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@grar.de Aktuell - 07.01.2003

Sonnleitner: Politik muss Perspektiven geben

Landwirtschaftliche Betriebe kämpfen mit schwierigen politischen Rahmenbedingungen


München (agrar.de) - Eine Konjunkturbelebung in der heimischen Land- und
Forstwirt-schaft hat der Präsident des Deutschen und des Bayerischen
Bauernverbandes (BBV), Gerd Sonnleitner, heute in München gefordert.
Gerade der berufständische Nachwuchs erwarte von der Politik positive Signale.
Allerdings mangele es der Bundespolitik an Verlässlichkeit. 'Der rot-grünen
Politik fehlt der ernsthafte Wille, unserer bäuerlichen Landwirtschaft
Perspektiven zu bieten', sagte Sonnleitner. Dabei sollte angesichts stei-gender
Arbeitslosigkeit nicht vergessen werden, dass auch Bauernhöfe Arbeitsplätze seien.
In Bayern sei jeder achte Arbeitsplatz direkt oder indirekt mit der Landwirtschaft
verbunden. 'Die Landwirtschaft und ihre vor- und nachgelagerten Bereiche stellen
in Bayern mehr Arbeitsplätze zur Verfügung als beispielsweise die Autoindustrie',
machte der Bauernverbandspräsident deutlich.

Die Einkommenssituation bei den bayerischen Bauernfamilien ist weiterhin schlecht:
In dem im Juni 2002 abgelaufenen Wirtschaftsjahr ist das Einkommen je
Familienarbeitskraft auf ca. 19 700 Euro gesunken. 'Der gewerbliche Vergleichslohn
beträgt 26.300 Euro. Eine landwirtschaftliche Familienarbeitskraft verdient damit
rund 25 Prozent bzw. 6.540 Euro weniger als ein Arbeitnehmer in der gewerblichen
Wirtschaft', zeigte Sonnleitner auf. Durchschnittlich mussten die bayerischen
Betriebe Einkommenseinbußen von knapp acht Prozent hinnehmen. Die Öko-Betriebe
hatten Einkommenseinbußen von 15 Prozent zu verkraften. 'Hier verursachten
weltweite Importe einen zunehmenden Preisdruck', erklärte der Bauernpräsident.
Dies sei mit ein Problem des deutschen Bio-Siegels, das nicht auf den hohen
Standards der heimischen Anbauverbände basiert, sondern nur auf den niedrigeren
Kriterien der EU-Ökoverordnung.

Auch für das laufende Wirtschaftsjahr sei mit weiter rückläufigen Ergebnissen zu
rechnen. Niedrige Erzeugerpreise setzten vor allem Milchviehhalter,
Rindfleischerzeuger und auch Veredlungsbetriebe unter besonderen wirtschaftlichen
Druck.

Besondere Sorge bereitet dem Bauernpräsidenten die geringe
Investitionsbereitschaft der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland.
'Während 1998/99 noch insgesamt ca. 11,2 Mrd. Euro investiert wurden, ist dieser
Betrag seit dem kontinuierlich gesunken, 2001/02 waren es nur noch 8,7 Mrd. Euro'
Damit sei ein katastrophaler Tiefstand erreicht.

Als eine wesentliche Ursache für die große Verunsicherung der bäuerlichen
Unternehmer nannte Sonnleitner die aktuellen Steuerpläne. 'Nur mit massivem
Widerstand konnten wir verhindern, dass die Bundesregierung die bewährte
Pauschalierungsregelung bei der Einkommenssteuer (§13a EStG) für kleine
landwirtschaftliche Betriebe abgeschafft hätte.'

Nach wie vor soll aber die Umsatzsteuerpauschalierung (§24 UStG) ausgehebelt
werden. Es passe nicht zusammen, wenn einerseits die Vorsteuer auf Futtermittel,
Viehzukauf, Saatgut von sieben auf 16 Prozent angehoben werden soll, andererseits
die Umsatzsteuerpauschale von neun auf sieben Prozent abgesenkt werde. 'Auf unsere
Bäuerinnen und Bauern würden bürokratischer Mehraufwand verbunden mit Mehrkosten
von 500 bis 1.000 Euro je Betrieb und Jahr zukommen', rechnete Sonnleitner vor.
Bei der geplanten Erhöhung der Vorsteuer müsste auch die Umsatzsteuerpauschale auf
zwölf Prozent angehoben werden, lautete deshalb die Forderung des Bauernverbandes.
'Wenn sie aber statt dessen gesenkt wird, ist dies nichts anderes als eine
Abschaffung der Pauschalierungsregelung durch die Hintertür', kritisierte
Sonnleitner. Auch der Agrarausschuss des Bundesrats hab dies kritisiert. Der
erhebliche zusätzliche Aufwand für Bauern und Verwaltung stehe dabei in krassem
Missverhältnis zu den von der Bundesregierung erhofften Mehreinnahmen.

Ein weiteres Problem bestehe darin, dass die Landwirte sich bis zum 10. Januar
2003 entscheiden müssen, ob sie für das Jahr 2002 und die folgenden vier Jahre von
der Umsatzsteuerpauschalierung zur normalen Regelbesteuerung wechseln wollen. 'Wie
kann ein Landwirt bis 10. Januar diese Entscheidung treffen, wenn die Politik erst
im Laufe des Frühjahrs 2003 entscheidet, ob und mit welchem Steuersatz die
Pauschalierungsregelung erhalten bleibt', kritisierte Sonnleitner. Ohne
vernünftige Entscheidungsgrundlage sei dies unmöglich. Deshalb müsse diese Frist
unbedingt auf einen Zeitpunkt nach der Veröffentlichung der Gesetzesänderung
verschoben werden

Auch die Bürokratie werde in der Landwirtschaft nicht weniger. Paradebeispiel sei
die Abstandsregelung im Pflanzenschutz, bei der es versäumt wurde, zusammen mit
den Bauern über sinnvollen und praxistauglichen Umweltschutz nachzudenken.
'Welcher Landwirt pflanz freiwillig noch eine Hecke, wenn er dann mit nicht
nachvollziehbaren Auflagen bestraft wird', monierte Sonnleitner.

Links zum Thema Verbände.

 


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