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@grar.de Aktuell - 23.09.2003

Agrarminister sollen EU-Agrarbeschlüsse für mehr Natur- und Verbraucherschutz nutzen

Verbändebündnis fordert einheitliche Flächenprämie für Acker- und Grünlandflächen - Mangelhafte Umsetzung gefährdet Mutterkuhhaltung und Wanderschäferei


Bonn/Berlin (agrar.de) - Ein breites Bündnis von Umwelt-, Agrar-, Verbraucher-
und Tierschutzverbänden hat im Vorfeld der Agrarministerkonferenz von
Rostock (24. bis 26.9.03) seine Forderungen zur nationalen Umsetzung der
EU-Agrarreformbeschlüsse erläutert. Die Arbeiten des Bündnisses werden vom
Bundesamt für Naturschutz (BfN) finanziell unterstützt.

'Deutschland eröffnen sich große Handlungsspielräume für einen konsequenten
Natur-, Umwelt-, Verbraucher- und Tierschutz,' sagte der Sprecher der Plattform
Lutz Ribbe von der Stiftung Euronatur. Außerdem sei die Chance zu mehr sozialer
Gerechtigkeit gegeben, erklärte Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf ,
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft (AbL).

Als großen Erfolg für die Umweltverbände, die bereits 2001 mit ihren Vorschlägen
Einfluss auf die Reformdiskussion auf nationaler und europäischer Ebene nahmen,
wurde von Lutz Ribbe der Luxemburger Beschluss zur Cross Compliance gewertet Die
Auszahlung der Prämie werde künftig an die Einhaltung von 18 verbindlichen
Standards aus den Bereichen Umwelt-, Verbraucher und Tierschutz geknüpft.
Hierbei ist der 'gute landwirtschaftliche und ökologische Zustand' durch die
Formulierung weiterer Standards zu gewährleisten. Deshalb komme es jetzt nach
Ansicht des Bündnisses darauf an, dass Bund und Länder wirksame Kriterien für
den 'guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand' festlegen. Die
Verbände werden einen Vorschlag für Cross Compliance Kriterien vorlegen, der die
Subventionierung der Intensivlandwirtschaft stark einschränkt.

Die Verbände fordern bundesweit einheitliche Flächenprämien für Acker und
Grünlandflächen (Wiesen und Weiden) in gleicher Höhe. Damit lehnen sie das
Referenzmodell , d.h. eine Betriebsprämie, deren Höhe sich an den bisherigen
Zahlungen orientieren würde, kategorisch ab. Dieses sei ein Modell der reinen
Besitzstandswahrung, das nicht zukunftsfähig sei und der Gesellschaft auch nicht
mehr vermittelt werden könne, so Ribbe.

Auch die Landwirtschaft habe an Veränderungen der bisherigen Agrarpolitik ein
Interesse, erklärte Graefe zu Baringdorf. Er wies darauf hin, dass der Übergang
zu einer für Acker- und Grünland einheitlich hohen Flächenprämie zu großen
Umverteilungen innerhalb der Landwirtschaft führen werde. Doch sei dies ein
Schritt hin zu einer gerechteren Verteilung der Zahlungen. 'Wir müssen weg
davon, dass zwei Prozent der Betriebe alleine genau so viel staatliche Mittel
erhalten wie 90 Prozent der Betriebe zusammen', sagte der AbL-Vorsitzende. Wenn
nun die Benachteiligung von Grünland gegenüber dem Silomais auf Ackerland
aufgehoben werde, lasse sich dieses Ungleichgewicht schon erheblich abbauen,
erwartet der Agrarpolitiker. Die Verbände haben aber auch für die Übergangszeit
Vorschläge vorgelegt, um Härtefälle beim Übergang zum neuen System sozial
verträglich zu gestalten.

Für den Naturschutz könnte die Agrarreform ebenfalls Verbesserungen bringen.
Dazu müsse aber die Agrarministerkonferenz die richtigen Weichen stellen, sagte
der der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) Professor Dr. Hartmut
Vogtmann. Die jetzigen Pläne der EU-Kommission sähen nur einen geringfügigen
Ausbau der Programme zur ländlichen Entwicklung und der Agrarumweltprogramme
vor. Mit der geplanten Entkopplung würden aber gleichzeitig ökologisch wichtige
Nutzungen wie die Mutterkuhhaltung oder die Wanderschäferei existentiell
gefährdet . Dies könne dem Naturschutz großen Schaden zufügen, so Vogtmann.
Deshalb sei aus naturschützerischer Sicht die Nutzung des sogenannten
'nationalen Envelopes' nötig. Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bis zu 10
Prozent der von der EU zur Verfügung gestellten Finanzmittel verwenden können,
um Sonderprogramme aufzulegen, die 'für den Schutz oder die Verbesserung der
Umwelt oder zur Verbesserung der Qualität und der Vermarktung von
landwirtschaftlichen Erzeugnissen wichtig sind'. In Deutschland wären dies
einige Millionen Euro, die weder vom Bund noch von den Ländern kofinanziert
werden müssten. Damit könnten u.a. Beweidungs- und Schafhutungsprogramme,
ackerbauliche Sondernutzungen wie der extensive Roggenanbau oder aber ein
Finanzausgleich für Bauern in FFH-Schutzgebieten gesondert gefördert werden.
'Das wäre eine finanzielle Unterstützung an die Landwirtschaft, die sich einer
gesellschaftlichen Akzeptanz sicher sein kann,' so Hartmut Vogtmann.

Die Verbände fordern die Agrarministerinnen und Agrarminister von Bund und
Ländern auf, die Möglichkeiten, die in der Reform der Brüsseler Agrarpolitik
stecke, zu nutzen: 'Diese Agrarreform birgt die große Chance, zu einem neuen
Gesellschaftsvertrag zwischen Bauern, Verbraucher und Umweltschützern zu
kommen', lautet die übereinstimmende Einschätzung von Ribbe, Graefe zu
Baringdorf und Vogtmann.

Links zum Thema Agrarpolitik.

 


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