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@grar.de Aktuell - 29.01.2003

Brandenburg fordert Veränderungen in Brüsseler Agrarreformbeschlüssen


Potsdam (agrar.de) - Mit den in der vergangenen Woche vorgelegten
Verordnungsentwürfen hat EU-Agrarkommissar Franz Fischler nach den Worten von
Brandenburgs Agrar- und Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD) nunmehr für klare
Verhältnisse gesorgt, wie sich Brüssel die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik
vorstellt. 'Brandenburg wird bis zur Verabschiedung der Beschlüsse im Juni weitere
Veränderungen einfordern. Ich sehe in dem Agrarreformpapier wichtige und
notwendige Weichenstellungen, ich sehe aber auch mit Sorge, dass durch die
Umverteilung den ländlichen Regionen Ostdeutschlands, die ja nicht ohne Grund in
der höchsten EU-Förderkategorie als Ziel 1-Gebiete eingestuft sind, in derem
wichtigsten Produktionsbereich - der Landwirtschaft - Millionenbeträge entzogen
werden. Hier erwarte ich für die Zeit nach 2006 Signale, dass die wirtschaftlich
schwachen Gebiete im Osten Deutschlands weiterhin auf besondere Unterstützung
rechnen können.'

Kappungsgrenzen

Als Erfolg aller neuen Bundesländer wertete Birthler, dass die Absicht, eine
einzelbetriebliche Kappungsgrenze für Direktzahlungen (Tier- und Flächenprämien)
einzuführen, vom Tisch ist. Vorgesehen waren 300.000 Euro: 'Dies ist angesichts
der Agrarstruktur unserer Landwirtschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung,
denn dieses Vorhaben war ganz offensichtlich aus ideologischen und nicht aus
wirtschaftlichen Gründen gegen die Großbetriebe in Ostdeutschland gerichtet.'

Dynamische Modulation

Im Gegenzug plant die Kommission nunmehr, ab 2006 EU-weit eine bis 2012 steigende
und zugleich in Abhängigkeit von den Direktzahlungen differenzierende Kürzung
(Modulation). Betriebe mit Beihilfen bis zu 5.000 Euro sollen von jeglicher
Kürzung ausgenommen werden. Betriebe mit einem Beihilfevolumen von bis zu 50.000
Euro sollen einen verminderten, über 50.000 Euro den vollem Kürzungssatz erfahren.

Nach diesen Vorstellungen betragen die Kürzungen der Direktzahlungen in der
Endstufe 2012 in Brandenburg 57,2 Mio. Euro. Die durch die dynamische Modulation
gewonnenen Mittel sollen nur zu einem vergleichsweise kleinen Teil der
Finanzierung der weiteren Reformvorhaben im Marktordnungsbereich dienen. Dies und
die unveränderte Absicht, die Mittel für die ländliche Entwicklung nach
Kohäsionskriterien (Flächenausstattung, Arbeitskräftebesatz, Pro-Kopf-Einkommen)
zwischen den Mitgliedstaaten neu zu verteilen wird dazu führen, dass ein großer
Teil der in Brandenburg eingesammelten Mittel aus den Direktzahlungen nicht wieder
zur Entwicklung der ländlichen Räume in Brandenburg zur Verfügung stehen.
Birthler: 'Angesichts der Probleme in den ländlichen Gebieten Ostdeutschlands wird
diese Umverteilung von uns abgelehnt.'

Entkopplung der Direktzahlungen

In der Entkopplung der Direktzahlungen von der Fläche sieht Birthler dagegen
grundsätzlich einen richtigen Ansatz. Der einzelne Betrieb soll - abgesehen von
den Abzügen durch die Modulation - in etwa die Mittel der Referenzjahre 2000 bis
2002 erhalten. Die aus dem System der Preisausgleichszahlungen resultierenden
Benachteiligungen bestimmter Flächennutzungen und Produktionsrichtungen werden
aber damit fortgeschrieben. Birthler: 'Ob aber bestehende Unausgewogenheiten
zwischen einzelnen Sektoren damit verschwinden, bezweifle ich. Ebenso befürchte
ich einen Produktionsrückgang. Zudem müssen bis zu 40 Verordnungen beachtet
werden, um die vollständige Auszahlung der Prämien sicherzustellen. Was dies an
Kontrollaufwand und für das Anlastungsrisiko in den Kreisen bedeutet, kann sich
jeder ausmalen. Hier sind dringend einfachere Regelungen angesagt.'

Roggen

Eine ersatzlose Streichung der Roggenintervention hätte Einkommensverluste
zwischen 20 und 34 Mio. Euro für die brandenburgischen Bauern zur Folge und
gefährdet eine flächendeckende Landnutzung in Brandenburg. Der Roggenanbau ist im
Land bereits seit Jahren rückläufig, ein vollständiger Ersatz dieser Ackerkultur
ist angesichts der Boden- und Klimaverhältnisse nicht zu leisten. Birthler:
'Brandenburg wird sich hier weiter für faire Übergangsfristen und Kompensationen
einsetzen sowie verstärkt nach Alternativen in der Mischfutterindustrie, bei
Biokraftstoffen und anderen Lösungen im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe
suchen.'

Flächenstilllegung

Probleme hat Brandenburg auch mit der Festlegung, dass 10 Prozent der
landwirtschaftlichen Nutzfläche von jeglicher landwirtschaftlicher Nutzung
einschließlich dem Anbau nachwachsender Rohstoffe ausgenommen sind. 'Dies führt
gerade auf den leichten Böden Brandenburgs zu einer Entwertung', so Birthler: 'Ein
Verbot des Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen auf Stilllegungsflächen verringert
die wirtschaftliche Attraktivität der nachwachsenden Rohstoffe und widerspricht
dem auch von uns als zukunftweisend angesehenen Leitbild vom Landwirt als
Energiewirt.'

Milch

Die von Fischler vorgetragenen Vorstellungen zur Reform des Milchmarktes werden in
Brandenburg abgelehnt, weil sie etliche Milchbauern in den Ruin treiben, äußerte
Birthler. Bei einem ohnehin schon bestehendem Überangebot werden die Lieferrechte
(Milchquoten) um rund 3,5 Prozent angehoben bei gleichzeitiger Absenkung des
Interventionspreises um 28 Prozent. In der Endstufe dieser Reform 2008 dürften
sich die Einkommensverluste der Brandenburger Milchbauern auf 72,9 Mio. Euro
summieren.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zumn Bundesland Brandenburg.

 


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