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@grar.de Aktuell - 04.06.2003

Schleswig-Holstein: Oft gestellte Fragen zu Natura 2000


Kiel (agrar.de) - Am Dienstag hat das Kabinett eine Liste mit Gebieten gebilligt,
die unter NATURA 2000-Schutz gestellt werden sollen. Mit NATURA 2000 wird ein Netz
von Schutzgebieten in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU)
geschaffen. Hierzu veröffentlicht das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und
Landwirtschaft eine Liste von oft gestellten Fragen:

NATURA 2000 Lebensräume erhalten und entwickeln
Lebensräume erhalten und entwickeln

Von den 84 in Schleswig-Holstein nachgewiesenen Tagfaltern gelten 13 als
ausgestorben, 35 sind bedroht und neun stehen auf der so genannten Vorwarnliste.
Das sind 64 Prozent aller Tagschmetterlinge. Sie sind nicht bedroht, weil sie
gefangen oder getötet werden. Sie sind bedroht, weil wir Menschen ihre Lebensräume
verändern und vernichten, natürlich entstehen durch menschliches Handeln auch
Lebensräume. Aber Fakt ist: Noch in den 50er Jahren gab es in Mitteleuropa rund
77.000 verschiedene Pflanzen- und Tierarten. Es werden täglich weniger.

Es ist nicht zu spät. Wir können und wollen die Schönheit und Vielfalt der
schleswig-holsteinischen Natur erhalten. Schmetterlinge und ihr Verschwinden
fallen uns auf. Wenn der Schlammpeitzger - ein Fisch - keinen Lebensraum in
Schleswig-Holstein mehr findet, interessiert das wenige. Er ist aber Teil eines
großen Systems und auch wenn wir seinen Verlust nicht konkret erleben, verarmen
wir, weil dieses System mehr und mehr zerstört wird. Dieses Gesamtsystem mit
seinen einzigartigen Facetten wollen wir schützen und erhalten.

Die Europäische Union fasste 1992 einen zukunftsweisenden Beschluss. Einstimmig -
also auch mit der Stimme der Bundesrepublik Deutschland - entschied sie, ein
zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten in den Mitgliedstaaten zu schaffen. Das
Netz bekam den Namen NATURA 2000 und wurde auf der Grundlage der FFH- und der
EU-Vogelschutzrichtlinie geknüpft. Jeder Mitgliedsstaat muss nach den Vorgaben
dieser Richtlinie Gebiete benennen. Diese Areale sind für viele bedrohte
Lebensräume und Arten wichtig. Sie sind entsprechend ihrer jeweiligen
Erhaltungsziele zu erhalten oder zu entwickeln.

Zweimal haben die Mitgliedstaaten bisher der EU ihre Gebietsvorschläge
unterbreitet. Jetzt steht fest, wo Nachholbedarf besteht. Das ist der Grund, warum
wir erneut Gebiete vorschlagen, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen
Rechnung tragen.

Was ist das Ziel von Natura 2000?

Das Ziel ist, ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten zu errichten. Die
Instrumente: Die Vogelschutzrichtlinie der EU von 1979 und die
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU von 1992. Damit will die EU 'einen
günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tier-
und Pflanzenarten ... bewahren oder wiederherstellen'.

Wieviele Gebiete sind bisher gemeldet?

Bislang wurde 123 FFH-Gebiete - auch 'Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung'
genannt -, davon 59.200 Hektar an Land (3,75 Prozent der Landesfläche) und 477.600
Hektar in Nord- und Ostsee (56 Prozent der Meeresfläche) zusammen rund 20% der
schleswig-holsteinischen Land- und Meeresfläche - sowie 73 Vogelschutzgebiete
gemeldet.

Warum melden wir erneut an?

Die EU hat jetzt Bilanz gezogen und konkrete Forderungen zur Nachmeldung von
Gebieten erhoben, in denen bestimmte Lebensraumtypen oder Arten vorkommen. Diese
Aufforderung trifft alle Bundesländer. Dieser Aufforderung wollen wir nachkommen.

Gleichzeitig hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungverfahren gegen
Deutschland eingeleitet wegen nicht ausreichender Umsetzung der FFH-Richtlinie,
das mit einem Zwangsgeld, festgesetzt durch den Europäischen Gerichtshof, enden
kann. Die Bundesländer haben sich gegenüber der Kommission verpflichtet,
unverzüglich in einem ausreichenden Umfang Gebiete nachzumelden. Die Kommission
hat zugesagt, das Verfahren so lange auszusetzen, wie sie den Eindruck der
Einhaltung dieser Zusage hat.

Was und wieviel melden wir jetzt an?

Wir melden etwa 240 Gebiete an, die neu sind oder Änderungen bereits gemeldeter
Gebiete umfassen und die 48 verschiedene Lebensraumtypen und 22 verschiedene Arten
beherbergen.
• Beispiele für Lebensraumtypen: Strandseen, Quellerwatt, Salzwiesen, Primärdünen,
Binnendünen mit Besen- und Krähenbeerenheide, Feuchtheide, Kalkreiche Sümpfe,
verschiedene Buchenwaldtypen, Moorwälder
• Beispiele für Arten: Flussmuschel, Neunaugen, Bitterling, Kammmolch,
Rotbauchunke, Fischotter, Strand-Sellerie.

Eine vollständige Liste finden Sie im Internet. Wir werden noch während
des Prozesses überprüfen, ob unsere FFH-Meldungen ausreichen. Wir prüfen auch,
inwieweit wir der Aufforderung der Kommission, weitere Vogelschutzgebiete
nachzumelden, nachkommen können. Sollten hier einzelne Gebiete hinzukommen, werden
diese im Herbst mit der Öffentlichkeit abgestimmt. Den jetzt vorgeschlagenen
FFH-Gebieten folgen bis Oktober weitere Vogelschutzgebiete, so dass wir Anfang
2004 ein umfassendes Paket abliefern werden, das den Anforderungen der EU Genüge
tut.

Wo stehen andere Bundesländer/Europäische Länder?

Andere Bundesländer haben in der Regel mehr Landflächen benannt.
Schleswig-Holstein hat aber den höchsten Anteil Meeresflächen gemeldet. Die
Bundesrepublik Deutschland befindet sich mit Frankreich, Belgien, den Niederlanden
und Dänemark mit 6 bis 7 Prozent der Landesfläche im unteren Bereich der
Mitgliedstaaten.

Gibt es ein Beteiligungsverfahren an dem die Öffentlichkeit beteiligt ist?

Alle sind eingeladen mitzuwirken. Formell wird die Auslegung der Übersichtskarten,
der Detailkarten und der Kurzgutachten im Amtsblatt verkündet. Die Unterlagen
werden von Juni bis Mitte September in den Kommunalverwaltungen zur Einsichtnahme
ausgelegt. Gleichzeitig wird über die Presse über die Auslegung informiert.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MUNL und der Staatlichen Umweltämter stehen
während der gesamten Auslegungsfrist für Informationsveranstaltungen zur
Verfügung. Eine umfangreiche Broschüre informiert über alle Fragen zu Natura 2000.

Nach welchen Kriterien wurden die Vorschläge ausgewählt?

Bei der Auswahl der Gebiete ist zu beachten, dass dafür ausschließlich
naturschutzfachliche Kriterien entscheidend sind. Dies bestätigt das
Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zur Autobahn A 20: Politische
Zweckmäßigkeit, wirtschaftliche oder infrastrukturelle Interessen spielen hier
keine Rolle. Die Mitgliedstaaten haben vielmehr anhand der festgelegten Kriterien
und einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse die Gebiete aufzuführen, in
denen die entsprechenden natürlichen Lebensraumtypen und einheimischen Arten
vorkommen. Diese Auffassung wurde in inzwischen auch durch Urteile des
Europäischen Gerichtshofes bestätigt.

Wie funktioniert das Meldeverfahren?

Nachdem die fachliche Vorauswahl für die erforderlichen Nachmeldungen innerhalb
der Naturschutzfachverwaltung des Landes im Frühjahr 2003 abgeschlossen wurde,
werden die Betroffenen durch Veröffentlichung im Amtsblatt Schleswig-Holstein über
Möglichkeiten der Beteiligung und die Ergebnisse der Vorauswahl informiert.

Unabhängig von den Vorauswahlergebnissen der staatlichen Naturschutzbehörden kann
jeder fachlich begründete Vorschläge für Gebietsbenennungen unterbreiten.
Darüber hinaus werden die Verbände und andere Organisationen vom Ministerium für
Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft informiert und können sich im Rahmen des
naturschutzfachlichen Beteiligungsverfahrens zu dem Vorhaben des Landes äußern.

Die eingegangenen Stellungnahmen werden im Umweltministerium ausgewertet. Es ist
geplant, die Gebiete Ende 2003 oder Anfang 2004 an das Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu melden, wo sie aus nationaler Sicht
bewertet werden. Anschließend wird die Meldung an die Europäische Kommission
weitergeleitet.

Die Kommission prüft die Meldungen der einzelnen Mitgliedstaaten und legt die
Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung auf der europäischen Ebene abschließend fest.
Sobald die Europäische Kommission ihre Liste der Gebiete gemeinschaftlicher
Bedeutung aufgestellt hat, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, diese Gebiete
innerhalb von sechs Jahren dauerhaft zu sichern.

Was passiert, wenn Schleswig-Holstein nicht oder zuwenig meldet?

Falls Schleswig-Holstein keine weiteren Gebiete meldet, können wir die hierfür
vorgesehenen Strukturfondmittel der Europäischen Kommission, mit deren Hilfe
unsere einzigartige Landschaft erhalten werden soll, nicht ausreichend nutzen. Wir
würden damit die Chance verpassen, EU-Fördermittel nach Schleswig-Holstein zu
lenken, mit denen der Naturschutz und die Landwirtschaft unterstützt werden
können.

Und schlimmer: Schleswig-Holstein hat - wie auch die anderen Bundesländer und
Mitgliedstaaten der Union - die konkrete Verpflichtung, Gebiete gemeinschaftlicher
Bedeutung zu benennen. Bislang reichen die Gebietsmeldungen von Deutschland und
damit auch von Schleswig-Holstein noch nicht aus. Dies hat der Europäische
Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. September 2001 bestätigt. Eine in einem
weiteren Urteil mit Sicherheit zu erwartende Verurteilung hätte zur Folge, dass
Zwangsgelder gegen die Bundesrepublik Deutschland verhängt werden, die letztlich
auch Schleswig-Holstein treffen. Statt Fördermittel aus Brüssel zu holen, müssten
wir erhebliche Strafen an die Europäische Union zahlen.

Eine weitere Konsequenz der bisher nicht ausreichenden Meldung ist eine zunehmende
Planungsunsicherheit für zahlreiche Vorhaben. Von erheblicher Bedeutung ist
hierbei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zur Autobahn A 20 vom 19. Mai
1998. Die Urteilsbegründung: Wenn ein Mitgliedstaat noch keine vollständige Liste
der zu meldenden Gebiete vorgelegt hat und ein Gebiet nach den
naturschutzfachlichen Kriterien für eine Meldung ernsthaft in Betracht kommt, ist
es so zu behandeln wie ein gemeldetes. Solange Schleswig-Holstein also keine
vollständige Gebietsliste vorgelegt hat, sind für zukünftige Pläne und Projekte,
die auf potentielle Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung Auswirkungen haben
können, Verträglichkeitsprüfungen durchzuführen. Anders ist derzeit keine
Rechtssicherheit möglich.

Welche Beschränkungen ergeben sich durch die Benennung?

Landwirtschaft
In manchen Gebieten ist erst durch menschliche Nutzungen eine vielfältige Natur
entstanden. Das betrifft beispielsweise das Grünland in einigen FFH- und mehreren
Vogelschutzgebieten, insbesondere das Feuchtgrünland. Hier hat die extensive
Landwirtschaft dazu beigetragen, dass diese Naturausstattung - auch aus
europäischer Sicht - derart wertvoll geblieben ist. Für alle Grünlandflächen gilt,
dass sie in Art und Umfang wie bisher genutzt werden können. Allerdings darf die
Nutzung nicht derart intensiviert werden, dass die Schutzziele des Gebietes
verloren gehen.

Die ordnungsgemäße Landwirtschaft ist im Rahmen der guten fachlichen Praxis nicht
als Eingriff zu bewerten. Deshalb muss ihre Verträglichkeit nicht gesondert
geprüft werden.

Dies ist anders, wenn genehmigungs- und anzeigepflichtige Vorhaben und Maßnahmen
geplant sind - beispielsweise der Bau eines Stalles oder landwirtschaftlichen
Weges. Sofern eine Vorprüfung ergibt, dass sich dadurch eine NATURA 2000-Fläche
erheblich verschlechtern könnte, ist eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen.
Die Ausweisung als Gebiet gemeinschaftlicher Bedeutung bedeutet jedoch nicht, dass
Betriebserweiterungen überhaupt nicht mehr möglich sind.

Seit langer Zeit werden der Landwirtschaft in sogenannten benachteiligten Gebieten
Beihilfen von der Europäischen Union gezahlt. Sie sollen die Bewirtschaftung in
diesen Gebieten sichern und die Landwirte als Ausgleich für naturgegebene
Bewirtschaftungsnachteile finanziell unterstützen. Nach der Verordnung über die
Förderung des ländlichen Raumes, der Agenda 2000, wurden diese Fördergebiete um
das Netz NATURA 2000 ergänzt. Damit ist es möglich, zum Beispiel für den Erhalt
des Grünlandes Beihilfen an die Landwirte in NATURA 2000-Gebieten zu zahlen.

Daneben sollen in den NATURA 2000-Gebieten schwerpunktmäßig
Bewirtschaftungsverträge für eine extensive Landwirtschaft oder eine
zwanzigjährige Flächenstilllegung angeboten werden. Seit Anfang 1999 gibt es neue
Vertragsmuster, die eine flexible extensive Nutzung von Grünlandgebieten
ermöglichen.

Fischerei
Zu den Gebieten gehören zahlreiche Gewässer, wie das Wattenmeer, die Unterelbe,
Flachgründe in der Ostsee, Seen und Flußabschnitte. Neben dem Ziel der Erhaltung
naturnaher Gewässer sind eine Vielzahl an Wasser gebundene Arten wie Muscheln,
Fische, Neunaugen, Amphibien und Insekten und deren Habitate zu sichern, die die
jeweiligen Lebenszyklen im Meer oder an Land beinhalten.

Die gesetzlichen Regelungen des Landes für die Binnengewässer, insbesondere die
Hegepflicht und Hegepläne nach dem Landesfischereigesetz, sichern die
Erhaltungsziele in den ausgewählten europäischen Schutzgebieten weitgehend.
Deshalb muss bei Einhaltung artenschutzrechtlicher Bestimmungen für die
fischereiliche Nutzung alleine kein Naturschutzgebiet ausgewiesen werden.

In den Küstengewässern sichert das Fischerei- und Artenschutzrecht, insbesondere
auch das Verbot der Schleppnetzfischerei der Küstenfischereiordnung bereits heute
die Schutzziele der 'Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung'.

Die ordnungsgemäße Fischerei ist im Rahmen der guten fachlichen Praxis kein
Eingriff. Auch hier muss ihre Verträglichkeit nicht geprüft werden. Lediglich
genehmigungs- und anzeigepflichtige Vorhaben - beispielsweise die Neuanlage von
Fischteichen - müssen auf ihre Verträglichkeit geprüft werden, wenn eine
erhebliche Beeinträchtigung zu befürchten ist.

Jagd
Die jagdliche Nutzung in 'Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung' kann wie bisher
erfolgen. Das Landesnaturschutzgesetz, das Bundesjagdgesetz sowie das
Landesjagdgesetz sichern die Erhaltungsziele in den für Schleswig-Holstein
ausgewählten europäischen Schutzgebieten weitgehend. Deshalb ist für die jagdliche
Nutzung allein keine weitere naturschutzrechtliche Umsetzung erforderlich.
Lediglich in wenigen Rast- und Mausergebieten internationaler Bedeutung wie an der
Unterelbe, kann die bestehende Wasservogeljagd zu Störungen führen. In
Naturschutzgebieten wird die Jagd über die entsprechende Verordnung geregelt. Das
neue Landesjagdgesetz bietet die Möglichkeit, Wildschutzgebiete einzurichten.

Forstwirtschaft
Zu den schleswig-holsteinischen Natura 2000-Gebieten gehören Wälder. Hier kommen
besonders schutzwürdige Lebensräume nach der FFH-Richtlinie oder besondere an
naturnahe Wälder gebundene Schnecken-, Amphibien- oder Fledermausarten vor.
Besondere Waldtypen sind beispielsweise der Hainsimsen-Buchenwald, der
Waldmeister-Buchenwald, alte bodensaure Eichenwälder mit Stieleiche auf Sandebenen
oder Auwälder. Eine besondere Bedeutung haben in den Wäldern oft Quellgebiete und
naturnahe Bäche, auch als Lebensraum von Fischen und Insekten.

Das Verschlechterungsverbot bedeutet, dass die bisherige naturnahe
Waldbewirtschaftung aufrechterhalten wird. Die Nutzung in den FFH-Gebieten kann
wie bisher stattfinden. Die Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes und des
Landeswaldgesetzes sichern die Erhaltungsziele in den Gebieten bereits weitgehend.
Um zu vermeiden, dass ein Waldumbau, wie die Umwandlung eines Laubwaldes in einen
Nadelwald, Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung beeinträchtigt werden freiwillige
Vereinbarungen abgeschlossen. In wenigen Fällen sollen Naturschutzgebiete
ausgewiesen werden.

Sollen bauliche Anlagen errichtet, forstwirtschaftliche Wege gebaut, Waldflächen
umgewandelt oder Erstaufforstungen vorgenommen werden, sind
Verträglichkeitsprüfungen durchzuführen, sofern die Vorprüfung ergeben hat, dass
die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigt werden können.

Gewässerunterhaltung und Gewässerausbau
In Schleswig-Holstein gibt es zahlreiche Seen und Fließgewässer, von denen einige
zu den Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung gehören. Hier wird die Charakteristik
des Gewässers aber auch die Habitatfunktion beispielsweise für den Otter, die
Gemeine Flußmuschel oder verschiedene Fisch- und Insektenarten gesichert.
Das Verschlechterungsverbot lässt die bisherige Gewässerunterhaltung zu, so dass
die Gewässer in Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung wie bisher unterhalten
werden dürfen. Dies gilt auch für Maßnahmen in den genehmigten
Gewässerpflegeplänen.

Die rechtlichen Regelungen in Schleswig-Holstein sichern die Erhaltungsziele
bereits so umfassend, dass in der Regel keine zusätzlichen rechtlichen oder
vertraglichen Beschränkungen erforderlich sind. In einigen Fällen, beispielsweise
in Gewässern mit besonderen Schutzzielen als Laich- oder Wandergebiet geschützter
Fischarten oder als Brutplatz bestimmter Vögel kann eine nach Landesrecht
zulässige Handlung zu einer Verschlechterung des bestehenden Erhaltungsziels
führen. Hier will das Land - soweit dies möglich und erforderlich ist -
freiwillige vertragliche Vereinbarungen abschließen.

Genehmigungspflichtige oder anzeigepflichtige Maßnahmen, wie der Ausbau von
Gewässern, sind auf Verträglichkeit mit dem Erhaltungsziel zu prüfen.
Grundsätzlich regeln die bestehenden Gesetze und Verordnungen die
Gewässerunterhaltung so, dass sie dem Erhaltungsziel der europäischen
Naturschutz-Richtlinien sehr nahe kommt. Viele naturnahe und unverbaute Bach- und
Flußabschnitte werden bereits durch das Landesnaturschutzgesetz geschützt.

Erholung
Schleswig-Holstein ist mit seinen Küsten, Seen, bedeutenden Feuchtgebieten und
Wäldern für Erholungssuchende besonders interessant. Wir tragen wesentliche
Verantwortung für dieses reichhaltige Naturerbe und es ist richtig, wichtige und
wertvolle Gebiete zu bewahren und weiter zu entwickeln. Das Netz Natura 2000 kann
zu einer besonderen Touristenattraktion für Schleswig-Holstein werden. Für diesen
bedeutenden Wirtschaftszweig sind zahlreiche Lebensräume - beispielsweise der
Nationalpark Wattenmeer - Bestandteil unseres Landes-Image und somit ein
wesentlicher Standortfaktor der Wirtschaft.

Das Verschlechterungsverbot bezieht sich nur vornehmlich auf neue oder intensivere
Nutzung als bisher. In Natura 2000-Gebieten können wir uns wie bisher erholen. Nur
in wenigen Ausnahmefällen müssen bestimmte Formen der Erholungsnutzung angemeldet
und durch Behörden zugelassen werden. In diesen Fällen kann eine
Verträglichkeitsprüfung erforderlich werden. Beispiele sind
Motorboot-Rennveranstaltungen in Schutzgebieten der Ostsee.

Entwicklung der Gemeinden
Bestehende Planungen aufgrund eines rechtskräftigen Bebauungsplans haben
Bestandsschutz. Eine gültige Baugenehmigung in einem Bebauungsplan für die
unmittelbare Nachbarschaft eines Natura 2000-Gebietes muss deshalb nicht neu im
Baugenehmigungsverfahren geprüft werden. Dies ist bei gemeindlichen
Entwicklungsplanungen anders, für die ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden
muss.

Die in einer sorgfältigen Planung vorgenommenen Untersuchungen, wie sich ein
künftiges Vorhaben auf Natur und Landschaft auswirkt, reichen in der Regel als
Grundlage aus, um die Verträglichkeitsprüfung durchzuführen. Eine solche Prüfung
muss durchgeführt werden, wenn Nutzungsänderungen innerhalb der NATURA
2000-Gebiete im Rahmen der Bauleitplanung vorbereitet werden. Bei
Nutzungsänderungen außerhalb der Gebiete ist im Einzelfall zu prüfen, ob diese zu
erheblichen Beeinträchtigungen führen können. Wird dies bejaht, muss eine
Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.

Die FFH- Richtlinie verlangen von allen öffentlichen Planungsträgern mehr Sorgfalt
im Umgang mit dem bedrohten europäischen Naturerbe als bisher.

Wer ist betroffen und werden die Betroffenen entschädigt?

Betroffen sein können grundsätzlich alle, die Nutzungen in einem FFH-Gebiet
ausüben. Die Benennung des Gebietes allein löst noch keinen Rechtsanspruch auf
Ablehnung der Meldung oder gar auf Entschädigung aus. Erst wenn aufgrund der
naturschutzrechtlichen Sicherung eventuell bislang zulässige Nutzungen untersagt
werden, können Betroffene rechtlich gegen diese Untersagung vorgehen. Falls die
Untersagung rechtmäßig ist, kann ein Entschädigungsanspruch entstehen.

Kann ein Grundeigentümer sich gegen die Benennung wehren?

Geeignete Gebiete sind nach der FFH-Richtlinie der Europäischen Kommission zur
Aufnahme in die Liste der 'Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung' vorzuschlagen.
Der Rechtsweg steht dem Eigentümer erst gegen möglicherweise daraus resultierende
Einschränkungen (z. B. Untersagung unverträglicher Nutzungen) offen.

Was passiert, wenn eine Art wegzieht oder ausstirbt?

Zunächst einmal ist es Aufgabe der Naturschutzbehörden, geeignete Maßnahmen zum
Schutz und zur Entwicklung des Gebietes zu veranlassen und darüber der Kommission
regelmäßig zu berichten. Sollte sich dabei herausstellen, dass geschützte Biotope
und Arten dauerhaft verloren gegangen sein sollten und mit einer Wiederherstellung
nicht zu rechnen ist, erscheint es nicht als sinnvoll, das Gebiet weiterhin als
'Gebiet gemeinschaftlicher Bedeutung' zu führen.

Links zum Thema Landschaft und Natur,
Links zum Bundesland Schleswig-Holstein.

 


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