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@grar.de Aktuell - 28.03.2003

EKD zu WTO-Agrarverhandlungen und der Reform der Zuckermarktordnung


Altenkirchen (agrar.de) - Auf seiner Frühjahrstagung setzte sich der Ausschuss für
den Dienst auf dem Lande der Evangelischen Kirche in Deutschland (ADL)
mit den aktuellen Agrarverhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) und der
EU-Zuckermarktordnung auseinander. Der ADL ist besorgt darüber, dass allein die
internationale Konkurrenzfähigkeit über die Zukunft der Landwirtschaft weltweit
entscheiden soll. Bei diesen Verhandlungen geht es aber nicht nur um Handel – es
geht auch um die materiellen und sozialen Lebensgrundlagen der Menschen auf dem
Lande. Die WTO geht mit großer Arglosigkeit und Uneinsichtigkeit darüber hinweg.
Dies kann aus christlicher Sicht nicht hingenommen werden.

Der ADL ist der Meinung, die Welthandelsregeln müssen dafür sorgen, dass
landwirtschaftliche Erzeugnisse ihren Wert erhalten. Deshalb darf internationaler
Wettbewerb nicht zu einem Preis-, Sozial- und Umweltdumping führen.
Menschenunwürdige Lebens- und Arbeitsverhältnisse auf Plantagen in vielen
Entwicklungsländern, Raubbau an der Natur und Exportsubventionen der
Industrieländer sind gleichermaßen abzuschaffen.

Der ADL sieht für die Agrarpolitik der EU einen Reformbedarf: handelsverzerrende
Maßnahmen der Unterstützung und die direkten und indirekten Exportsubventionen
sind abzubauen. Nur so lässt sich das europäische Modell einer multifunktionalen
Landwirtschaft in der globalisierten Welt rechtfertigen. Protektionismus und
Weltmarkteroberung sind ein Widerspruch.

Der ADL stellt fest, dass die Reformvorschläge zur Halbzeitbewertung der Agenda
2000 durch die EU-Kommission in die richtige Richtung gehen. Durch die Abkopplung
der Subventionen von der Produktion können die Ausgleichszahlungen in die 'Grüne
Box' eingestellt werden und verlieren dadurch ihren handelsverzerrenden Charakter.

Der ADL befürwortet die Beibehaltung der Marktordnungen, da über eine
Mengenregulierung die Beschränkung der Produktion auf den Binnenmarkt erreicht
werden kann. Die Marktordnungen für Milch und Zucker könnten dafür ein Beispiel
sein. Hier müssen die Produktionsquoten am Eigenbedarf orientiert werden. Zugleich
sollen die vom Weltmarkt geschützten höheren Erzeugerpreise aber erhalten bleiben.

Ein Mengenregulierungssystem hat den Vorteil, dass gezielt Importquoten an arme
Entwicklungsländer vergeben werden können. Der ADL setzt sich in diesem Sinne für
eine weltweite Ausdehnung der EU-Initiative „Alles außer Waffen“ ein und drängt
auf eine komplette und zügige Umsetzung, unter strenger Kontrolle des
Ursprungsland-Nachweis und Verbot des Re-Exports. Damit die armen Länder
akzeptable Mindeststandards in ihrer Exportproduktion für den europäischen Markt
freiwillig einhalten, müssen über bilaterale Verträge entsprechende ökonomische
Anreize gewährt werden, die u.U. aus Abgaben auf die preisgestützte Produktion zu
finanzieren sind. Zucker und Milch in der EU sollen eine Sonderbehandlung erfahren
dürfen und sind im Rahmen der WTO-Verhandlungen als sogenannte 'strategische
Produkte' der EU zu behandeln.

Am Beispiel der Zuckermarktordnung hat der ADL exemplarisch diskutiert, in welche
Richtung die Reform gehen müsste: grundsätzlicher Erhalt einer Zuckermarktordnung
bei einer Binnenmarktausrichtung und Rückführung der Exportorientierung; sowie der
Ausbau des garantierten Marktzugangs für arme Entwicklungsländer (LIC).

Mit der Osterweiterung der EU dehnt sich auch die Zuckermarktordnung
und –wirtschaft nach Osten hin aus. Nach Ansicht des ADL sollen den Landwirten
dort weitgehende Mitwirkungsrechte eingeräumt werden, wie etwa durch ihre
kapitalmäßige Beteiligung an den Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen.

Der ADL befasste sich auch mit der Zuckerrohrproduktion in bestimmten
Anbaugebieten Südamerikas und fordert für die dortigen Landarbeiter sozialgerechte
Arbeitsbedingungen.

Zusammenfassend stellt der ADL fest, dass der gerade vorgelegte Entwurf für ein
neues WTO-Agrarabkommen in Genf durch den Vorsitzenden des Agrarausschusses,
Direktor Stuart Harbinson, die oben genannten Anliegen in keiner Weise
widerspiegelt. Der ADL lehnt sie daher als Verhandlungsgrundlage ab.

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