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@grar.de Aktuell - 25.06.2003

DBV: Deutsche Verhandlungsposition im EU-Agrarrat offensiv vertreten

Sonnleitner appelliert an Ministerin Künast


Berlin/Brüssel (agrar.de) - Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes
(DBV), Gerd Sonnleitner, hat unmittelbar vor dem Beginn der
entscheidenden Verhandlungsrunde in Luxemburg über eine Reform der EU-Agrarpolitik
Bundesministerin Renate Künast 'dringlichst' aufgefordert, die Interessen der
deutschen Bauern und Bauernfamilien zu vertreten und den Agrarstandort Deutschland
zu verteidigen. Sonnleitner zeigte sich in einem Brief an die Ministerin sehr
besorgt über die augenblicklichen Vorschläge. 'Lassen Sie es nicht zu, dass die
Berliner Beschlüsse zur Agenda 2000 jetzt vorzeitig aufgehoben und verändert
werden', appellierte Sonnleitner. Es stehe politisch auch die Glaubwürdigkeit der
Politik gegenüber den Bauern und allen Marktbeteiligten auf dem Spiel. Wenn
Reformen beschlossen würden, dann dürften sie erst ab dem Jahr 2007 gelten. Es
mache wenig Sinn, im Vorfeld der entscheidenden WTO-Verhandlungen in Cancun die
interne und externe Stützung einseitig abzusenken, ohne dafür Zugeständnisse
anderer WTO-Partner ausgehandelt zu haben.

Bewerte man die Details der Verhandlungen, hätten mittlerweile aus Sicht der
deutschen Bauern vor allem die Verhandlungen über die Entkopplung des
Direktausgleichs einen 'gefährlichen Stand' erreicht. Jedes Mitgliedsland könne
nach derzeitigem Stand mit den entkoppelten Finanzmitteln unterschiedlich
verfahren, wodurch die gemeinsame Agrarpolitik grundsätzlich in Frage gestellt
werde und eklatante Wettbewerbsverzerrungen im EU-Binnenmarkt aufgebaut würden.
Selbst extensiv wirtschaftende Betriebe in benachteiligten Regionen hätten keinen
Vorteil durch die zurzeit diskutierte nationale Umverteilung von bis zu 10 Prozent
des gesamten Direktausgleiches im Vergleich zur bisherigen Agrarpolitik. Auf jeden
Fall werde jedoch die wirtschaftliche Existenz aller heute bereits mit extremen
Marktbedingungen kämpfenden Landwirte geschmälert, betonte Sonnleitner. Die sich
abzeichnende parallele Anwendung gekoppelter und entkoppelter Ausgleichszahlungen
in ein und demselben Produktions- und Marktbereich dürfte sich zu einem
'bürokratischen Horrorszenario' für die Landwirte wie für die Bundesländer
entwickeln. Gerade engagierte junge Landwirte erhielten durch die geplante
Modulation und 'flexible Degression' keine Perspektive. Sonnleitner befürchtet,
dass Deutschland durch beide Finanzregelungen zum 'großen Verlierer' werde. Er
empfahl Ministerin Künast deshalb, alles daran zu setzen, die europäische und
nationale Umverteilung so gering wie möglich zu halten.

Angesichts der bisherigen Verhandlungsergebnisse forderte Sonnleitner Ministerin
Künast 'eindringlich auf, sich für die Herausnahme der Milchmarktordnung aus der
jetzigen Reformdiskussion einzusetzen'. Denn nach dem derzeitigen
Verhandlungsstand würde dieser Produktionsbereich, der größte der deutschen
Landwirtschaft, ernsthaft gefährdet. Der DBV erwarte von der Ministerin, dass sie
dramatische Preissenkungen verhindere und nur einer Milchquotenregelung zustimme,
die flexibel den Marktgegebenheiten angepasst werden könne. Die Preissenkungen
durch die Agenda 2000 erforderten einen deutlich höheren Direktausgleich. Eine
gesonderte Grünlandprämie - finanziert aus der Acker-, Tier- oder Milchprämie –
würde in dieser Situation mehr schaden als nützen. Denn solange die EU über eine
funktionierende Milchmarktordnung verfüge und die Tierprämien mit strikter
Flächenbindung gewährt würden, sei eine solche Grünlandprämie nicht hilfreich.
Beharre Deutschland als größter Milchproduzent innerhalb der EU auf einer solchen
Grünland bezogenen Zahlung, dürften die Chancen für eine Fortschreibung der
Milchmarktordnung ohne Aufstockung der Milchmengen in den Mittelmeerländern
schwinden, befürchtet Sonnleitner. Dies wiederum würde den Markt erneut unter
Druck setzen.

Auch die Tierprämien sollten im bisherigen Umfang erhalten bleiben, forderte
Sonnleitner. Für die deutschen Bauern wäre es nicht erträglich, wenn in anderen
EU-Staaten der Direktausgleich für Mutterkühe vollständig gekoppelt bliebe,
während für die in Deutschland vorherrschenden Bullen und Ochsen eine
(Teil)Entkopplung beschlossen würde.

Sonnleitner bot Ministerin Künast an, gemeinsam über die Modalitäten einer
Entkopplung im Ackerbau nachzudenken, wenn diese wegen der anstehenden
WTO-Verhandlungen unvermeidlich seien. Dabei gelte aber auch der Grundsatz, dass
es einer verbindlich einheitlichen Regelung in der EU bedürfe, die keine
Benachteiligung der deutschen Getreidebauern beinhalte. Sonnleitner forderte
Künast erneut auf, sich für die spezifischen Probleme des deutschen Roggenanbaus
und der Stärkekartoffelerzeugung einzusetzen.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zum Thema Verbände.

 


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