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@grar.de Aktuell - 24.03.2003

Perspektiven 2003: Berlin und Brüssel ziehen die Daumenschrauben an


Berlin (agrar.de) - Die von der Bundesregierung durchgesetzten bzw. geplanten weit
reichenden Steuer- und Abgabenerhöhungen belasten die Raiffeisen-Genossenschaften
erheblich. Dazu zählen die Fortführung der Ökologischen Steuerreform, die geplante
Einführung der Lkw-Maut, höhere Sozialversicherungssätze und vor allem die
umstrittene Anhebung des Umsatzsteuersatzes für landwirtschaftliche Vorprodukte
auf 16 Prozent.

'Die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Futtermittel verschlechtert die
Wettbewerbslage der deutschen Hersteller gegenüber Anbietern aus dem benachbarten
Ausland fundamental. Die Steuersätze für Futtermittel betragen z. B. in den
Niederlanden 6 Prozent, in Frankreich 5,5 Prozent. Bei einem Mehrwertsteuersatz
von 16 Prozent in Deutschland führt diese Differenz von zehn Prozentpunkten bei
einem durchschnittlichen Produktpreis von 15 Euro/100 kg zu einem Unterschied von
1,50 Euro/100 kg zu Gunsten ausländischer Anbieter. Diese Wettbewerbsverzerrung
gefährdet die Existenz der mittelständischen Genossenschaften im
Futtermittelsektor', so Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen
Raiffeisenverbandes (DRV), bei der Bilanzpressekonferenz in Berlin.

Kein Pfand auf Einweg-Verpackungen für Milch

Das Bundesumweltministerium bereitet eine Novelle der Verpackungsverordnung vor.
Die Eckpunkte sehen für alle Einweg-Getränkeverpackungen, mit Ausnahme von
ökologisch vorteilhaften Verpackungen wie Kartons und Schlauchbeutel für Milch,
eine Pfandpflicht vor. Jährlich wären mehrere hundert Millionen Kunststoffbecher
und Einweg-Flaschen von der Bepfandung auf Milch und Milcherzeugnisse betroffen.
Die genossenschaftliche Milchwirtschaft lehnt diese Pläne entschieden ab:

1. Milcherzeugnisse stellen aufgrund ihrer natürlichen Eigenschaften und des
raschen Verderbs besondere Anforderungen an die Verpackungen.

2. Milch und Milchprodukte sind wichtige Bestandteile der gesunden Ernährung. Ein
Pfand auf diese Verpackungen würde die Akzeptanz beim Verbraucher, vor allem bei
jungen Menschen, verringern.

3. Die zwangsläufig stattfindende Keim- und Geruchsentwicklung bei der Rückgabe
verunreinigter Verpackungen ist weder mit hygienischen Vorschriften vereinbar noch
den Verbrauchern und dem Handel zumutbar.

4. Ziel der Novelle ist die Vereinfachung der Pfandpflicht. Eine Differenzierung
bei Milch und Milchprodukten würde hingegen zur weiteren Verunsicherung und
Verwirrung bei den Konsumenten führen.

Für die Milchwirtschaft fordert Nüssel bei der Änderung der Verpackungsverordnung
eine generelle Freistellung von Milch und Milcherzeugnissen von der Pfandpflicht
auf Einweg-Verpackungen.

EU-Agrarreform: Keine Vorleistungen für WTO-Verhandlungen

Die EU-Kommission hat in ihren Legislativvorschlägen für die Halbzeitbewertung der
Agenda 2000 zwei wichtige Anliegen der Genossenschaften berücksichtigt: Die
Kappungsgrenze bei den Ausgleichszahlungen ist gestrichen und die
Milch-Garantiemengenregelung soll über das Jahr 2008 hinaus verlängert werden. Der
DRV hat diese Pläne ausdrücklich begrüßt.

Dennoch beseitigt das vorgelegte Reformpaket nicht die grundlegenden Zweifel, ob
damit langfristig tragfähige Perspektiven für die Land- und Agrarwirtschaft über
das Jahr 2006 hinaus eröffnet werden.

Der DRV-Präsident hält die tief greifenden Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik
zum jetzigen Zeitpunkt für verhandlungstaktisch unklug. Die WTO-Verhandlungen,
deren Fortgang angesichts des Irak-Konfliktes ungewiss ist, sollten abgeschlossen
sein, bevor die EU in eine erneute Reformdiskussion eintritt.

Nüssel kritisiert die im Milchsektor vorgeschlagenen, deutlich über die
Agenda-Beschlüsse hinaus gehenden Preissenkungen und zusätzlichen
Quotenaufstockungen. „Damit wird die bislang einkommenssichernde und
marktstabilisierende Funktion der Quotenregelung untergraben“, so der
Raiffeisen-Präsident.

Anstatt Änderungen am Mengen- und Preisrahmen für den EU-Milchmarkt vorab über
einen langen Zeitraum festzulegen, fordert Nüssel mehr Flexibilität in der
Milchmarktordnung, die der EU eine Marktsteuerung in Abhängigkeit künftiger
Entwicklungen des Binnenmarktes und der Drittlandsmärkte erlaubt. Mit einem
solchen Ansatz würde auch die Reaktionsfähigkeit der EU-Milchpolitik auf ein
Ergebnis der laufenden WTO-Verhandlungen erhalten bleiben.

Der für die Milcherzeuger vorgesehene Einkommensausgleich stellt nur eine
unzureichende Kompensation der vorgeschlagenen Preissenkung dar. Den
Milcherzeugern drohen massive Einkommensverluste. Als Folge wäre die Rohstoffbasis
für die milchverarbeitenden Genossenschaften ernsthaft gefährdet. Um dies zu
verhindern, fordert Nüssel eine höhere Kompensation künftiger Preissenkungen,
damit eine kostendeckende Milcherzeugung sichergestellt werden kann.

Links zum Thema Landhandel und Genossenschaften,
Links zum Thema Verbände.

 


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