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@grar.de Aktuell - 22.11.2002

DBV: Heute schon an morgen denken

Perspektivforum zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie


Berlin (agrar.de) - Umweltschutz basiert auf langfristig geplanten und angelegten
Maßnahmen. Dies gilt besonders für den Gewässerschutz, wie das Perspektivforum des
Deutschen Bauernverbandes (DBV) mit der Andreas Hermes Akademie über die
Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland deutlich gemacht hat. Mit
der Wasserrahmenrichtlinie hat die Europäische Union einen Ordnungsrahmen für
Maßnahmen der gemeinsamen Wasserpolitik beschlossen. Die Ziele der Richtlinie
sollen bis zum Jahre 2015 erreicht werden. Für diese Umsetzung fordert der
landwirtschaftliche Berufsstand in Deutschland eine Strategie, die sich nicht auf
Gesetze und Verordnungen konzentriert, sondern die betroffenen Bauern vor Ort in
die Planungen einbezieht.

Die Wasserwirtschaft legt heute bereits die Grundlagen für zukünftige Maßnahmen
zur Verbesserung der Gewässerqualität fest. Dies zeigte der Vortrag von Jörg
Janning, dem Leiter des Referates Gewässerschutz des Niedersächsischen
Umweltministeriums auf dem DBV-Perspektivforum. Jeder Hektar Land sei Teil eines
Flusseinzugsgebietes, stellte Janning fest. Deshalb beziehe der Geltungsbereich
der Wasserrahmenrichtlinie flächendeckend die gesamte Land- und Forstwirtschaft
ein. Am Beispiel des Pilotprojektes 'Große Aue' im Einzugsgebiet der Weser führte
Janning vor, wie die Umsetzung der Wasser-rahmenrichtlinie in der Praxis erfolgen
könne. Der chemische Zustand des Grundwassers und der ökologische Zustand seien im
Projektgebiet schlechter als in der angestrebten Güteklasse 2 und 3 beschrieben.
Auf der Basis der Wasserrahmenrichtlinie leitete Janning Bewirtschaftungspläne und
Maßnahmenprogramme ab. Ab 2009 müssten solche Bewirtschaftungspläne flächendeckend
für alle Flusseinzugsgebiete erstellt werden. Die darin enthaltenen Maßnahmen
seien bis 2015 von der Landwirtschaft umzusetzen, so dass der angestrebte gute
Zustand der Oberflächengewässer oder des Grundwassers erreicht werde. Nur in
Ausnahmefällen könne eine weitere Sechs-Jahresfrist in Anspruch genommen werden,
führte Janning aus.

Grundsätzlich hält DBV-Präsident Gerd Sonnleitner die ehrgeizigen Ziele der
Wasserrahmenrichtlinie nur für erreichbar, wenn Politik, Landwirtschaft und
Wasserwirtschaft gemeinsam an einem Strang ziehen. Die betroffenen Landwirte
müssten dann aber auch von vornherein umfassend bei der Umsetzung der neuen
EU-Vorgaben eingebunden werden. Um das Verständnis der Bauern für Maßnahmen des
Gewässerschutzes zu erhalten, sollte die Wasserwirtschaft deshalb aus Betroffenen
Beteiligte machen. Für Sonnleitner gehört zu einer umfassenden Beteiligung auch
die Möglichkeit, dass sich die betroffenen Landwirte rechtlich gegen überzogene
Auflagen wehren können. Die mangelhafte Beteiligung habe die Landwirtschaft bei
dem 'kräftezehrenden Hickhack um die FFH-Richtlinie' erlebt. Solch ein Fehler -
das Ausblenden der Interessen der Landwirte - dürfe sich nicht wiederholen. Nur so
seien pragmatische Lösungen unter Anerkennung des Machbaren zu finden und
durchzusetzen.

Der DBV und seine Landesbauernverbände seien daran interessiert, an einer weiteren
Verbesserung des Schutzgutes Wasser aktiv mitzuarbeiten. Bereits in der
Vergangenheit sei es den Landwirten gelungen, durch ständige Optimierung der
Produktion eine höhere Effektivität zu erzielen und gleichzeitig ungewollte
Umweltemissionen zu vermindern. Diese deutlichen Erfolge dokumentierten auch die
Daten des Umweltbundesamtes. Weitere Verbesserungen seien durch technischen
Fortschritt, Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes und durch
steigendes Umweltbewusstsein der Landwirte sowie das Eingehen von Kooperationen
möglich. So werde der DBV mit dem Industrieverband Agrar in diesem Winter eine
Beratungs- und Informationskampagne zum Gewässerschutz durchführen. Sie soll den
Landwirten die Maßnahmen zur Vermeidung von punktuellen Hofabläufen bei
Pflanzenschutzmitteln vermitteln, kündigte Sonnleitner an.

Die Landwirtschaft sei bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und beim
Gewässerschutz zur Zusammenarbeit bereit, bestätigte der DBV-Umweltbeauftragte und
Präsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg, Gerd Hockenberger. Die
Anstrengungen der Landwirte hätten bereits in den vergangenen Jahrzehnten zu einer
im internationalen Vergleich sehr guten Wasserqualität geführt. Diese
hervorragende Wasserqualität sei mehrfach in den Wasserwirtschaftsberichten der
Bundesregierung attestiert worden. So legt der Wasserwirtschaftsbericht des Jahres
1998 dar, dass 'die Nährstoffüberschüsse auf landwirtschaftlich genutzten Flächen
deutlich zurückgegangen' sind. Pflanzenschutzmittelfunde treten lediglich
punktuell auf und gehen tendenziell zurück. Die Nährstoffüberschüsse in der
Flächenbilanz sind bei Stickstoff in den vergangenen 20 Jah-ren um 35 Prozent auf
heute rund 80 Kilogramm pro Hektar zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum seien die
Erträge um ca. 60 Prozent gestiegen, stellte Hockenberger fest.

Hockenberger appellierte an alle Verantwortlichen im Gewässerschutz, andererseits
aber auch den Realitäten ins Auge zu sehen: Null-Emissionen werde es weder mit der
konventionellen noch mit der ökologischen Landwirtschaft geben, ebenso wenig aber
auch bei totalem Verzicht auf die Landbewirtschaftung. Der vielversprechendste Weg
für Fortschritte beim Gewässerschutz sei über Kooperationen zwischen
Wasserwirtschaft und Landwirtschaft zu erreichen. Die Landwirte würden in
Absprache mit den Wasserwerken eine Leistung erbringen, wofür sie einen
finanziellen Ausgleich nach dem Wasserhaushaltsgesetz erhielten. Für Regionen
außerhalb der Wasserschutzgebiete forderte Hockenberger Strategien für einen
kooperativen Gewässerschutz. Da dort keine Kooperationen mit Wasserwerken
eingegangen werden könnten, seien die Landesregierungen gefordert. In dieser
Auffassung wurde Hockenberger vom thüringischen Minister für Landwirtschaft,
Naturschutz und Umwelt, Dr. Volker Sklenar, und der Leiterin der Abteilung
Landwirtschaft im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft,
Anita Domschke, bestätigt. Nach Sklenar ist die integrative Bewirtschaftung der
Gewässer nicht nur eine Aufgabe für die Behörden, sondern erfordert ein hohes Maß
an Kooperation und Transparenz. Alle Betroffenen seien rechtzeitig in den
Umsetzungsprozess der Wasserrahmenrichtlinie einzubeziehen, forderte der Minister.
Er lehnte 'in aller Deutlichkeit' nationale Verschärfungen wie unzureichende
Umsetzungen ab. Eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht
fordere 'beträchtliche Anstrengungen' von Wasser- und Landwirtschaft, wobei
ökologische Fortschritte nur im Einklang mit den ökonomischen Bedingungen zu
realisieren seien. Der Erhalt der Wettbewerbs- und Ertragsfähigkeit der
landwirtschaftlichen Betriebe sei eine wesentliche Bedingung bei der Umsetzung des
EU-Rechts, so Sklenar.

Bereits heute werde mit Agrarumweltprogrammen wie dem sächsischen Förderprogramm
'Umweltgerechte Landwirtschaft' die Gewässerqualität verbessert, stellte Anita
Domschke fest. Sie forderte, die Agrarumweltmaßnahmen im Rahmen der zweiten Säule
für die ländliche Entwicklung stärker auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
auszurichten. Neben Kooperationen in Wasserschutzgebieten komme kooperativen
Maßnahmen außerhalb von Wasserschutzgebieten eine besondere Bedeutung bei der
Umsetzung der Richt-linie zu. Hierzu zählten neben der Beratung vor allem die
Förderung investiver Maßnah-men sowie freiwillige Vereinbarungen. Förderprogramme
zur Finanzierung der Umsetzung werden von Bund und Ländern vorhanden sein, stellte
Dr. Eiko Lübbe vom Bundesland-wirtschaftsministerium klar. Auch die
Gemeinschaftsaufgabe zur 'Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes'
und weitere länderspezifische Programme könnten unterstützend auf eine
Verbesserung des Gewässerzustandes im Sinne der Richtlinie hinwirken.

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