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@grar.de Aktuell - 12.03.2003

Stächele: Fischler-Vorschläge gefährden baden-württembergische Milchviehbetriebe in ihrer Existenz

Minister diskutierte mit Europaabgeordneten über Milchquotenregelung - Ausschuss des Parlaments besuchte Betriebe im Elsass und im Schwarzwald


Hausach-Gechbach (agrar.de) - 'Die derzeitigen Vorschläge der EU-Kommission zur
Weiterentwicklung der Agenda 2000 müssen in einigen Punkten, wie etwa der
sinnvollen Milchmengensteuerung, geändert werden. Milchviehbetriebe in Gebieten
wie im Schwarzwald benötigen eine verlässliche Perspektive.' Dies erklärte der
baden-württembergische Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Willi Stächele
MdL, am Mittwoch bei einer Informationsfahrt mit Mitgliedern des Ausschusses für
Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung des Europäischen Parlaments in
Hausach-Gechbach (Ortenaukreis).

Minister Stächele unterstrich gegenüber dem Agrarausschussvorsitzenden Joseph Daul
(MdEP), der Berichterstatterin im Bereich Milch im Europäischen Parlament,
Elisabeth Jeggle (MdEP) sowie den zahlreichen weiteren Europaparlamentariern die
Notwendigkeit, in eine vertiefte Diskussion über die zukünftige
Milchmengensteuerung einzusteigen. 'Wir müssen rechtzeitig Klarheit schaffen,
damit unsere Landwirtschaft Planungssicherheit für Investitionen in die Zukunft
bekommt', so Stächele. Bei der Besichtigung von zwei landwirtschaftlichen
Betrieben im Ortenaukreis und im Elsass konnten sich die Ausschussmitglieder des
Europäischen Parlaments einen Eindruck über die derzeitige Situation der
landwirtschaftlichen Betriebe verschaffen sowie mit den betroffenen
Landwirtsfamilien über die möglichen Auswirkungen der EU-Vorschläge diskutieren.
Stächele betonte, dass mit den im Januar vorgestellten Umsetzungsvorschlägen zur
Agenda 2000 ein großer Teil der heimischen Milchviehbetriebe gefährdet sei. Für
einzelne Betriebe seien Einkommensverluste von bis zu 50 Prozent zu befürchten.
Insgesamt seien Einkommensverluste von zirka 115 Millionen Euro im Jahr für die
Milchviehhalter im Land zu erwarten. Der Vorschlag der EU-Kommission, die
Milchquotenregelung zunächst bis ins Jahr 2014/15 zu verlängern, werde, so
Stächele, vom Land im Grundsatz begrüßt. 'Eine weitere Quotenerhöhung und eine
Reduzierung der Interventionspreise ist aber strikt abzulehnen', betonte Stächele.
Die Quotenerhöhung um weitere zwei Prozent führe zu Überproduktion und damit zu
einer Aushöhlung der Quotenregelung. Die geplanten Preissenkungen könnten durch
die vorgeschlagenen Ausgleichszahlungen bei weitem nicht ausgeglichen werden,
erläuterte Stächele.

Zudem dürfe die anstehende Halbzeitbewertung der Agenda nicht zum Anlass genommen
werden, die für den Planungszeitraum 2000 bis 2006 festgelegten Grundprinzipien
des Systems und die zentralen Maßnahmen in Frage zu stellen. 'Unsere
Landwirtschaft braucht Planungssicherheit, Kontinuität und verlässliche
Rahmenbedingungen, um im Wettbewerb bestehen und ihre vielfältigen Leistungen für
die Gesellschaft erbringen zu können. Die Laufzeit der Agenda 2000 muss wie
vereinbart bis 2006 eingehalten werden. Das Vorziehen der Reform auf 2004 lehnen
wir ab', so Stächele.

'Aufgabe der Gemeinsamen Agrarpolitik muss es sein, die Wettbewerbsfähigkeit der
Unternehmen zu stärken, die Marktorientierung zu verbessern, den Landwirten bei
nachhaltiger Wirtschaftsweise die Erwirtschaftung eines angemessenen Einkommens zu
ermöglichen', sagte Stächele. 'Deshalb müssen die Gemeinwohlleistungen einer
nachhaltigen und multifunktionalen Landwirtschaft wie etwa die Pflege des
Landschaftsbildes honoriert werden', so Minister Stächele. Die flächendeckende
Landbewirtschaftung durch leistungsfähige bäuerliche Familienbetriebe sei ein
wichtiger Standortfaktor im Ländlichen Raum. Baden-Württemberg leistet hier mit
seiner integrierten Agrar- und Strukturpolitik europaweit Beispielhaftes. 'Um den
landwirtschaftlichen Betrieben Zukunftsperspektiven zu öffnen, muss die Gemeinsame
Agrarpolitik der EU aber weiterhin den Regionen Spielräume für eigene
Gestaltungsmöglichkeiten lassen', forderte Stächele.

Zusatzinformation:

Am 22. Januar 2003 hat die EU-Kommission Vorschläge zur Umsetzung der Reform der
Gemeinsamen Agrarpolitik veröffentlicht. Mit den momentan vorgesehenen Vorschlägen
der EU-Kommission wird der Richtpreis für Milch bis zum Wirtschaftsjahr 2008/09 um
28 Prozent gesenkt, während die Milchquoten um insgesamt 3,5 Prozent erhöht
werden. Bereits jetzt besteht in der EU eine Überproduktion bei Milch von 20
Prozent. Am 10. Februar 2003 einigten sich die Agrarminister der unionsregierten
Länder auf Initiative Baden-Württembergs auf eine gemeinsame Stellungnahme zu den
Fischler-Vorschlägen.

In Baden-Württemberg gibt es rund 15.000 Milcherzeuger, die 568.200 Hektar
Grünland bewirtschaften. Dies entspricht 39 Prozent der gesamten
landwirtschaftlich genutzten Fläche im Land. Die Milch hat mit 25 Prozent Anteil
an den Verkaufserlösen der baden-württembergischen Landwirtschaft eine
entscheidende wirtschaftliche Bedeutung. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen
der Milchviehhaltung und einer flächendeckenden Landbewirtschaftung ist die
zukünftige Regelung des Milchmarktes sowohl aus agrarwirtschaftlicher als auch aus
gesellschaftlicher Sicht von zentraler Bedeutung bei der Weiterentwicklung der
Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zum Bundesland Baden-Württemberg.

 


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