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@grar.de Aktuell - 20.01.2003

Fischler-Vorschläge: BfN verlangt Nachbesserungen


Bonn (agrar.de) - Anlässlich der von EU-Kommission vorgelegten
Legislativvorschläge zur Halbzeitbewertung der Agenda 2000 erklärte der Präsident
des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Professor Hartmut Vogtmann:

'Die Vorschläge der Kommission weisen in die richtige Richtung. Sie bleiben jedoch
weit hinter dem zurück, was für eine nachhaltige Landwirtschaft und eine
integrierte Entwicklung ländlicher Raeume erforderlich ist. Mehr Mittel für den
ländlichen Raum, um einer nachhaltigen Entwicklung Vorschub zu leisten, ist das
Ziel des Naturschutzes. Die Legislativvorschlaege dürfen nicht das letzte Wort
bleiben. Die Länder in Mittel- und Osteuropa sollten nicht dazu angehalten werden,
die Fehler der Gemeinschaftlichen Europäischen Agrarpolitik der vergangenen
Jahrzehnte zu wiederholen.

Die Kommission hält an der Modulation fest - das ist grundsätzlich richtig.
Allerdings fällt die Modulation viel geringer aus, als ursprünglich vorgesehen.
Zudem ist eine andere Verwendung der Modulationsmittel vorgesehen. Für den
ländlichen Raum (2. Säule) steht damit nur noch eine geringfügige Erhöhung der
Mittel in Aussicht. Modulationsmittel sollen künftig vor allen Dingen zur
Finanzierung der Einkommenseinbussen aufgrund der Ausweitung der Milchquote,
Senkung von Interventionspreisen und der Änderungen bei der Zuckermarktordnung
eingesetzt werden. Ein Teilbereich soll in die (notwendige) Finanzierung der
Osterweiterung fließen.

Die Interventionspreissenkung bei Milchprodukten wird zu einer Steigerung der
Ausgleichszahlungen führen. Der Naturschutz fürchtet die Aufgabe der
Milchproduktion in Grünlandregionen durch die massiven Preissenkungen und die
Ausweitung der Milchquote. Davon betroffen sind insbesondere Milchbauern, die
unter erschwerten Bedingungen wirtschaften: Betriebe in Mittelgebirgsregionen und
ökologisch wirtschaftende Betriebe.

Die einzig Begünstigte ist die Molkereiwirtschaft, die dadurch billige Milch auf
den Märkten anbieten kann. Die damit bewirkten nachteiligen Folgen für Natur und
Landschaft stehen konträr zu den früher von Kommissar Fischler gemachten Aussagen.
Hier muss nachgebessert werden.

Für die Entwicklung ländlicher Räume und eine nachhaltige Landbewirtschaftung ist
nur eine geringfügige Erhöhung der Mittel zu erwarten. Gleichzeitig wird das
Spektrum der Fördermöglichkeiten ausgeweitet: Beispielsweise soll
Umweltbetriebsberatung, Regionalmanagement oder die Kosten der Qualitätsproduktion
künftig gefördert werden. Für die notwendige Ausweitung der Agrarumweltmaßnahmen
und die Etablierung eines Systems der Qualitätsproduktion stehen jedoch nicht
genügend Mittel zur Verfügung. Auch die Kofinanzierung bei den
Agrarumweltmaßnahmen wird - anders als ursprünglich geplant - nicht erhöht. Das
trifft den Naturschutz in den neuen Bundesländern besonders hart. Die Maßnahmen in
der 1. Säule konterkarieren die mit der Förderung in der 2. Säule angestrebten
Ziele der integrierten ländlichen Entwicklung. Auch dies muss Fischler im
Interesse von Natur und Menschen in den ländlichen Räumen dringend überdenken.

Die Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion ist grundsätzlich ein
Schritt in die richtige Richtung, aber sie führt nicht per se zu einer
Extensivierung und damit zu einer umweltfreundlicheren Produktion. Hierfür ist es
notwendig, dass die 2. Säule (Ländlicher Raum) deutlich ausgeweitet wird - die
geplanten Ausgleichszahlungen für Milch in der 1. Säule (Direktzahlungen) werden
dies jedoch verhindern.

Die obligatorische Einführung der Cross Compliance (Bindung der Direktzahlungen an
die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften u.a. im Bereich Natur- und
Umweltschutz) ist ein bedeutender Fortschritt - insbesondere auch auf europäischer
Ebene. Allerdings muss - nicht zuletzt aus WTO-Gründen - gewährleistet sein, dass
mittelfristig nur noch für solche Produktionen Direktzahlungen erfolgen, die mehr
tun, als die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Das Einhalten der gesetzlichen
Vorschriften sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Die neue
Betriebsberatung (ehemals farm-audit) sowie die Ausweitung der bereits
existierenden Kontrollsysteme (INVEKOS-Kontrolle) auf Natur- und Umweltbelange
sind weitere Schritte in die richtige Richtung. Es muss allerdings gewährleistet
werden, dass die vorgesehene Ausweitung der Fördermöglichkeiten für
(Umwelt-)Betriebsberatung nicht zum Beschäftigungsprogramm für Berater mutiert.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zum Thema Agrarpolitik.

 


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