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@grar.de Aktuell - 01.08.2003

DBV: Landwirtschaft an Erfolg von WTO-Verhandlungen in Cancun interessiert

Sonnleitner in Washington: EU leistet Beitrag zum fairen Welthandel


Berlin (agrar.de) - Die bevorstehende Welthandelskonferenz im mexikanischen Cancun
und die Verhandlungspositionen der deutschen Bauern standen im Mittelpunkt eines
Washington-Aufenthaltes vom Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes
(DBV), Gerd Sonnleitner, und DBV-Generalsekretär Dr. Helmut Born. 'Eine
Einigung zwischen den USA und der EU dürfte entscheidend sein für einen
erfolgreichen Abschluss der WTO-Verhandlungen im September', erklärte Sonnleitner
zum Abschluss zahlreicher Spitzengespräche im amerikanischen Handels- und
Landwirtschaftsministerium, beim Internationalen Währungsfonds, bei der Weltbank,
bei den Milch- und Zuckervereinigungen sowie beim amerikanischen Bauernverband. Er
halte eine solche Einigung nicht nur für möglich, sondern für das weltweite
Wirtschaftswachstum für außerordentlich wichtig. Die deutsche und europäische
Landwirtschaft habe deshalb ein Interesse an einem erfolgreichen Abschluss. Es
gehe in Cancun darum, in der WTO Regeln zu finden, die möglichst wenig
handelsverzerrend seien und es den Landwirten in allen Teilen der Welt erlaubten,
ihren vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, formulierte Sonnleitner die
Zielsetzung der im September stattfindenden WTO-Runde.

Die EU habe mit der erneuten Reform ihrer Agrarpolitik im Vergleich zu den USA
enorme Vorleistungen zum Abbau von Handelsverzerrungen erbracht, die von den
europäischen und deutschen Bauern schmerzhafte Einschnitte verlangten. 'Mit der
neuesten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ist die EU an die Grenze des
akzeptablen und erträglichen für unsere Bauern gegangen', erläuterte Sonnleitner
die EU-Agrarreform gegenüber Journalisten in Washington. Die Weichen in der
Europäischen Agrarpolitik seien klar in Richtung Deregulierung gestellt. Die
Rückführung der Markt- und Preisstützung, die Entkopplung von Direktzahlungen und
die Verringerung des Außenschutzes und starke Einschränkungen der Exportförderung
seien mit der neuen EU-Agrarpolitik geschaffen.

Sonnleitner vermittelte seinen amerikanischen Gesprächspartnern die erheblichen
Auswirkungen der EU-Agrarreform für die europäischen Bauern. So werde zum Beispiel
der Milchpreis in der EU einschließlich eines finanziellen Teilausgleiches auf
etwa 24 Cent zurückgeführt, während er in den USA bei umgerechnet über 30 Cent
liege. 'Nun sind die anderen Verhandlungspartner der WTO-Runde am Zuge, so auch
die USA, ihre Agrarpolitik weiterzuentwickeln und Handelsverzerrungen abzubauen',
stellte Sonnleitner klar. Dies gelte auch für die Exporterstattungen, wo die
Europäische Union bereit sei, weitere Zugeständnisse zu machen, wenn alle anderen
Formen der Exportförderung wie zum Beispiel die US-Exportkredite, angemessen in
eine Neubewertung einbezogen werden..

Beim Handel mit den Entwicklungsländern braucht sich die EU nach Analyse des DBV
nicht zu verstecken. Sonnleitner zeigte gegenüber seinen amerikanischen
Gesprächspartnern auf, dass die Importe in die EU aus den Entwicklungsländern in
der Zeit von 1998 bis 2000 jährlich bei über 34,2 Milliarden Euro lagen, die
Exporte der EU in die Entwicklungsländer bei 15,4 Milliarden Euro. Demgegenüber
hat die USA vergleichsweise Waren im Wert von 20,2 Milliarden Euro importiert,
aber dorthin Waren im Wert von 23,8 Milliarden Euro exportiert. Einig waren sich
die amerikanischen Gesprächspartner mit dem DBV-Präsidenten, dass bei den
WTO-Verhandlungen eine unterschiedliche Behandlung der Entwicklungsländer
erforderlich sei. Brasilien zum Beispiel, das sich zwischenzeitlich zu einem der
weltweit größten Exporteure von Soja, Zucker, Geflügel- und Rindfleisch entwickelt
hat, sei gewiss anders zu behandeln wie viele afrikanische Länder.

Die größten Meinungsverschiedenheiten mit den Amerikanern gab es bei den Fragen
des Marktzuganges, erklärte Sonnleitner zum Abschluss seines
Washington-Aufenthaltes. Die USA seien heute bereits weltweit der größte
Nettoexporteur von Nahrungsmitteln und entwickeln ihre Exporte weiterhin
dynamisch. Demgegenüber sei die EU-Agrarpolitik darauf ausgerichtet, sich in der
Produktion eher zu beschränken und nicht in den weltweiten erbarmungslosen
Verdrängungswettbewerb einzutreten. Auch nach der Reform der Gemeinsamen
Agrarpolitik erhalte die EU Flächenstilllegungen und Mengenbegrenzungen wie zum
Beispiel bei Milch, Zucker oder Stärke mit Rücksicht auf die weltweiten Märkte

Sonnleitner warb bei seinen amerikanischen Gesprächspartnern zudem um mehr
Verständnis, dass die Bauern und Verbraucher in der EU gegenüber genveränderten
Nahrungsmitteln größere Skepsis hätten als in den USA. Die Politik in der EU sei
im Bezug auf die Grüne Gentechnik deshalb nicht allein auf einen streng
wissenschaftlichen begründeten Ansatz bezogen. Die Wahlfreiheit müsse mit einer
klaren Kennzeichnung erhalten bleiben, was nichts mit Handelsverzerrung zu tun
habe. Auch in Fragen des Tierschutzes sei man in der EU sensibler als in den USA,
resümierte Sonnleitner. Dieses Thema sei in der amerikanischen Politik eigentlich
nicht präsent. EU-Kommission und Bundesergierung müssten in ihren bilateralen
Verhandlungen und Kontakten deshalb dieses in der EU intensiv diskutierte Thema
deutlicher und nachdrücklicher ansprechen, ansonsten werde der Tierschutz bei den
WTO-Verhandlungen wohl nicht die ihm gebührende notwendige Bedeutung erhalten,
erklärte Sonnleitner.

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