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@grar.de Aktuell - 13.06.2003

HBV zur GAP: Ausufernde Bürokratie nicht zumutbar

Landesverbandsausschuss des Hessischen Bauernverbandes kritisiert Reformvorschläge zur Gemeinsamen Agrarpolitik


Alsfeld (agrar.de) - 'Es kann nicht sein, dass wir uns zurücknehmen und die
Anderen legen eine Schippe drauf', sagte Udo Hemmerling, Referent für Wirtschafts-
und Regionalpolitik beim Deutschen Bauernverband (DBV), während seines
fachlich sehr fundierten Vortrages auf der Sitzung des Landesverbandsausschusses
des Hessischen Bauernverbandes (HBV) am 10. Juni 2003 in Alsfeld. Er
meinte damit die beabsichtigte Kürzung der Direktzahlungen in der Europäischen
Union und den gleichzeitigen Einstieg der USA in ein System von Direktzahlungen an
die amerikanischen Bauern.

Der DBV-Referent erläuterte zunächst die wichtigsten Elemente der geplanten Reform
der EU-Agrarpolitik: Weitere Preissenkungen gegen Teilausgleich, insbesondere bei
Getreide und Milch, die Modulation, also Kürzung und Umverteilung der
Direktzahlungen, die Entkopplung der Direktzahlungen von der Erzeugung als
flächenbezogene Betriebsprämie und nicht zuletzt Cross Compliance. Damit ist die
Kopplung der Betriebsprämie an Umwelt-, Hygiene-, Tierschutz-,
Betriebssicherheits- und Bewirtschaftungsstandards gemeint. Bei Nichteinhaltung
dieser Standards drohen entsprechende Prämienkürzungen.

Er wies darauf hin, dass die EU-Kommission eine Entscheidung über die Fortführung
der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bis zur Sommerpause 2003 herbeiführen wolle.
Des weiteren ging er auf den aktuellen Stand der Verhandlungen sowie die
verschiedenen Reformvorschläge ein und betonte, dass Agrarkommissar Fischler in
den Kernpunkten der GAP-Reform wenig Kompromissbereitschaft zeige. Dies gelte vor
allem für die umfassende Entkopplung zu einer Betriebsprämie. In den Franzosen,
die sich allenfalls im Ackerbau eine Teilentkoppelung vorstellen können, sieht
Hemmerling einen guten verbündeten Deutschlands im Agrarministerrat, der in dieser
Woche in Luxemburg zusammengekommen ist. DBV-Präsident Gerd Sonnleitner habe
Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast im Vorfeld des Agrarrates die
Position des Berufsstandes zur GAP-Reform vorgetragen.

WTO-Verhandlungen abwarten

Der Bauernverband lege besonderen Wert drauf, dass die Direktzahlungen auch
künftig an die landwirtschaftliche Erzeugung gebunden bleiben und den aktiven
Landwirten zukommen. Die Agrarmarktpolitik (Gemeinschaftspräferenz und
Außenschutz) dürften keinesfalls aufgegeben werden. Man müsse zu Vereinfachungen
und einem Bürokratieabbau kommen. Angesichts der bevorstehenden
WTO-Verhandlungsrunde im September sollten deren Ergebnisse zunächst abgewartet
und die Entscheidungen über die GAP-Reform entsprechend vertagt werden.

Udo Hemmerling betonte, dass die von der EU-Kommission favorisierten
flächenbezogenen Betriebsprämien je nach einzelbetrieblicher Situation
(Flächenausstattung, Tierbesatz) erhebliche Einbußen für die Landwirte zur Folge
hätten. Deshalb müsse die bislang getrennte Behandlung der Direktzahlungen in die
Bereiche Ackerbau, Tierprämien und Milch auch zukünftig erhalten bleiben.
Schließlich müssten die Beschlüsse der Agenda 2000 bis 2006 Bestand haben.

Die Mitglieder des Landesverbandsausschusses kritisierten die verschiedenen
Überlegungen zur Reform der EU-Agrarpolitik sehr heftig. Die damit verbundene
ausufernde Bürokratie sei keinem Bauern zu vermitteln und schon gar nicht
zumutbar, deshalb müsse man mit allen Mitteln versuchen, die Reformen zu
verhindern. Auf großen Unmut stießen zum Beispiel die vielen Ungereimtheiten beim
Handel und der Übertragung von Prämienrechten.

HBV-Präsident Heinz Christian Bär sieht für die bevorstehenden Verhandlungen im
Agrarministerrat im Schulterschluss mit den Franzosen gewisse Erfolgsaussichten.
Ob die Gespräche mit Frau Künast etwas bringen, bleibe abzuwarten, denn sie
verfolge nach wie vor das Ziel, eine Umschichtung von Beihilfen zugunsten der
extensiven Tierhaltung vorzunehmen. Man könne nur hoffen, dass Fischler sich nicht
durchsetzen werde, denn die von der EU eingeleiteten Vorleistungen würden nach
seinen bisherigen Erfahrungen im Rahmen der WTO-Verhandlungen zum Beispiel von den
Amerikanern, den Kanadiern und den Neuseeländern keinesfalls anerkannt.

Enormer Preisdruck

'Jetzt beginnt die große Sparaktion, in die wir einbezogen werden', stellte
Präsident Bär mit Blick auf die nationale Politik und die begonnene Diskussion um
die Agrardieselvergütung mit Bedauern fest. Neben den Milcherzeugern litten die
Schweinemäster und Ferkelerzeuger in den letzten Wochen ebenfalls unter einem
enormen Preisdruck. Deshalb hätte die bundesweite Kampagne 'Lebensmittel sind mehr
wert!' nach wie vor ihre Berechtigung. Bär kritisierte erneut die brutale
Preisdumpingpolitik von Aldi im Milchsektor, die auf dem Rücken der Molkereien und
letztendlich der Bauern ausgetragen werde.

In diesem Zusammenhang betonte Generalsekretär Peter Voss-Fels, dass die
hessischen und bundesweiten Protestaktionen der richtige Weg seien. Mittlerweile
lägen dem Hessischen Bauernverband mehr als 10.000 Unterschriften vor, dies sei
ein eindrucksvoller Beweis für den Konsens mit den Verbrauchern. Peter Voss-Fels
stellte den Entwurf der Resolution vor, die einstimmig verabschiedet wurde.
Vizepräsident Heinrich Heidel, Vizepräsident Friedhelm Schneider, Reiner Kehl und
Bernd Weber berichteten von den Sitzungen der HBV-Ausschüsse für Umwelt, Milch,
Öffentlichkeitsarbeit und nachwachsende Rohstoffe, die in den letzten Wochen
stattfanden.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zum Bundesland Verbände.

 


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