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@grar.de Aktuell - 12.08.2003

CDU zur Zukunft der Bio-Landwirtschaft in NRW


Düsseldorf (agrar.de) - Mitteilung zum Pressegespräch mit dem umweltpolitischen
Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, Eckhard
Uhlenberg:

'I. Lage der Landwirtschaft ist dramatisch

Dürre bei den Bauern: Nach dem Agrar-Bericht der Bundesregierung gab es im
Wirtschaftsjahr 2001/2002 einen Rückgang der landwirtschaftlichen Einkommen um 6,6
Prozent gegenüber dem Vorjahr. In NRW mit seinen vielen Veredelungsbetrieben war
es sogar ein Minus von 14 Prozent. Für das Wirtschaftsjahr 2002/2003 wird ein
weiterer deutlicher Rückgang von mindestens 15 Prozent im Bundesdurchschnitt und
zumindest 20 Prozent in NRW vorhergesagt.

Die dramatische Einkommenssituation ist Spiegelbild der schlechten
Rahmenbedingungen, unter denen die Landwirte und ihre Familien bei Rot-Grün in
Berlin und Düsseldorf wirtschaften müssen. Allein die von der Bundesregierung
angekündigten Zusatzlasten in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung, beim
Agrardiesel und dem Steuerrecht zur Finanzierung der vorgezogenen Steuerreform und
zum Stopfen der Löcher im Haushalt 2004 belasten die Landwirte in Deutschland mit
mehreren 100 Millionen Euro. Die nordrhein-westfälische Landesregierung
unterstützt im Bundesrat diese landwirtschaftsfeindliche Politik der
Bundesregierung. Darüber hinaus betreibt sie selbst eine Politik gegen die
Landwirte und ihre Familien, wie beispielsweise der aberwitzige
Schweinehaltungserlass zeigt. Viele landwirtschaftliche Unternehmer investieren
angesichts dieser Politik nur noch das Notwendigste in ihre Betriebe.

Die rot-grüne Agrarpolitik gefährdet die Existenz von landwirtschaftlichen
Familienbetrieben, vernichtet Arbeitsplätze und führt zu Produktionsverlagerungen
ins Ausland, wo der Stellenwert des Tier-, Natur- und Gesundheitsschutzes
erheblich geringer ist als bei uns.

II. Alternativer Anbau – Ideologie und Populismus führen in die Sackgasse

Auch die alternativ wirtschaftenden Betrieb sind von der Krise betroffen. In NRW
hat die ökologisch bewirtschaftete Fläche gegenüber 2001 um 16,5 Prozent
zugenommen und erreichte Ende 2002 einen Stand von 45.000 Hektar (3 Prozent der
Gesamtfläche). Die Zahl der Ökobetriebe in NRW lag Ende 2002 bei 1.212 (2,4
Prozent von 52.000 landwirtschaftlichen Betrieben).

Der Marktdruck auf Betriebe des ökologischen Landbaus hat sich in diesem und im
vergangenen Jahr dramatisch verschärft. Die Preise sind teilweise im freien Fall.
Folgende Preisentwicklung gab es 2002 im Vergleich zum Vorjahr:

Milch: bis zu - 20 Prozent,
Rindfleisch: - 20 Prozent,
Schweinefleisch: - 10 Prozent,
Futtergetreide: bis zu - 20 Prozent,
und Brotweizen bis zu - 10 Prozent.

Der von Bundesagrarministerin Künast am Beginn der BSE-Krise Ende 2000 propagierte
Anstieg alternativ wirtschaftender Betriebe auf 20 Prozent aller Betriebe
innerhalb weniger Jahre wurde von Umweltministerin Höhn unterstützt. Diese Politik
war und ist geleitet von Ideologie und Populismus. Sie blendet die Wirklichkeit
auf den Märkten – angefangen beim Verbraucher – vollkommen aus. Deshalb ist sie
gescheitert.

Inzwischen müssen ökologisch erzeugte Produkte konventionell vermarktet werden,
weil zu wenig Verbraucher bereit sind, höhere Preise für Öko-Produkte zu zahlen.
Theorie und Praxis, Erklärungen in Umfragen und tatsächliches Kaufverhalten,
stimmen nicht überein. Am Ende steht die bittere Erkenntnis, dass nirgendwo in
Europa Lebensmittel so einseitig über den Preis und nicht über die Qualität
verkauft werden wie in Deutschland. Heute werden gerade einmal 12 Prozent des
Haushaltseinkommens für Nahrungsmittel ausgegeben (1950: über die Hälfte, 1970:
knapp ein Drittel), davon landet rund ein Viertel bei den Landwirten (bei Getreide
sogar nur 4 Prozent, also von einem 25-Cent-Brötchen gerade einmal ein Cent).

Natürlich ist das Problem von Dumping-Preisen bei Lebensmitteln auf die viel zu
geringe Marktmacht der Landwirte gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel zurück zu
führen. Aber es hat etwas mit falscher Politik zu tun, wenn insbesondere alt
eingesessene Ökobetriebe aufgeben müssen, wenn andere Ökobetriebe wieder auf
herkömmliche Bewirtschaftung umstellen und wenn von herkömmlicher Bewirtschaftung
auf alternative Bewirtschaftung umstellende Betriebe den Umstellungsprozess wieder
abbrechen.

III. Forderungen der CDU-Landtagsfraktion

1. Der Verbraucher entscheidet

Trotz immer neuer Förderprogramme zur Unterstützung des alternativen Landbaus sind
wir heute von 20 Prozent Öko-Landbau weit entfernt. Der Umsatz von Bio-Produkten
ist im Lebensmitteleinzelhandel seit 2000 am stärksten gestiegen. Und trotzdem ist
der Anteil mit 1,7 Prozent am Gesamtumsatz von Lebensmitteln Ende 2002 noch immer
verschwindend gering. Die alt eingesessenen Öko-Betriebe, die über die
Naturkostläden, Reformhäuser und durch Direktvermarktung ihre Existenz sicherten,
sind durch das von Grün-Rot verursachte Marktungleichgewicht ebenfalls in
wirtschaftliche Not geraten.

Die CDU fordert die Landesregierung auf, mit ihrer Agrarpolitik den Rahmen zu
setzen für eine nachhaltige und leistungsfähige Landwirtschaft. Hiervon
profitieren herkömmlich und alternativ wirtschaftende Betriebe gleichermaßen. Über
Erfolg oder Misserfolg von Produkten entscheidet letztlich der Verbraucher,
entscheidet letztlich der Markt.

2. Öko-Dumping durch EU-weites Ökosiegel beenden

Im September 2001 wurde das europaweite Ökosiegel eingeführt. Es sollte nach
grün-roter Lesart das Instrument sein, um den Öko-Landbau innerhalb weniger Jahre
auf 20 Prozent explosionsartig zu steigern. Mit der Brechstange wurden gewachsene
Vermarktungs- und Wirtschaftsstrukturen aufgebrochen.

Das EU-Ökosiegel erlaubt unseren europäischen Mitbewerbern im Gegensatz zur
nationalen Regelung, dass nicht der gesamte Betrieb auf die alternative
Wirtschaftsweise umgestellt wird, dass der Futterbedarf nicht vorrangig aus
betriebseigenen Futtermitteln gedeckt wird, dass konventionelle Futtermittel
verwendet werden und dass konventioneller Geflügelmist zum Einsatz kommt. Öko ist
also nicht gleich Öko.

Wie die Marktmechanismen bei diesen Rahmenbedingungen funktionieren, zeigt
folgendes Beispiel: Der Umsatz von alternativen Erzeugnissen im
Lebensmitteleinzelhandel ist im vergangenen Jahr um 40 Prozent gestiegen, die Zahl
der Bio-Höfe aber nur um 14 Prozent. Die steigende Nachfrage nach Öko-Produkten
wird also zusehends auf niedrigem Niveau aus dem Ausland gedeckt und setzt die
heimischen Betriebe unter Druck. Diese Wettbewerbsverzerrungen machen unseren
Öko-Betrieben immer mehr zu schaffen.

Die CDU fordert die Landesregierung auf, endlich dafür zu sorgen, dass die
EU-Standards des Öko-Siegels unverzüglich auf das nationale Niveau angehoben
werden.

3. Öko-Siegel nur mit Herkunftsbezeichnung akzeptabel

Nach Auffassung der CDU muss das EU-Bio-Siegel mit einem regionalen oder
nationalen Herkunftsnachweis versehen werden, bis das Ziel der europaweiten
Vereinheitlichung erreicht ist. Die Verbraucher sollen frei entscheiden, ob sie
ihr Geld für herkömmlich erzeugte Produkte, für Pseudo-Bioprodukte oder für
tatsächlich alternativ erzeugte Nahrungsmittel ausgeben.

Der Herkunftsnachweis wird bislang von Frau Künast und Frau Höhn abgelehnt wegen
angeblicher Vermarktungsprobleme des Lebensmitteleinzelhandels. In
Baden-Württemberg gibt es dagegen die Herkunftsbezeichnung. Bei Grün-Grün fehlt es
anscheinend am politischen Willen. Das Motto lautet: Lieber 20 Prozent Öko-Dumping
als 5 oder 10 Prozent gewachsene Marktstrukturen durch richtige Bio-Produkte.

IV. Fazit

Die grün-rote Agrarpolitik muss den Irrweg von willkürlich und ideologisch
motivierten Zielvorgaben für einen Marktanteil des alternativen Landbaus beenden.
Angesichts knapper werdender öffentlicher Mittel sollte Agrarpolitik den
Ordnungsrahmen dafür setzen, dass unsere Landwirte und ihre Familien als
leistungsstarke und nachhaltige Unternehmer am Markt ein existenzsicherndes
Einkommen erzielen – egal, ob sie alternativ oder herkömmlich wirtschaften.

Konkret wird es auf Bundesebene nach der Sommerpause. Zur Finanzierung des
Haushalts und der vorgezogenen Steuerreform plant die rot-grüne Bundesregierung
tiefe und ungerechte Einschnitte bei den Landwirten. Von der Verringerung des
niedrigeren Steuersatzes beim Agrardiesel sind insbesondere die Biobetriebe als
klassische Familienbetriebe betroffen. Ein Ökolandwirt benötigt in der Regel eben
doppelt so viel Agrardiesel wie ein konventioneller Landwirt, da er Unkraut nur
mechanisch bekämpfen darf. Auch die Abschaffung der vereinfachenden
Umsatzsteuer-Pauschalierung und höhere Kosten bei der Krankenversicherung treffen
insbesondere Biobetriebe als klassische Familienbetriebe.

Die Regierung Steinbrück/Höhn muss endlich einmal Position für die Landwirte und
ihre Familien beziehen. Das gilt insbesondere für die Umweltministerin, die ja
auch dem Agrarressort vorsteht. Machen Steinbrück/Höhn das nicht, werden sie zu
Mittätern beim Anschlag auf den Agrarstandort NRW.'

Links zum Thema Politik,
Links zum Bundesland Nordrhein-Westfalen.

 


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