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@grar.de Aktuell - 19.02.2003

Schadenshöhe im thüringischen Dioxin-Skandal ist noch nicht zu beziffern


Berlin (agrar.de) - Die Höhe des wirtschaftlichen Schadens für
Futtermittelhersteller und Landwirtschaftsbetriebe sowie die genaue Zahl der
Schweine, die infolge von Dioxin-Kontamination getötet werden müssen, ist derzeit
noch nicht genau abzuschätzen. Nach gegenwärtigem Stand seien wahrscheinlich 3.000
Schweine so belastet, dass sie geschlachtet und entsorgt werden müssten.

Dies erklärte ein Vertreter des thüringischen Ministeriums für Landwirtschaft,
Naturschutz und Umwelt am Mittwochvormittag in seinem Sachstandsbericht zur
Überschreitung von Dioxinhöchstwerten in einem Betrieb zur Futtermittelherstellung
im thüringischen Apolda im Fachausschuss für verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft nach einer Meldung der Bundestags-Pressestelle.

Trotz der Grenzwertüberschreitung habe zu keinem Zeitpunkt eine
Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung bestanden, selbst wenn belastetes
Fleisch in den Handel gelangt sein sollte. Insgesamt sei von 1.200 Tonnen
dioxinbelasteter getrockneter Backwaren und 930 Tonnen Rübentrockenschnitzeln
auszugehen.

Das Auffinden weiterer dioxinbelasteter Futtermittel sei nach 'menschlichem
Ermessen' nicht zu erwarten, hieß es. Für die unverhältnismäßig lange Frist
zwischen der ersten Probenahme am 4. Dezember 2002 und dem Vorliegen des
Untersuchungsergebnisses am 15. Januar 2003 sei die Sammlung von weiteren
Dioxin-Untersuchungsaufträgen an das beauftragte Institut sowie die Verzögerung
durch die Weihnachstpause verantwortlich gewesen.

Die Erfassung des ganzen Ausmaßes der Dioxinbelastung sei durch falsche und
unvollständige Angaben zum Umfang der Havarie in der Trockenanlage durch den
Betriebsleiter erheblich erschwert worden. So sei man ursprünglich aufgrund der
Angaben des Futtermittelherstellers von einer einmaligen Haverie und einer
deutlich geringeren Menge von kontaminiertem Futtermittel ausgegangen.

Erst schrittweise habe sich nach dem 15. Januar herausgestellt, dass die
Trockenanlage trotz einer nicht funktionierenden Abgasrückführung noch wochenlang
weiterbetrieben worden sei. Der Betreiber habe seine Meldepflichten verletzt und
habe mit 'erheblicher krimineller Energie' gehandelt, erklärte der Vertreter des
thüringischen Landwirtschaftsministeriums.

Aus diesem Grund habe man auch strafrechtliche Schritte gegen den Betreiber
eingeleitet. Um solche Vorfälle künftig zu vermeiden, sei eine engere Verzahnung
zwischen der Eigenkontrolle der Futtermittelhersteller und den amtlichen
Kontrollen anzustreben. Bei einem Gespräch hätten die thüringischen
Futtermittelhersteller die Bereitschaft signalisiert, das freiwillige Monitoring
auszubauen.

Eine entsprechende Vereinbarung werde angestrebt. Gegebenenfalls müsse aber auch
der rechtliche Rahmen verschärft werden.

Der Regierungsvertreter kritisierte die aus Sicht des
Bundesverbraucherschutzministeriums 'unzureichende Informationspolitik' des Landes
Thüringens. Insbesondere bemängelte er, dass das Ministerium erst am Wochenende
aus der Presse erfahren habe, dass auch 930 Tonnen Rübentrockenschnitzel
möglicherweise kontaminiert seien.

Man habe diesen Vorfall daher erst verspätet im Zuge des Schnellwarnsystems an die
EU-Kommission in Brüssel nachmelden können. Der Vertreter des thüringischen
Landwirtschaftsministeriums wies darauf hin, dass 'Gefahr im Vollzug' bestanden
habe, so dass die Öffentlichkeit noch vor den zuständigen Behörden informiert
worden sei.

Die Abgeordneten erkundigten sich unter anderem danach, wer für den entstandenen
Schaden hafte. Der Vertreter Thüringens erklärte, dass die Landwirtschaftsbetriebe
nicht mit einer Entschädigung durch das Land rechnen könnten, da es sich nicht um
eine Tierseuche handele,. Der Steuerzahler sei für solche Verfehlungen nicht in
Regreß zu nehmen.

Vielmehr müsse der Betreiber für den entstandenen Schaden haften.
Existenzvernichtungen infolge des Dioxinskandals wolle die thüringische
Landesregierung aber auf jeden Fall vermeiden.

Links zum Thema Futtermittelwerke,
Links zum Bundesland Thüringen.

 


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