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@grar.de Aktuell - 24.03.2003

Raiffeisen: Geschäftsjahr 2002 unter schwierigen Vorzeichen

Nüssel: Genossenschaften festigten ihre Marktposition


Berlin (agrar.de) - Mit einem addierten Jahresumsatz von rund 38 Mrd. Euro
(Vorjahr 39,7 Mrd. Euro) haben die Raiffeisen-Genossenschaften als Partner der
deutschen Land- und Ernährungswirtschaft ihre Marktposition gefestigt. 'Das
Geschäftsjahr stand unter extrem schwierigen Vorzeichen. Trotz eines Rückgangs des
landwirtschaftlichen Produktionswerts um 6 Prozent und deutlich gesunkener Gewinne
der Landwirte, der in einigen Regionen schlechten Getreide- und Ölsaatenernten
sowie der anhaltend schwachen allgemeinen Konjunktur haben die Genossenschaften
ihre Leistungsfähigkeit und Kundenorientierung erneut unter Beweis gestellt', so
Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), bei
der Bilanzpressekonferenz in Berlin.

Durch striktes Kostenmanagement wurden die mengen- und preisbedingten
Umsatzrückgänge weitgehend aufgefangen. 'Standorte, Vertriebs- und
Produktionsabläufe stehen ständig auf dem Prüfstand, um weitere Kosteneinsparungen
zu erzielen. Die Agrarwirtschaft befindet sich im Umbruch. Die Strukturen in
Handel und Verarbeitung wachsen im Zuge der voranschreitenden Konzentration in
europäische Dimensionen hinaus. Um diesen Veränderungen zu entsprechen, werden die
Kooperationen im genossenschaftlichen Verbund ausgebaut', erklärte der
DRV-Präsident. Die Zahl der Genossenschaften ging 2002 um 5,8 Prozent auf 3.423
zurück (Vorjahr 3.632).

Milchwirtschaft: Politik diktiert die Preise

Die genossenschaftlichen Molkereiunternehmen erzielten 2002 einen Umsatz von rund
10 Mrd. Euro (Vorjahr 10,7 Mrd. Euro).

Ein konjunktureller Abschwung beim Drittlandsexport führte im ersten Halbjahr 2002
zu deutlichen Mengenüberhängen am europäischen Milchmarkt. Zum Ausgleich musste
die Intervention in beachtlichem Umfang beansprucht werden. Die damit
vergleichsweise geringen Erlöse bei Butter und Magermilchpulver bestimmten
zunehmend die Preise für andere Milcherzeugnisse. 'Im Umfeld einer gedämpften
Wirtschaftslage und einer zunehmenden Hinwendung der Verbraucher zum Discount
mussten auch die Molkereigenossenschaften in den Verhandlungen mit dem
Lebensmittelhandel Abschläge bei Frischmilch und Frischmilcherzeugnissen
akzeptieren', so Nüssel.

Als Folge der niedrigeren Markterlöse gaben zwangsläufig die Erzeugerpreise nach.
Im Jahresdurchschnitt betrug der Auszahlungspreis in Deutschland knapp 30 ct/kg
bei 3,7 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß. Dies ist ein Rückgang auf das
Preisniveau des Jahres 2000.

Für das Jahr 2003 rechnet Nüssel am Inlandsmarkt mit einer stabilen Entwicklung
der privaten Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen. Entscheidend für das
Marktgleichgewicht wird weiterhin der Drittlandsexport sein, dessen Perspektiven
durch die weltpolitische Lage von zunehmenden Unsicherheiten geprägt sind.

Die Molkereien sehen sich in 2003 mit beachtlichen Mehrkosten, u. a. durch die
Ökosteuer und die Autobahnmaut, konfrontiert. Diese Steigerungen erfordern
entsprechende Anpassungen der Abgabepreise an den Handel.

Vieh- und Fleischwirtschaft im Umbruch

Nach zwei turbulenten von BSE, MKS und ihren weit reichenden Auswirkungen
geprägten Jahren haben sich 2002 die Märkte für tierische Erzeugnisse mengenmäßig
konsolidiert. Die 117 Vieh- und Fleischgenossenschaften verzeichnen einen
preisbedingten Umsatzrückgang auf 6,3 Mrd. Euro (Vorjahr 6,8 Mrd. Euro).

Der verhaltene private Fleischkonsum und das veränderte Einkaufsverhalten der
Verbraucher löst bei Vermarktern und dem Lebensmitteleinzelhandel zusätzlichen
Wettbewerbsdruck aus. Dieser Trend wird durch den Einstieg der Discounter in das
Frischfleischgeschäft weiter forciert. Der Verdrängungskampf unter den
Vertriebsschienen im Handel eröffnet zugleich Wachstumsmöglichkeiten im
Marktsegment SB-Frischfleisch. Die Genossenschaften haben diese Chancen erkannt un
d investiert. Sie werden dieses Marktsegment weiter ausbauen.

Die deutsche Fleischwirtschaft steht 2003 vor weiteren tief greifenden
Veränderungen. In der genossenschaftlichen Gruppe werden Weichenstellungen
vorgenommen, mit denen die Unternehmen ihre bilanzielle und strukturelle
Konsolidierung abschließen werden. 'Ich erwarte in diesem Jahr eine Beschleunigung
des Strukturwandels in der Fleischwirtschaft, da nicht alle Anbieter die
steigenden Anforderungen erfüllen können', erklärte der Raiffeisen-Präsident.

QS-Prüfzeichen setzt sich durch

Die Genossenschaften sind Vorreiter im QS-System und haben QS-Ware im Markt
eingeführt. QS ist ein in Europa bislang einmaliges System, weil erstmals alle
Prozessstufen der Produktionskette bis hin zum Lebensmitteleinzelhandel in ein
durchgängiges Qualitätssicherungs-System eingebunden sind. Die Leitfäden und
Prüfkriterien werden jeweils an die gesetzlichen Anforderungen und Erfordernisse
des Marktes angepasst. QS orientiert sich an der Zielsetzung des aktiven
Verbraucherschutzes durch Dokumentation, Kontrolle und Rückverfolgbarkeit. Mit
derzeit über 41.000 Betriebsstätten auf allen Stufen rechnet Nüssel in den
nächsten Monaten mit dem QS-Durchbruch im Lebensmittelhandel.

Warenwirtschaft bleibt umsatzstärkste Sparte

Trotz schwacher Konjunkturvorgaben und widriger Erntebedingungen in einigen
Regionen Deutschlands war die Geschäftsentwicklung in der Warenwirtschaft
insgesamt zufrieden stellend. 'Der Rückgang der wertmäßigen Umsätze um 1,7 Prozent
auf rund 17,2 Mrd. Euro ist moderat angesichts der außergewöhnlichen
Jahreseffekte. Ein mengen- und preisbedingter Einbruch im Energiegeschäft, die
enttäuschende Getreideernte sowie die schwache Nachfrage im Einzelhandelsbereich,
z. B. bei den 1.500 Raiffeisen-Märkten und im Baustoffhandel, waren wesentliche
Einflussfaktoren', so Nüssel.

Angesichts der negativen Vorzeichen in den sog. Diversifikationssparten haben die
Agrarsparten als Kerngeschäft der Raiffeisen-Genossen-schaften wesentlich zu dem
stabilen Jahresergebnis beigetragen.

Durch anhaltende Investitionen und Optimierungen im Standort- und
Vertriebsmanagement richten sich die Genossenschaften auf veränderte
Rahmenbedingungen und globale Marktentwicklungen ein. 'Strukturwandel wird nicht
als Risiko, sondern als Chance begriffen', erklärte Nüssel.

Umfangreiche Qualitätssicherungs-Maßnahmen kennzeichnen die Geschäftsentwicklung
in der Mischfutterproduktion. Dazu zählen u. a. strenge Kontrollen beim
Rohwareneingang, branchenübergreifende Schadstoffmonitorings zur spezifischen
Risikoermittlung, zertifizierte Qualitätsmanagement-Systeme, in die auch die
Rohstofflieferanten einbezogen sind, sowie HACCP-Konzepte, mit deren Hilfe
Gefahrenpunkte im gesamten Produktionsprozess erkannt und beseitigt bzw.
kontrolliert werden.

Genossenschaftsweine auf Erfolgswelle

Die 238 Winzergenossenschaften erzielten Umsätze in Höhe von rund 821 Mio. Euro
(Vorjahr 829 Mio. Euro). Sie sind mit Qualität und Menge der Weinernte von rund
3,1 Mio. hl (+ 0,3 Mio. hl) zufrieden. Der Weinmarkt befindet sich weiterhin im
Aufwärtstrend. Der steigende Verbrauch geht insbesondere auf das Konto roter
Rebsorten. Nur 30 Prozent der deutschen Anbaufläche, aber über 50 Prozent des
inländischen Konsums entfallen auf Rotweine – Tendenz steigend.

Der Aus- und Aufbau von Qualitätsmanagement-Systemen ist auch im Weinbau
vorrangig. Ein bundesweit einheitliches QM-System wird derzeit im Rahmen der
'DeutschWeinVision 2020' erörtert. Immer mehr Winzergenossenschaften honorieren
ihre Mitglieder über Bonitierungssysteme und qualitätsorientierte
Auszahlungspreise. Lohn der Mehrarbeit im Weinberg sind die Selektionsweine 2002.

Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft: Stabile Umsätze

Die Umsätze der 121 Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften betrugen erneut
rund 1,8 Mrd. Euro. Ein deutliches Plus erzielten die Gartenbaubetriebe. Mit
990.000 t war die deutsche Obsternte 2002 witterungsbedingt die schwächste seit
vier Jahren. Ernteausfälle in Südeuropa und geringe Lagervorräte sorgten Anfang
2002 für ungewöhnlich hohe Frischgemüse-Preise in Deutschland. Das führte zu einer
spürbaren Kaufzurückhaltung. Im Sommer des Jahres folgten zur Freude der
Verbraucher und zum Leidwesen der Vermarkter historische Tiefpreise.

Agrargenossenschaften: Nationale Alleingänge schaden

Die 769 Agrargenossenschaften in Ostdeutschland, die dem DRV angeschlossen sind,
haben ihre Ergebnisse im Wirtschaftsjahr 2001/02 deutlich verbessert. Die
Markterlöse konnten insbesondere durch die sehr gute Ernte des Jahres 2001 im
Durchschnitt aller Betriebe um etwa 6,4 Prozent auf annähernd 2 Mio. Euro je
Unternehmen gesteigert werden. Trotz dieses positiven Ergebnisses haben die
Agrargenossenschaften größeren Veränderungen auf der Erlös- und Kostenseite wenig
entgegenzusetzen.

Nüssel kritisierte, dass die Bundesregierung mit Beginn dieses Jahres die
Modulation der Direktzahlungen im nationalen Alleingang eingeführt hat. Dabei
steht die Entscheidung über eine EU-weite obligatorische Modulation erst 2003 im
Rahmen des Mid-Term-Reviews an. Er begrüßte ausdrücklich, dass die EU-Kommission
ihre ursprünglichen Pläne zur Kappung der Ausgleichszahlungen aufgegeben hat.

Nach wie vor warten die Agrargenossenschaften auf klare Perspektiven für die
endgültige Lösung des seit der Wiedervereinigung bestehenden Altschuldenproblems.
Der von der Bundesregierung mehrfach angekündigte Gesetzentwurf zur
Fortentwicklung der Altschuldenregelung liegt immer noch nicht vor. Nüssel
unterstützt die Einführung einer Ablöseregelung. Eine Verschärfung der bestehenden
Rangrücktrittsvereinbarung lehnt der Raiffeisen-Präsident mit Nachdruck ab.

Links zum Thema Landhandel und Genossenschaften.

 


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