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@grar.de Aktuell - 22.01.2003

AbL: Entkopplung ja, aber Verbindung zur Arbeit schaffen

Vorschlag zur Milch für alle zu teuer


Brüssel/Berlin (agrar.de) - 'Die Direktzahlungen von der Produktionsmenge zu
entkoppeln ist richtig, weil die bisherige Praxis ein Anreiz bildete, möglichst
viel und rationalisiert zu produzieren. Aber die Gefahr bei der vorgeschlagenen
Entkopplung ist groß, dass am Ende Pächter oder Eigentümer von großen
rationalisierten Flächenbetrieben bzw. agrarindustriellen Rindermastanlagen nur
noch von der Prämie leben können, was an eine feudale Leibrente erinnern lässt.
Deshalb muss ein Zusammenhang zur Arbeit der Bauern bestehen bleiben. Die geplante
Entkopplung muss flankiert werden durch eine Anbindung der Zahlungen an die im
Betrieb geleistete Arbeit.' Diese Forderung hat Friedrich Wilhelm Graefe zu
Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
(AbL), heute während einer Beratung mit EU-Agrarkommissar Dr. Franz
Fischler im Agrarausschuss des Europäischen Parlamentes deutlich gemacht.

Die EU-Kommission hatte in ihrem Papier vom letzten Sommer eine Anbindung der
Prämien an Arbeitkräfte noch vorgesehen. Dies war verbunden mit einer
Kappungsgrenze bei maximal 300.000 Euro pro Betrieb und Jahr. 'Diese
Kappungsgrenze war zu willkürlich, der Nachweis der Vollarbeitskräfte zu
schwierig. Die Kommission hat diese Vorschläge jetzt fallen gelassen. Das halten
wir für eine falsche Entscheidung. Die Kommission hätte einen praktikablen Weg
wählen müssen', kritisierte Graefe zu Baringdorf.

Deshalb hat die AbL einen Vorschlag vorgelegt, der die von der EU-Kommission nun
vorgesehene Modulation der Zahlungen ergänzen soll. Betriebe mit hohen
Prämienzahlungen sollen demnach zunächst stärkere Kürzungen hinnehmen, die sie
aber durch einen einfachen Nachweis von entsprechenden Lohnkosten wieder
ausgleichen können. 'So schaffen wir eine Verbindung zwischen entkoppelten Prämien
und bäuerlicher Arbeit. Die rationalisierten Betriebe, die heute mit extrem wenig
Arbeitskräften viel Fläche bewirtschaften ziehen heute 100.000 bis 150.000 Euro
pro Arbeitskraft jährlich. Das ist gesellschaftspolitisch nicht zu akzeptieren und
schafft auch innerhalb der Landwirtschaf große Ungerechtigkeiten. Mit unserem
Konzept können sich diese Betriebe entscheiden, ob sie selbst Arbeitsplätze
schaffen oder ob sie über die Kürzung einen Betrag dazu leisten, das mit ihrem
Kürzungsanteil Projekte im ländlichen Raum gefördert werden, die Arbeitsplätze
schaffen', begründet der AbL-Vorsitzende den Vorschlag.

Das AbL-Konzept sieht vor, dass bei Betrieben mit mehr als 100.000 Euro
Prämienanspruch die Prämienbeträge zwischen 100.000 und 200.000 zu 25 Prozent und
die Beträge über 200.000 Euro um 50 Prozent gekürzt werden. Gleichzeitig sollen
die Betriebe die Hälfte ihrer Lohnkosten gegen rechnen und damit die Kürzung
reduzieren oder gar ganz aufheben können. Betroffen wären davon in Deutschland gut
1 Prozent der Betriebe, in der EU etwa 0,4 Prozent der Betriebe.

EU-Agrarkommissar Fischler zeigte sich bei der Aussprache im Agrarausschuss des
Europaparlaments offen dafür, praktikable Vorschläge zu einer solchen nationalen
Modulation in die Diskussion mit den Regierungen aufzunehmen.

Die Kommissionspläne zum Milchmarkt stoßen bei der AbL auf scharfe Kritik. 'Aus
der Subventionierung der Exporte auszusteigen ist überfällig, denn sie bringt die
internationalen Märkte durcheinander. Aber statt dessen das Ziel auszugeben, den
Bauern für den Liter Milch ein Viertel weniger zu zahlen, ist unverantwortlich.
Das mag der Exportindustrie einen billigen Rohstoff bescheren und für sie die
wegfallenden Exportsubventionen ausgleichen. Den bäuerlichen Milchviehbetrieben
aber entzieht das die wirtschaftliche Grundlage, denn ausgeglichen werden soll nur
rund die Hälfte der Preissenkung', kritisiert Maria Heubuch, AbL-Vorsitzende und
Milchbäuerin aus dem Allgäu. 'Zudem wird der Vorschlag auch noch Milliarden an
Haushaltsmitteln verschlingen. Nach dem gleichen Muster ist die Kommission vor 10
Jahren beim Getreide vorgegangen mit dem Ergebnis, dass die EU-Ausgaben für den
Getreidemarkt von rund 8 Milliarden Euro im Jahr 1990 auf heute fast 18 Milliarden
Euro angestiegen sind, währen die Ausgaben für den Milchmarkt im gleichen Zeitraum
auf heute fast 2 Milliarden Euro gesunken sind', erläutert Heubuch.

Die AbL fordert statt Preissenkungen, über eine Mengenreduzierung das
Überschuss­problem auf dem Milchmarkt in den Griff zu bekommen und zudem in einem
festgelegten Zeitraum aus dem System von staatlicher Intervention und
Exportsubventionierung auszusteigen. Gleichzeitig ist im Zuge der Umorientierung
des Milchmarktes das Grünland in die Direktzahlungen einzubinden, indem bei der
Entkopplung die Tier- und vorgesehenen Milchprämien an das Grünland gebunden
werden, so die AbL.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zum Thema Verbände.

 


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