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@grar.de Aktuell - 27.06.2003

Agrarreform: Milchindustrie-Verband sieht drastische Konsequenzen für die deutsche Milchwirtschaft


Bonn (agrar.de) - Der Milchindustrie-Verband (MIV) hat auf die Ergebnisse
der Verhandlungen der EU-Agrarminister zur Reform der europäischen Agrarpolitik
mit großer Zurückhaltung reagiert. Der Verband befürchtet drastische Folgen für
die deutsche Milchwirtschaft und ihre Beschäftigten. Kritisiert werden vor allem
die weit über das ursprüngliche Ziel der Agenda 2000 hinausgehenden Abschlüsse –
wie z.B. die weitaus höhere Senkung des Ankaufspreises für Butter, die rigorose
Reduzierung der maximalen Butterinterventionsmenge oder die im Milchbereich bis zu
100 Prozent mögliche Entkopplung der Ausgleichszahlungen. Lediglich die zusätzlich
vorgesehene Quotenaufstockung wurde abgebaut. Weiterer Kritikpunkt: die
zahlreichen Ausnahmen, die nach Ansicht des MIV zu starken Wettbewerbsverzerrungen
führen werden.

Zahlreiche Milcherzeuger und Molkereien mittelfristig vor dem Aus

'Wir müssen damit rechnen, dass die Beschlüsse zahlreiche Milcherzeuger in
ökonomische Schwierigkeiten bringen', so Eberhard Hetzner, Hauptgeschäftsführer
des MIV. Die zusätzlichen Einkommensverluste und der steigende Mengendruck am
ohnehin überschüssigen Milchmarkt könnten nicht aufgefangen werden. Schätzungen
zufolge werde die verhandelte Ausgleichszahlung die Verluste der Milcherzeuger nur
zu 50 Prozent kompensieren. Dadurch sei die Existenz vieler Erzeuger stark bedroht
und die Rohstoffbasis ebenso vieler Molkereien in Frage gestellt.

Existenzgefährdung ländlicher Räume und Wertevernichtung von Lebensmitteln

Nach Ansicht des MIV wird es in jedem Fall zu einem verschärften Strukturwandel in
der deutschen Milchwirtschaft kommen. Das ursprüngliche Ziel einer
flächendeckenden Milchproduktion sei gefährdet. 'Wir befürchten eine regelrechte
Strukturbereinigung, die auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Milchwirtschaft nachhaltig schädigen kann. In jedem Fall aber wird der
Ansatz der Bundesregierung konterkariert, die Wertevernichtung bei Lebensmitteln
sowie die Existenzgefährdung der ländlichen Räume aufzuhalten', so Hetzner.

Entkopplung: Zwang zu Kostenreduzierungen verhindert Extensivierung

In Zukunft wird die Höhe der Direktbeihilfen für die Landwirte nicht mehr an die
jeweilige Produktionsmenge gekoppelt sein. Dadurch soll der Anreiz genommen
werden, durch mehr Produktion automatisch auch mehr Beihilfe zu bekommen. Laut MIV
ein von vorneherein zum Scheitern verurteiltes Ziel. Dazu Eberhard Hetzner: 'Der
Zwang zu Kostenreduzierung muss zu größeren Betriebseinheiten führen. Denn
kleinere Erzeugerbetriebe sind nur noch bedingt überlebensfähig, es sei denn, sie
können auf einen Nebenerwerb zurückgreifen. Eine Intensivierung wird eher die
Folge sein.'

Modulation: Renationalisierung und Wettbewerbsverzerrungen vorprogrammiert

Auch bei der vorgesehenen Modulation hat der MIV kritische Lücken erkannt. Derzeit
bestünden keine gemeinsamen europäischen Spielregeln zur Modulation. 'Dies
bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten diese Finanzmittel je nach politischer Couleur
einsetzen können. Sollte es hier nicht bald zu einer Vereinheitlichung kommen, ist
eine entsprechende Wettbewerbsverzerrung bzw. Renationalisierung vorprogrammiert',
veranschaulicht Hetzner das Problem.

Agenda 2000 konsequent weiterverfolgen

Der Verband hatte sich für die Fortführung der bisherigen, deutlich moderateren
Agenda 2000 eingesetzt. Denn eine Weiterführung mit einer Preissenkung von 15
Prozent in drei Stufen hätte - bisherigen Berechnungen folgend - einen Großteil
der WTO-Forderungen abgedeckt, ohne dass aus Sicht des MIV größerer Schaden hätte
befürchtet werden müssen.

Die deutsche Milchindustrie zählt mit rund 300 Neuerungen jährlich zu den
innovativsten Branchen im Ernährungssektor. In rund 250 Betrieben werden von
38.000 Mitarbeitern jährlich etwa 27 Mrd. kg Milch zu hochwertigen Produkten
verarbeitet. Mit einem Jahresumsatz von rund 20 Mrd. Euro ist die deutsche
Milchwirtschaft der größte Bereich der Ernährungsindustrie und führend im
europäischen Vergleich.

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