden auf der Insel Riems erstmals in
Deutschland BSE-Infektionsversuche an Rindern durchgeführt. Von ihnen verspricht
man sich neue Erkenntnisse über die Entstehung und Ausbreitung der Krankheit im
Körper. Darüber hinaus dient der Versuch der Gewinnung von Proben aus der
Inkubationsphase der Krankheit, die für die Entwicklung von Testmethoden, auch
Lebendtests, von essentieller Bedeutung und anderweitig nicht verfügbar sind.

Das Institut für Epidemiologie der BFAV in Wusterhausen wertet umfangreiche
Daten zu jedem BSE-Fall in Deutschland aus. Dabei standen zunächst statistische
Untersuchungen zur Fallzahlentwicklung, zur geographischen Verbreitung und zur
Verteilung der BSE-Fälle auf die Geburtsjahrgänge im Vordergrund. Darüber hinaus
konnten erste Aussagen über die Dynamik des BSE-Eintrages in die Bundesrepublik,
sowie über den Einfluss von Rasse und Nutzungsrichtung der Rinder auf die BSE -
Inzidenz getroffen werden. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens werden in
Schafherden, in denen Scrapie festgestellt worden ist, auch die
Prionprotein-Genotypen der nicht betroffenen Schafe erhoben, um mögliche
rassespezifische Resistenzwirkungen zu untersuchen.

2. Maßnahmen nach Feststellung von BSE im Bestand:
Eine weitere Maßnahme zur Eindämmung der Krankheit war die Tötung aller Rinder
des Bestandes. Nach der Durchführung von mehr als 2 Millionen Tests gab es keine
Hinweise darauf, dass der ganze Bestand des erkrankten Rindes von BSE betroffen
sein könnte. Hatte die Bundesregierung zunächst - im Einvernehmen mit den
Ländern - aus Gründen des vorsorgenden Verbraucherschutzes die Tötung des
Gesamtbestandes empfohlen, so hält sie dies aufgrund der inzwischen vorliegenden
Erkenntnisse nicht mehr für erforderlich. Die BSE-Vorsorgeverordnung ermächtigt
deshalb die zuständigen Behörden in den Ländern, Ausnahmen von der
Bestandstötung zuzulassen. Die zuständige Behörde kann die Kohortentötung
veranlassen, soweit Belange der Vorsorge für die menschliche oder tierische
Gesundheit dem nicht entgegenstehen. Dann werden nur noch die Rinder getötet,
die in dem Jahr vor und nach der Geburt des kranken Rindes in dem Bestand
geboren wurden, in dem auch das kranke Tier geboren wurde (Geburtskohorte) oder
die im ersten Lebensjahr zu irgendeinem Zeitpunkt gemeinsam mit einem kranken
Rind aufgezogen wurden und möglicherweise das gleiche Futter zu sich genommen
haben, das auch das kranke Tier in seinem ersten Lebensjahr bekommen hat
(Fütterungskohorte), sowie die Nachkommen - inklusive Eizellen und Embryonen -
der erkrankten weiblichen Rinder.

Seit 30. Oktober 2003 bestehen EU-weit bestimmte Ausnahmen für eventuell
betroffene Bullen auf Besamungsstationen.

3. Verstärkte Überwachung und Forschung bei Scrapie
Seit dem 1. Januar 2002 wird gemeinschaftsweit auch bei kleinen Wiederkäuern ein
aktives Überwachungsprogramm auf TSE durchgeführt, das im Februar 2002 erweitert
wurde und aktuell geändert wird. Danach muss zukünftig in Deutschland eine
Stichprobe von 10.000 über 18 Monate alten zum menschlichen Verzehr
geschlachteten Schafen und von zusätzlichen 10.000 über 18 Monate alten
verendeten oder getöteten Schafen und 500 Ziegen untersucht werden. In
Deutschland müssen darüber hinaus alle im Falle der amtlichen Feststellung der
Scrapie bei einem Schaf oder einer Ziege oder zum Zwecke der Bekämpfung anderer
Tierseuchen, mit Ausnahme von epidemisch verlaufenden Tierseuchen, getöteten
Schafe und Ziegen, die mindestens 18 Monate alt waren, untersucht werden.

2002 wurden insgesamt 34.752 Schafe und 1.657 Ziegen (jeweils überwiegend über
18 Monate alt) auf TSE getestet. Insgesamt wurden 2002 16 Fälle von Scrapie
festgestellt.

Von Januar bis Oktober 2003 wurden knapp 60.000 Schafe und fast 4.000 Ziegen
(jeweils überwiegend über 18 Monate alt) auf TSE getestet; bis einschließlich
Oktober 2003 wurden dabei 16 positive Schafe ermittelt.

Im Hinblick auf die Rolle der genetischen Scrapieresistenz bei der Entwicklung
klinischer Scrapieformen und die Möglichkeit, Zuchtprogramme zur Verhütung,
Kontrolle und Tilgung von Scrapie zu nutzen, ist es erforderlich, den Genotyp
sämtlicher Scrapiefälle zu bestimmen. Seit Juli 2001 muss bei jedem positiven
TSE-Fall bei Schafen der Genotyp des Prionproteins bestimmt werden. Wird ein
TSE-Fall bei einem resistenten Genotypen festgestellt, ist eine Stammtypisierung
vorzusehen.

In Vorbereitung des nationalen Zuchtprogrammes auf Resistenz gegen Transmissible
Spongiforme Enzephalopathien (TSE) bei Schafen (das ab dem 1. Januar 2004
eingeleitet werden muss) wurde im Jahr 2003 bei allen einheimischen Schafrassen
untersucht, wie häufig die erwünschten genetischen Resistenz-Anlagen verbreitet
sind. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass bei nahezu allen Rassen eine Grundlage
für ein Zuchtprogramm auf TSE-Resistenz vorhanden ist. Bei Zuchtprogrammen für
Rassen mit niedrigem Vorkommen der Resistenzanlagen muss jedoch vorgesorgt
werden, dass die genetische Variabilität der gesamten Erbanlagen der Rasse nicht
gefährdet wird.

Links zum Thema BSE,
Links zum Thema Agrarpolitik.

 


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