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@grar.de Aktuell - 07.11.2002

Entsteht ein neuer Butterberg?


Brüssel/Hannover (agrar.de) - Die Europäische Kommission musste nach
Informationen der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen in
diesem Jahr soviel Butter durch Intervention aus dem Markt nehmen wie seit elf
Jahren nicht.

Auch in den Herbstmonaten, in denen der Markt normalerweise unterversorgt ist,
kommen die Interventionsverkäufe in der EU nicht zum Stillstand. Von Januar bis
Ende Oktober 2002 hat die Europäische Kommission 151.709 t durch staatlichen
Ankauf aus dem Markt genommen. Verglichen mit den Vorjahren ist diese Menge recht
stattlich. In den vergangenen 10 Jahren wurde innerhalb eines Kalenderjahres
jeweils höchstens ein Drittel dieser Menge angekauft.

Der Drittlandexport hat sich positiv entwickelt. Einschließlich Butteröl in
Butterwert haben in den ersten acht Monaten von 2002 etwa 20.000 t Butter mehr als
im Vorjahr Absatz außerhalb der Europäischen Union gefunden. Damit sind zwei
Drittel des Anstiegs der Erzeugung durch höhere Drittlandexporte kompensiert
worden. Die Importe aus Drittländern haben sich im Vergleich zum Vorjahr kaum
verändert und belasten die Butterbilanz daher nicht zusätzlich.

Von einer Umschichtung von privaten Beständen in die öffentliche Hand ist somit
auszugehen. In den beiden vergangenen Jahren wurde im Rahmen der privaten
Lagerhaltung mit Beihilfen etwas mehr Ware eingelagert als sich dann im Herbst für
den Saisonausgleich als notwendig erwies. Dies hat insbesondere in der zweiten
Hälfte von 2001 zu einem für die Jahreszeit unüblichen Preisdruck geführt. Ende
Oktober 2002 waren dagegen die Privatbestände um 45.500 t niedriger als ein Jahr
zuvor. Die in diesem Jahr gebildeten Vorräte werden von den Marktteilnehmern
überwiegend als angemessen eingeschätzt.

Weder Produktion noch Außenhandel noch die Entwicklung der Privatbestände hätten
so umfangreiche Interventionsverkäufe erwarten lassen wie tatsächlich getätigt
worden sind. Da diese Daten als relativ gesichert angesehen werden können, ist von
einem nicht unerheblichen Rückgang des Verbrauchs auszugehen. Nach Kalkulation der
Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und
Ernährungswirtschaft /ZMP) dürfte sich dieser auf 44.000 t in diesem Jahr
belaufen. In den vergangenen Jahren ist der Butterverbrauch zwar von Jahr zu Jahr
leicht geschrumpft, jedoch nicht im gleichen Ausmaß wie in diesem Jahr. Dazu trägt
wesentlich mit bei, dass der Absatz im Rahmen der Verbilligungsmaßnahmen erstmals
deutlich zurückgegangen ist, nachdem er in Vorjahren stets einen Teil des
Nachfragerückgangs der privaten Haushalte kompensiert hatte. Seit der Kürzung der
Beihilfen zur Jahresmitte 2001 ist aber ein Teil der Verwender dazu übergegangen,
pflanzliche Fette einzusetzen, da der Preisabstand zur Butter zu groß geworden
war. Es ist fraglich, ob hier Marktanteile zurückgewonnen werden können, selbst
wenn die Beihilfen wieder erhöht werden sollten. Unter ähnlichen
Marktverhältnissen Anfang der neunziger Jahre hat die Europäische Kommission
jedenfalls die Beihilfen erhöht.

Auffallend ist der unterschiedlich ausgeprägte Gebrauch von der Intervention in
den einzelnen Mitgliedsländern. Frankreich und Deutschland, die beiden
Hauptproduzenten, haben in 2002 bislang rechnerisch etwa 3 Prozent der
Buttermenge, die sie in 2001 erzeugt haben, in die Intervention verkauft und damit
nur wenig mehr als ihre Mehrproduktion in diesem Jahr. Irland, mit 44.300 t der
größte 'Lieferant' der Intervention, hat etwa ein Drittel der Vorjahresproduktion
rechnerisch in diesen Kanal gegeben. Spanien, einer der kleinsten
Butterproduzenten in der EU überhaupt, hat bereits soviel Butter interveniert wie
im Gesamtjahr 2001 dort erzeugt wurden. Damit ist Spanien der zweigrößte
'Lieferant' der Intervention, obwohl dort im vergangenen Jahr nur 1,8 Prozent der
gesamten Butter in der Europäischen Union erzeugt wurden.

Spanien hat aber gleichzeitig mit 0,7 kg den niedrigsten Pro-Kopf-Verbrauch in der
EU insgesamt. In Deutschland werden im Vergleich 6,5 kg und in Frankreich sogar
8,2 kg pro Kopf und Jahr verbraucht. Die hohen Butterüberschüsse treten in den
Mitgliedsstaaten auf, in denen der Verbrauch niedrig ist. Könnte man die Spanier,
ein Volk von immerhin fast 40 Mio. Einwohnern, zu einem Butterkonsum bewegen, der
in dem europäischen Durchschnitt von 4,6 kg entspricht, wären die strukturellen
Probleme am europäischen Buttermarkt langfristig gelöst.

In den ersten acht Monaten von 2002 ist die Erzeugung in der Europäischen Union um
etwa 30.000 t gestiegen. Dieser eher moderate Produktionsanstieg kann nur begrenzt
zu dem Bestandsaufbau in der Intervention von mehr als 150.000 t beigetragen
haben. Auffallend ist aber die unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen
Mitgliedsländern. In den Ländern mit der höchsten Erzeugung, nämlich Deutschland
und Frankreich, ist die Herstellung nur leicht und weniger stark als im
EU-Durchschnitt gestiegen.

In den Niederlanden, Italien und Schweden ist die Butterproduktion sogar
geschrumpft. Auffallend ist die Verdopplung der Produktion in Spanien. In den
meisten übrigen Ländern sind Zuwächse zwischen sechs und sieben Prozent
festzustellen.

EU-Butterproduktion:
Land: Produktion in 1.000 t; 2001; 01.-08.2002; Vergleich 02/01
Dänemark: 32,7; 34,8; + 6,6 %
Deutschland: 293,3; 299,4; +2,1 %
Spanien: 18,9; 38,4; +103,2 %
Frankreich: 313,2; 317,9; +1,5 %
Irland: 95,3; 102,5; +7,6 %
Italien: 93,4;; 86,2; –7,7 %
Niederlande: 92,5; 85,5; –7,6 %
Österreich; 23,8; 22,7; +6,6 %
Portugal: 17,2; 19,8; +6,6 %
Finnland: 41,1; 42,1; +2,4 %
Schweden: 35,3; 32,9; –6,8 %
Vereinigtes Königreich: 87,6; 91,8; +4,8 %
EU gesamt: 1.168,3; 1.197,9; +2,5 %

Links zum Thema Milchwirtschaft,
Links zum Thema EU und Landwirtschaft.

 


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