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@grar.de Aktuell - 12.08.2003

Gentechnik lässt Pflanzen der Dürre trotzen


Bonn (agrar.de) - Wissenschaftler der Universität Bonn haben ein Gen
identifiziert, das Pflanzen resistenter gegen Wassermangel macht. Sie
konstruierten eine Variante, in der das Dürre-Gen häufiger abgelesen wurde.
Erfreuliches Resultat: Die gentechnisch veränderte Modellpflanze trotzt der
Trockenheit deutlich länger als die Wildpflanze. Die Ergebnisse wurden in der
aktuellen Ausgabe von 'The Plant Journal' publiziert (Band 35 Ausgabe 4 Seite 452
ff). Langfristig können sie vielleicht zur Entwicklung trockenresistenter
Nutzpflanzen beitragen.

Die Wiederauferstehungspflanze trägt ihren Namen zu Recht: Bei Wassermangel
verdorrt der südafrikanische Rachenblütler zu einem unansehnlich bräunlichen
Gewächs. Doch wenn nach Wochen oder Monaten der lang ersehnte Regen fällt, kehrt
binnen weniger Stunden wie durch Geisterhand das Grün in die scheinbar toten
Blätter zurück. Bis zu 95 Prozent ihrer Wasserreserven kann die Pflanze
unbeschadet verlieren und fällt dabei in einen Tiefschlaf, in dem sie ihren
Stoffwechsel nahezu auf Null zurückschraubt.

Der Notfallplan der Wiederauferstehungspflanze steht in ihrem Erbgut: Eine ganze
Reihe ihrer Gene wird nur bei Wassermangel abgelesen, andere werden komplett
abgeschaltet. 'Indem wir schauen, welche Erbanlagen hauptsächlich bei Trockenheit
aktiv sind, versuchen wir zu verstehen, welche molekularen Vorgänge die Pflanze so
unempfindlich machen', erklärt Professor Dr. Dorothea Bartels vom Botanischen
Institut der Universität Bonn. Ihre Arbeitsgruppe konnte so eine Erbanlage
identifizieren, die bei Wassermangel weit häufiger abgelesen wird als sonst.
Erstaunlicherweise fanden die Forscher bei der heimischen Ackerschmalwand ein Gen,
das dem der Wiederauferstehungspflanze sehr ähnlich ist – 'ein großer
Glücksgriff', so Professor Bartels. Denn die Ackerschmalwand (wissenschaftlich
Arabidopsis thaliana) ist gewissermaßen die Labormaus der Pflanzengenetiker: Ein
einfach zu züchtender und genetisch leicht zu verändernder Modellorganismus,
dessen Erbgut zudem schon komplett sequenziert wurde.

Das Dürre-Gen sorgt dafür, dass die Pflanze mit bestimmten Giftstoffen besser
fertig wird, die sich unter Trockenstress vermehrt bilden. Es enthält den Bauplan
für das Entgiftungs-Enzym Aldehyd-Dehydrogenase (ALDH). Die Bonner Wissenschaftler
schalteten dem ALDH-Gen der Ackerschmalwand eine Art Turbolader vor, der dafür
sorgt, dass es erheblich häufiger abgelesen wird. Mit Erfolg: Die gentechnisch
veränderten Pflanzen produzierten nicht nur deutlich mehr ALDH, sie überstanden
auch erheblich längere Dürreperioden. Erst nach 16 Tagen ohne Wasser waren sie
komplett vertrocknet – die Wildpflanzen überlebten nur 12 Tage ohne das
lebenswichtige Nass. Auch mit erhöhten Salzkonzentrationen – in Böden trockener
Regionen ein häufig anzutreffendes Phänomen – wurden die Pflanzen mit dem
Turbo-Gen besser fertig.

Langfristig können Ergebnisse wie diese vielleicht zur Entwicklung
trockenresistenter Mais-, Weizen- oder Soja-Sorten beitragen. Bedarf besteht zur
Genüge: Nach einer Studie des International Water Management Institute wird bis
zum Jahr 2025 ein Drittel der Weltbevölkerung in wasserarmen Regionen leben.
Tragischerweise sind gerade die Ärmsten der Armen besonders betroffen, die zum
Überleben auf den Ertrag ihrer Felder angewiesen sind. Doch auch die
Industrieländer bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont: Allein der Dürre
von 1983 fielen in den USA die Hälfte der gesamten Mais- und ein Drittel der
Sojabohnen-Ernte zum Opfer – ein Schaden in Höhe von zehn Milliarden Dollar. Und
die deutschen Landwirte rechnen angesichts der diesjährigen extremen
Trockenperiode mit bis zu 80prozentigen Ernteeinbußen.

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